Nach der Eröffnung durch Patrick Rudolf, Vertriebsleiter der Eno Energy GmbH, hielt Giles Dickson, CEO Wind Europe, einen Impulsvortrag.
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion befragte Moderator Wolfram Axthelm, Geschäftsführer Bundesverband Erneuerbare Energien / Bundesverband Wind Energie,
Giles Dickson, CEO Wind Europe, Bärbel Heidebroek, Präsidentin Bundesverband Windenergie, Reinhard Meyer Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Torsten Klement, Geschäftsführer der Eikboom GmbH, zur aktuellen politischen und wirtschaftlichen Situation der Windbranche in Deutschland und Europa. „Wie ist es mit Abhängigkeiten in den Lieferketten, mit asiatischen Zulieferern zum Beispiel?“ wollte Axthelm wissen. Heidebroek sagte, Wettbewerb müsse fair sein. „Wenn wir alles so lassen wie es ist, haben wir in zehn Jahren nicht ein bisschen China, sondern dann haben wir nur noch China.“ Man habe auf EU Ebene mit dem Net Zero Industry Act (NZIA) einen guten Aufschlag gemacht. Der NZIA stellt die Weichen für mehr europäische Produktion von Netto-Null-Technologien, beispielsweise in den Bereichen Solar, Wind, Batterien und Elektrolyseuren. Erklärtes Ziel des NZIA ist, dass bis 2030 pro Jahr mindestens 40 Prozent des Bedarfs der EU an diesen Technologien in der EU produziert werden sollen.
Heidebroek verwies auch auf das Sicherheitsrisiko, wenn man an die Möglichkeit der Fernsteuerung von Windenergieanlagen denkt und die Gefahr, dass von Extern entschieden würde, unsere gesamte Regenerativversorgung zu stoppen. Sie brach eine Lanze für mittelständische Zulieferer hierzulande, die viel Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Land erhalten. Allerdings wird am Markt auch immer wieder deutlich, dass Planer beim Einkauf weniger auf heimische Produkte achten als auf einen günstigen Preis. Was wiederum verständlich ist, wenn man sich anschaut, was heute von ihnen zusätzlich verlangt wird, von Gemeindeabgaben über Extraausstattung der Anlagen mit Nachtkennzeichnung, artenschutzoptimierte Fahrweise der Anlage, Schall- und Schattenabschaltungen, negative Strompreise etc.
Nun sollen also mit dem NZIA Kriterien wie Nachhaltigkeit, Cybersicherheit, Arbeitsschutz oder CO2-Ausstoß beim Transport ebenfalls eine Rolle spielen für Anlagen, die hierzulande einen Zuschlag bekommen. Auf diese Weise soll die regionale Wertschöpfung gestärkt werden. Was allerdings besonders wichtig erscheint, sind stabile Rahmenbedingungen. Die Regenerativbranche muss für ihre Investitionen wissen, dass an den Rahmenbedingungen nicht gerüttelt wird. Und das wollen auch die Geldgeber wissen, bevor sie Kredite vergeben. In der Hinsicht ist es besonders einladend, wenn Turbinenverkäufer aus China eine komplette Vorfinanzierung anbieten und erst dann Geld sehen wollen, wenn die erste Kilowattstunde fließt. Das können die europäischen Hersteller nicht leisten. Sie könnten es selbst dann nicht, wenn sie nicht so schwach wären, wie derzeit noch. Karsten Porm, Inhaber und Geschäftsführer von Eno und Veranstalter der Rostock Wind, würde sich als kleiner Hersteller KfW-Kredite wünschen. Es bleibt abzuwarten, wie es gelingt, die heimischen Hersteller gegenüber internationalem Wettbewerb zu stabilisieren. Auf der Hamburg Wind Energy ist China das zweitgrößte Ausstellerland nach Deutschland.
Windenergie in Frankreich
Hans Messmer von Sterr-Kölln & Partner in Paris hielt dann in einem Finanzierungsforum einen Vortrag über EE-Fördertarife in Frankreich – wie steht es um die Rechtssicherheit? Messmer erklärte, wie sich die Regierung Macron zunächst sehr Erneuerbaren-freundlich aufgestellt habe, während der zweiten Amtszeit jedoch vieles zurückgenommen und stattdessen den Bau neuer Atomkraftwerke angekündigt habe. Der französische Fördertarif für Erneuerbare sei 2013 von der EU als „staatliche Beihilfe“ eingeschätzt und damit als unrechtmäßig bewertet worden. Die Franzosen hätten sich jedoch nicht verunsichern lassen und schließlich vom Gericht Recht bekommen. An die deutsche Historie der Einspeisevergütung erinnert auch, dass die Einspeisevergütung radikal abgesenkt wurde – allerdings auch für Bestandsanlagen. Dieser „Eingriff in bestehende Rechtsverhältnisse“ konnte jedoch abgewendet werden. Auch bei dem nächsten Thema lassen sich Parallelen zu Deutschland erkennen. „Finanzielle Beteiligung von Kommunen an Windparks in Deutschland und Frankreich: Zuwendungen, direkte Beteiligung und Steuereinnahmen“ hieß es beim Vortrag von Lucie Lochon, Deutsch-französisches Büro für die Energiewende (DFBEW). Direkte Beteiligung von Kommunen an EE-Projekten in Frankreich werden u.a. durch Art. 109, Gesetz für die Energiewende und grünes Wachstum (2015), ermöglicht, durch das Energie- und Klimagesetz (2019) und als Beitrag zur territorialen Wertschöpfung im Beschleunigungsgesetz (2023). Der Beitrag zu einem Projekt (Art. 93) kann auch über eine Kapitalbeteiligung erfolgen. Die französische Regulierungsbehörde für Energie (CRE) hat am 17. Januar 2024 eine Stellungnahme zum Verordnungsentwurf veröffentlicht. Gemäß dieser Stellungnahme schreibe der Verordnungsentwurf vor, dass die Kapitalbeteiligung „nicht über 50 Prozent des Gesamtkapitals liegen darf“. Außerdem gibt es lokale Steuereinnahmen aus dem Windparkbetrieb.
Bürger und Denkmalschutz
Über die Novellierung des Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern wollten besonders viele Zuhörer mehr wissen. Joshua Hansen von Becker Büttner Held berichtete, welche Änderungen vorgesehen sind. Grundidee hinter solchen Gesetzen: Finanzielle Beteiligung vor Ort kann einen effektiven Beitrag zur Akzeptanz leisten. Laut Hansen haben Analysen ergeben, dass dies wohl aber eher im Hinblick auf künftige Projekte, die von der positiven Konnotation gleichartiger Projekte in der Vergangenheit profitieren, zu sehen ist. 2016 ging zunächst das Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz M-V an den Start, 2019 folgte das Windenergieanlagenabgabengesetz Brandenburg – mit einer Novelle 2024. Ebenfalls in diesem Jahr kamen hinzu das Niedersächsische Bürgerbeteiligungsgesetz und das Bürgerenergiegesetz NRW sowie das saarländische Gemeindebeteiligungsgesetz. In der Entstehung befinden sich das Windenergie-Beteiligungsgesetz Thüringen, das Erneuerbare-Energien-Ertragsbeteiligungsgesetz Sachsen und das Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz Sachsen-Anhalt. Erfahrungen mit dem BüGembeteilG waren nun laut Hansen, dass zwar gesetzlicher Mechanismus greift, aber erst nach langer Übergangsfrist. Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen wurde kaum genutzt, Ausnahmegenehmigung gemäß § 1 Abs. 3 BüGembeteilG in Verbindung mit § 6 EEG wurde derweil am häufigsten genutzt. Ein hoher Verfahrensaufwand für alle Beteiligten (u. a. Ertragswertgutachten) und ein komplexes System von Meldepflichten mit entsprechenden Ordnungswidrigkeiten ist negativ zu sehen. Mit der vorgesehenen Novelle soll nun eine effektivere Teilhabemöglichkeit und Berücksichtigung der lokalen Bedürfnisse erfolgen, eine Vereinfachung des Beteiligungsmechanismus und eine bessere Verständlichkeit und Zugänglichkeit ist geplant. Vorgesehen ist nun u.a. eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf „große“ PV-Freiflächenanlagen (ausgenommen besondere PV-Anlagen) und eine konsensuale Einigung zwischen Gemeinde und Vorhabenträger als Standardmodell.
Über „Denkmalschutz und Windenergie – eine kafkaeske Rechtsgeschichte“ sprach dann Martin Maslaton, Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Er führte seinen Zuhörern vor Augen, wie absurd die Rechtsprechung im Bereich des Denkmalschutz oftmals ist. Er betonte aber, dass letztlich Belange des Denkmalschutzes der Errichtung von WEA nicht per se entgegen stehen. Eine Beeinträchtigung des Denkmals muss laut Maslaton erheblich sein. Einzelfallprüfungen seien erforderlich. Und bei Abwägung sei die Beeinträchtigung des Denkmals dem öffentlichen Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien gegenüberzustellen. Beim Umgebungsschutz sei es zudem von Bedeutung, wie weit die Ausstrahlungswirkung eines bedeutenden Kulturdenkmals auf dessen Umgebung reicht.
„You’ll never walk alone! – lokale und regionale Ökosysteme in der Sektorenkopplung clever gestalten“ hieß es dann bei dem Vortrag von Julia Wiemer, Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB. Wiemer verwies darauf, wie wichtig es bei den unterschiedlichen beteiligten Parteien sein, dass man sich zusammenfindet, um gemeinsam und am besten mit einem Koordinator vorzugehen, der alles zusammenhält und den Überblick behält.