Es ist der 25.Oktober 2014. Feldheim ist Sieger in der Kategorie „Städte/Gemeinden, Landkreise und Stadtwerke". Für den Ortsteil der Stadt Treuenbrietzen, Nähe Berlin, ist es nicht der erste Preis. Viele Preise, zum Teil internationale Auszeichnungen sind schon an das 130-Seelen-Dorf gegangen. 2010 war das Dorf unter den Siegern in dem Wettbewerb Bioenergiedörfer. Aber wie kommt man als Bürger, beziehungsweise als Verwaltung überhaupt darauf, seinen Strom unabhängig vom großen Energieversorgungsunternehmen zubeziehen? Nur 100 Meter von der Dorfgrenze entfernt steht ein Windpark mit 42 Anlagen und insgesamt 81 Megawatt (MW) Leistung. Der Park der Energiequelle-Gruppe aus Brandenburg produziert im Jahr rund 160.000 Gigawattstunden (GWh) Strom. Innerhalb der Dorfgrenze auf dem Grundstück einer Agrargenossenschaft produziert eine Biogasanlage vier Millionen Kilowattstunden (kWh) Wärme im Jahr.
Warum 170 Kilometer entfernt, wenn was vor der Haustür steht
Feldheims Einwohner verbrauchen im Jahr gerade einmal einer Million kWh Strom, was einem GWh entspricht. Trotzdem haben die Feldheimer ihre Energie früher aus einem 170 Kilometer entfernten Kohlekraftwerk bekommen, was niemandem logisch erschien. Die Bürger sind deshalb 2007 auf das Unternehmen Energiequelle GmbH zugegangen, um gemeinsam mit ihnen etwas daran zu ändern. Zuerst stand nur die Wärmegewinnung durch die Biogasanlage für die Verwaltung im Fokus. Später dachten die Beteiligten aber, wenn die Wärmeleitungen für Einspeisung und Verteilung sowieso komplett neu verlegt werden müssen, kann bei der Baumaßnahme auch gleich die autarke Stromversorgung aus dem Windpark intergiert werden. Somit wurden auch dafür neue Leitungen für das Dorf verlegt. Technisch war das auch kein Problem: „Kabel verlegen, Umspannwerke bauen, Lastgänge berechnen, das war alles keine große Herausforderung, normales Ingenieur-Tagesgeschäft“, sagt Werner Frohwitter, Pressesprecher der Energiequelle GmbH. Das eigentliche Problem war die damalige Gesetzeslage.
„Die Herausforderung bestand darin, die Voraussetzungen zu erfüllen, um in den Genuss des Grünstromprivilegs zu kommen, sowie einen Ausnahmetatbestand von der damaligen Gesamtaddierungspflicht zu erfüllen“, so Frohwitter. Demnach musste der Strom über ein Netz des Anlagenbetreibers direkt von der Erzeugungsanlage zum Endverbraucher geleitet werden. Dabei handelte es nicht um ein Netz der allgemeinen Versorgung. Die Möglichkeit einer Durchleitung des Stroms durch das vorhandene Netz des Energieversorgungsunternehmens war nicht möglich, weshalb ein neues, eigenes Verteilernetz her musste.
Autark ist nicht autark
Ende 2008 konnte das Projekt dann ins Rollen gebracht werden. Die Bauarbeiten begannen. Knapp zwei Jahre später, im Herbst 2010, war das komplette Strom- und Wärmenetz fertig gestellt. Ein paar Häuser am Ortsrand von Feldheim mussten allerdings noch etwa zwei Monate länger warten, bis die Leitungen auch bei ihnen verlegt waren. Aber nun beziehen alle ihren Strom vom Windpark und die Wärme von der Biogasanlage. Wenn der Wind aber einmal nicht weht, kann der Generator der Biogasanlage den erforderlichen Strom für das Dorf liefern. Die Biogasanlage der Agrargenossenschaft und der Windpark sind durch ein System verbunden, das diesen Vorgang im Notfall steuern kann. Die Energiequellegruppe verkauft den vom Windpark produzierten Strom nun direkt an ein eigens von den Feldheimern gegründetes Stadt-, beziehungsweise Dorfwerk. "Das Feldheimer Dorfwerk folgt dem gemeinwirtschaftlichen Gedanken und ist nicht profitorientiert“, so Frohwitter. Da außerdem keine Stromsteuer anfällt, zahlen die Feldheimer für eine kWh etwa 17 Cent, was deutlich weniger ist als im Rest Deutschlands. „. Feldheim ist die einzige Gemeinde in Deutschland, die komplett unabhängig von dem öffentlichen Energieversorgungsunternehmen ist.
Nun ist es so, dass sich viele Gemeinden und Dörfer als autark bezeichnen könnten, weil sie zum Beispiel einen Windpark in Ortsnähe betreiben, der mehr produziert, als die Bewohner verbrauchen. Aber abgesehen von Feldheim sind alle mit dem allgemeinen Netz verbunden. Feldheim hat als einzige Gemeinde ein eigenes Strom- und Wärmenetz, das in Zukunft noch weiter ausgebaut werden soll – Schritt für Schritt in der gesamten Stadt Treuenbrietzen. Da gibt es mit dem Stromnetz allerdings wieder Probleme mit dem Gesetzgeber, weshalb sich Energiequelle erst einmal mit dem Wärmenetz für die Häuser am Rand von Ortsteilen beschäftigen will, die an Feldheim angrenzen. „Das Projekt wird wohl noch einige Zeit dauern, bis es realisiert werden kann, aber wir haben bereits mit der zuständigen Wohngesellschaft gesprochen“, erklärt Frohwitter. Somit wird es wohl nicht der letzte Preis für das beschauliche Örtchen inmitten Brandenburgs sein.
(Helen Wolfgramm)