„Wenn das Vorhaben so umgesetzt wird, könnten mehr als 50 Prozent der potenziellen Windstandorte in NRW nicht mehr bebaut werden!“ Davor warnte der Vorsitzende der Landessparte des Bundesverbands Windenergie (BWE), Klaus Schulze Langenhorst, bei dem Branchentreffen in Bad Driburg. Der BWE-NRW-Mann spielte damit auf das vergangene Woche vereinbarte Vorhaben einer möglichen CDU-SPD-Koalition im Bund an, dass Windkraft bundesweit künftig nur noch dort eine gesicherte Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz erhalten soll, wo Turbinen mindestens 75 Prozent des Referenzertrages erreichen. Das heißt, gefördert würden demnach nur noch Anlagen an Standorten, wo die Stromernte im Durchschnitt mindestens drei Viertel so gut ausfällt, wie es für dieselben Anlagen in den besten deutschen Windlagen möglich wäre.
Die Landesregierung müsse nun dafür sorgen, dass der „im Koalitionsvertrag abgesteckte Rahmen für eine EEG-Reform im Sinne der Windenergie und der Energiewende ausgestaltet wird!“, betonte Schulze Langenhorst. Pikant freilich ist, dass die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen zugleich die Chefunterhändlerin für das Politikfeld Energie für die SPD bei den Koalitionsverhandlungen mit der CDU war. Gleichwohl hatte die Sozialdemokratin 2011 mit ihrem bündnisgrünen Koalitionspartner in Düsseldorf vereinbart, dass NRW den Ausbau der Windkraft bis im Jahr 2020 von anfangs fünf auf 15 Prozent der Stromversorgung erhöhen wird. Oder von heute noch gut drei auf wohl rund sieben Gigawatt (GW) Leistung.
BWE-Präsidentin Pilarsky-Grosch: Reden Sie mit Frau Kraft nochmal!
Die Präsidentin des BWE, Sylvia Pilarsky-Grosch, forderte Krafts Umweltminister, den Grünenpolitiker Johannes Remmel, daher in Bad Driburg auf, „da müssen Sie mit Ihrer Ministerpräsidentin noch einmal reden“. Bei einer Befragung durch Journalisten erklärte der Grünenpolitiker daraufhin, „Frau Kraft (habe) deutlich gemacht, dass sie nur als stellvertretende Vorsitzende der SPD am Verhandlungstisch“ gesessen habe.
Die von den Rednern der BWE-Konferenz in Bad Driburg fast unisono komplett kritisierten Koalitionsvereinbarungen für einen nur noch abgebremsten Windenergieausbau in Deutschland, sind damit laut Remmel etwas, gegen das die Landespolitik dennoch beherzt auftreten kann: „Ich gehe fest davon aus“, erklärte Remmel, „dass Hannelore Kraft als Ministerpräsidentin daran interessiert ist“, die Koalitionsvereinbarungen mit den Grünen zum Erneuerbare-Energien-Ausbau im Bundesland zu erfüllen. Daran hege er „keine Zweifel“. Es sei aber zuzugeben, dass dies von der Landesmutter „eine gewisse Schizophrenie“ abverlange.
Massenhaft eingegangene Netzanschlussanfragen geben Energiewende-Takt vor
Der Windenergieausbau auf das vereinbarte 2020-Ziel mit einem 15-Prozent-Anteil an der Stromversorgung verlangt freilich einen ambitionierten Ausbau um jährlich 600 Megawatt (MW). Zum Vergleich: Im Jahr 2012 betrug der Zubau noch knapp 140 MW. Derzeit betont Remmels Ministerium, dass beim Verteilnetzbetreiber des Bundeslandes, der Westnetz GmbH, für rund zwei Gigawatt neuer Windkraftleistung die Netzanschlussanfragen wohl vorliegen. „Die zwei Gigawatt sind bei uns in Stein gemeißelt“, betonte Remmel.
1,6 Prozent der Landesfläche sieht der Landesentwicklungsplan (LEP) nun für die Windkraft vor. Der Entwurf des Flächenplanungsinstruments LEP liegt noch bis Februar 2014 der Öffentlichkeit zur Diskussion und für Änderungsanträge vor. Die Regionalplanungen für die neuen Windenergieflächen allerdings werden wohl erst Ende 2014 abgeschlossen sein können.
(Tilman Weber)