„Welche Folgen haben Ausschreibungen für die Bürgerbeteiligung?“ so lautete die übergeordnete Frage für eine Podiumsdiskussion im Rahmen des Bundeskongresses genossenschaftliche Energiewende des Genossenschaftsdachverbandes DGRV am heutigen Dienstag in Berlin. Staatssekretär Rainer Baake aus dem Wirtschaftsministerium erklärte den Zuhörern zunächst, warum er mit den drei Testausschreibungen für Photovoltaik-Freiflächen aus dem vergangenen Jahr ganz zufrieden ist. "Es gab viel mehr Interessenten, als wir Zuschläge geben konnten", so Baake begeistert. "In der dritten Runde sind wir auf acht Cent pro Kilowattstunden gekommen. Dass wir eine Kostenreduktion bekommen haben, hätte ich nicht gedacht. Mir ging es darum, dass wir einen Wettbewerb bekommen." Zudem seien gerade bei der letzten Ausschreibung mit den niedrigen Preisen auch noch zwei Genossenschaften zum Zuge gekommen. "Wenn einige Genossenschaften das schaffen, dann können das auch andere", schlussfolgerte er.
Moderator Andreas Wieg, Abteilungsleiter, Vorstandsstab DGRV, ließ es sich denn auch nicht nehmen, das Thema in der anschließenden Diskussionsrunde noch einmal aufzugreifen. Baake hatte dem Publikum zuvor noch erklärt, dass auf seine Veranlassung Kritierien für die Definition von Bürgerenergiegenossenschaft festgelegt worden seien und diese im Fall von Onshore-Windausschreibungen gegenüber anderen Ausschreibungsteilnehmern einen Vorteil erhalten sollen. Der Vorschlag sieht vor, dass Bürgerenergiegesellschaften auch ohne eine Projekt-Genehmigung nach Bundesimmissionsschutz an Ausschreibungen für Windenergie teilnehmen können.
Sonderregelungen ausreichend?
Entsprechend fragte Wieg bei der Podiumsdiskussion, warum man denneine Sonderregelung einführen wolle, obwohl Baake zuvor erklärt habe, Genossenschaften hätten gezeigt, dass sie Ausschreibungen gewinnen können. Baake erklärte darauf, man könne mit dem Argument der Akteursvielfalt Neuerungen nicht abwürgen. "Meine Sorge ist jetzt, dass alle Genossen sich gegenseitig sagen: wir haben keine Chance - und sich nicht beteiligen." Vom Prinzip der Ausschreibungen will er definitiv nicht abweichen. Er könne sich einfach nicht vorstellen, dass die Preise für Energie vom Bundestag festgelegt würden - wie es zu Zeiten der Festpreisvergütung über das EEG lief. Bei einem Anteil von 33 Prozent am Strommix ist das ein deutlicher Eingriff in den Markt.
Antragsverfahren
Der Bundestagsabgeordnete Josef Göppel, CSU, der sich seit Jahren für die Bürgerenergiewende stark macht, lobte Baake im Rahmen der Podiumsdiskussion für dessen Definition der Bürgerenergiegenossenschaften. Er erklärte aber, Genossenschaften können nicht mit 100.000 Euro in Vorkasse gehen. "Wir schlage ein Antragsverfahren vor", so Göppel, sodass der Durchschnittspreis einer vorangegangenen Ausschreibung auf ein beantragtes Genossenschaftsprojekt übertragen werden. Auch Matthias Partetzke, Vorstand Ingenieurnetzwerk Energie, zweifelte, dass Genossenschaften eine reelle Chance haben, wenn es um Windausschreibungen geht. Er befürchtet, dass Landwirte ihre Ländereien nicht an Genossenschaften verpachten, weil im Vorfeld nicht klar ist, wie hoch die Vergütung sein wird, und weil eben keine große Firma dahinter steht.
Maren Petersen, Leiterin Erneuerbare Energien BDEW, äußerte ebenfalls Bedenken bezüglich des Preisrisikos. BWE-Geschäftsführer Henning Dettmer brachte noch einmal das Thema De Minimis auf. Diese Regelung ließe es laut EU-Recht zu, dass Parks mit bis zu sechs Anlagen von Ausschreibungen befreit wären. Das würde für Deutschland die überwiegende Menge bedeuten. Baake hat schon oft erklärt, dass De Minimis für ihn inakzeptabel ist. So auch heute. Er schmettere einmal mehr alle Bedenken und Vorschläge seiner Mitdiskutanten ab. "Die Kernfrage ist aus meiner Sicht, was Bürger brauchen." Investitionssicherheit hätten sie laut Baake noch weniger, wenn das bisherige Gesetz bestehen bliebe.(Nicole Weinhold)