Nicole Weinhold
Jens Koeppen steckt gerade im Wahlkampf. Seine Heimat ist die Uckermark. In Brandenburg finden am 26. Mai Kommunalwahlen statt. Die Windkraft wird dort zum Politikum erklärt. Das heißt, einige Politiker erhoffen sich einen Wählerzulauf, wenn sie die Windkraft im Land in die Schranken weisen. Gleichzeitig sitzt Jens Koeppen in der AG Akzeptanz, einer Gruppe von Bundespolitikern, die für mehr Akzeptanz für die Windkraft sorgen soll. Wie sieht der Unionspolitiker die Arbeit der AG?
Herr Koeppen, Sie sind Mitglieder der AG Akzeptanz. Können Sie uns sagen, welche Kontroverse dort besonders festgefahren ist?
Jens Koeppen: Bisher führen wir konstruktive Gespräche und diskutieren verschiedene Fragestellungen mit Experten. Für die Union ist es wichtig, dass wir die Energiewende für und mit den Menschen machen. Gegenwärtig ist es aber so, dass sich in vielen Teilen des Landes die Menschen als Opfer der Energiewende sehen. Sei es, weil die Errichtung neuer Windkraftanlagen mit einer Höhe von über 200 Metern quasi direkt in unmittelbarer Nähe erfolgt, oder weil neue Stromtrassen zu nah an den Ortschaften errichtet werden. Das kann man nicht ignorieren, sondern braucht verlässliche Kriterien für den Ausbau. Dazu zählen für mich auch Mindestabstandsregelungen. So wie der Storch, oder diverse andere Tierarten, brauchen wir auch für die Errichtung von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung eine Tabu-Zone. Zudem ist es dringend erforderlich, dass die Kommunen vor Ort ein wirkliches Mitspracherecht bekommen und dass die Standortgemeinden auch finanziell einen Ausgleich erhalten. Für die Union ist klar: wir brauchen die Akzeptanz der Menschen für unsere energiepolitischen Entscheidungen!
Wo zeichnen sich Kompromissansätze ab? Wo sehen Sie persönlich einen gangbaren Weg bei dem Thema Akzeptanz und Windkraft?
Jens Koeppen: Bisher wird noch nicht über Kompromisse gesprochen. Als wichtiges Akzeptanzkriterium sehe ich eine 1000 Meter Tabuzone im gesamten Bundesgebiet sowie eine Zone von 1000 bis 2000 Metern um das Gemeindegebiet, wo die Kommunen wieder eine echte Mitsprache erhalten.
Muss der Windkraftausbau in Deutschland nach Ihrer Einschätzung gebremst werden?
Jens Koeppen: Er muss nicht gebremst werden, aber er muss deutlich besser organisiert werden. Wir brauchen auch die Akzeptanz der Menschen und die Synchronisierung mit dem Netzausbau. Windenergie, die nicht in die Netze eingespeist werden kann, ist zwar teuer, nützt dem Klimaschutz aber gar nichts. Zudem erwarte ich von der Windindustrie Innovationen, damit die Erzeugung einen echten Beitrag zur Versorgungssicherheit leistet. Der Verkauf von Windenergie zu negativen Preisen ins Ausland nützt der Versorgungssicherheit hier nicht, sondern treibt nur die Strompreise nach oben. Windenergie muss von den Anlagenbetreibern bereitgestellt werden, wenn sie gebraucht wird und nicht, wenn grade der Wind weht. Speicher oder Power to X müssen gekoppelt werden. Hier sind wir noch ziemlich am Anfang.
Muss man die 2030-Ziele der großen Koalition von 65 % Erneuerbaren noch einmal überdenken?
Jens Koeppen: Das Ziel ist realistisch, wenn wir auch die Netze bekommen, die Erneuerbaren Energieanlagen einen Innovationssprung hinlegen und wir verlorengegangene Akzeptanz für Windenergieanlagen und viele Stromtrassen zurückgewinnen. Die Umsetzung ist noch ein weiter Weg.
Wie sollte Ihrer Meinung nach die Energiewende in Deutschland weiterverfolgt werden?
Jens Koeppen: Die Bürgerinnen und Bürgern wollen die Energiewende. Ressourcen zu schonen und auf saubere Energieversorgung zu setzen, ist vernünftig! Die Energiewende muss aber so gemacht werden, dass die Versorgungssicherheit auf jetzigem Niveau bleibt und dass die Energieversorgung nicht zum Luxusgut wird. Das würde uns quasi über Nacht die Zustimmung der Menschen für das wichtige Projekt rauben. Einigen geht es nicht schnell genug, was wir in Deutschland machen. Aber klar ist, wir leben in einem Industrieland, wo die Energieversorgung und bezahlbare Preise eine zentrale Rolle für unseren Wohlstand spielen. Schnelle Lösungen kann man laut einfordern, wir brauchen aber auch Technologien und Energienetze, damit die Umstellung funktioniert. Wir sollten nicht immer neue ehrgeizigere Ziele formulieren, sondern das Beschlossene abarbeiten.