Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Stromnetze

Netzumbau auf der Tagesordnung

Zur 5. Internationalen Konferenz über die „Netzintegration von erneuerbaren Energien und dezentralen Energieressourcen“ Anfang Dezember in Berlin werden zwischen 300 und 500 Teilnehmern erwartet. Veranstaltet wird die Tagung vom Ostbayerischen Technologietransfer-Institut (OTTI). Die wissenschaftliche Leitung liegt in den Händen eines renommierten Trios: Conference Chair ist Philipp Strauss vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) in Kassel. Ihm zur Seite stehen Abraham Ellis von den Sandia National Laboratories in Albuquerque im US-Bundesstaat New Mexico und Masaaki Yamamoto, Chef des Departments für Smart Community am NEDO im japanischen Kawasaki. „Die Konferenz bringt alle Interessenvertreter zusammen, die am Umbau der Stromnetze mitwirken“, erläutert Philipp Strauss die Ziele des Treffens. „Dazu gehören Politik, Forschungsinstitute, Hersteller, Netzbetreiber oder auch die Regulierungsbehörden.“

Erstmals in Deutschland

Dass die Konferenz in diesem Jahr in Deutschland stattfindet, hat mit der Brisanz des Themas zu tun: „Deutschland hat sehr hohe Ziele, bis 2050 sollen 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen“, sagt Philipp Strauss. „Auch der Atomausstieg wird im Ausland sehr aufmerksam verfolgt. Wie bei uns der Umbau der Stromnetze läuft, ist für andere Länder ein wichtiges Vorbild.“ Zur Konferenz haben sich Experten aus 17 Staaten angekündigt. Neben technischen Herausforderungen werden an den beiden Konferenztagen im Dezember auch politische Vorgaben und Rahmenbedingungen für die Transformation der Netze diskutiert. Im nächsten Jahr soll die Folgekonferenz in Japan stattfinden.

Eine enorme Aufgabe

„Vor uns liegt eine riesige Aufgabe“, sagt Philipp Strauss. „Wir müssen die Stromversorgung auf fluktuierende Erzeuger umstellen. Dazu brauchen wir einen Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch, denn Windkraft oder Sonnenstrom stehen nicht unbedingt immer dann zur Verfügung, wenn sie gebraucht werden.“ Bisher sind die Stromnetze darauf ausgelegt, den Strom von den fossilen oder nuklearen Großkraftwerken zu den Verbrauchern zu transportieren. Künftig müssen sie das schwankende Stromangebot räumlich und zeitlich mit dem Verbrauch in Deckung bringen. Das betrifft nicht nur die Ströme zwischen Bayern und Norddeutschland, sondern auch den europäischen Netzverbund. „Alles dezentral zu machen, könnte erhebliche Kosten verursachen, weil wir dafür teure dezentrale Speicher brauchen“, analysiert Strauss. „Mit einem modernisierten Netz lässt kann eine Vergleichmäßigung erreicht werden, die mit weniger Speicherkapazität auskommt. Volkswirtschaftlich ebenso unsinnig kann es sein, nur auf Offshore-Windkraft oder nur auf  Photovoltaik zu setzen. Wir brauchen den Ausbau im Verteilnetz, im Übertragungsnetz und zukünftig ein so genanntes Overlay-Netz in Europa, damit ein volkswirtschaftliches Optimum aller Technologien möglich wird.“

Ein erster Anstoß

Den Netzausbauplan der Bundesregierung bewertet Strauss als ersten Schritt in die richtige Richtung, dem eine gesamteuropäische Planung folgen müsse. „Der Ausbau der Hochspannungstrassen von Nord nach Süd bietet zukünftig auch die  Möglichkeit, Stromüberschüsse - beispielsweise Solarstrom -  aus dem Süden in den Norden zu leiten“, urteilt er. „Die Offshore-Windkraft ergänzt die dezentralen Energieerzeuger. Andererseits sind die Potenziale beispielsweise für die Windräder auf dem Land längst nicht ausgeschöpft.“ Auch sei es erforderlich, die Verteilnetze so auszubauen, dass Photovoltaikanlagen und Onshore-Windkraft mit ihren technischen Möglichkeiten die Reserven der Netze voll ausnutzen. Beispiele sind die Einspeisung von Blindleistung oder die Steuerung der Anlagen je nach Bedarf. „Dazu gehört auch, dass wir die Netzregelung modernisieren müssen“, bekräftigt Strauss. „Noch immer werden Großkraftwerke am Netz gehalten, um nach den bekannten Regeln mit deren Synchrongeneratoren das Netz zu stabilisieren, auch wenn die Windkraft diese Aufgabe mit übernehmen könnte.“ Die so genannten Must-Run-Units erzeugen Strom aus fossilen Quellen, obwohl ausreichend Windstrom zur Verfügung stünde. Statt die Großkraftwerke vom Netz zu nehmen, werden die Windparks abgeregelt. Philipp Strauss meint: „Die Frage ist jetzt: Wie viele Must-Run-Units sind mit den neu zu entwickelnden Netzregelungsverfahren überhaupt noch erforderlich?“ (Heiko Schwarzburger)