Die Solarbranche in der Schweiz muss auch nach der Verabschiedung der Energiestrategie 2050 weiter bangen. Denn die Zubauzahlen des vergangenen Jahres sind nicht gerade berauschend. Die Eidgenossen haben 2017 insgesamt 243.098 Photovotlaikanlagen mit einer Gesamtleistung von knapp 241 Megawatt installiert. Das sind 8,6 Prozent weniger als noch 2016. Damals gingen 263,5 Megawatt neue Solarstromleistung ans Netz. Die Schweizer bauten 2016 immerhin 270.940 neue Photovoltaikanlagen.
Weniger Großanlagen gebaut
Als Grund für den Rückgang nennt der Branchenverband Swissolar zum einen die Unsicherheit vor dem Inkrafttreten des ersten Maßnahmenpakets der Energiestrategie zu Beginn dieses Jahres. Bis dahin galten noch die alten Regelungen, die einen Investitionszuschuss nur für Anlagen bis zu einer Leistung von 30 Kilowatt vorsahen. Das schlägt sich in den Zahlen nieder, die Swissolar zusammen mit dem Bundesamt für Energie (BFE) veröffentlicht hat. Demnach ist vor allem die Nachfrage nach Solaranlagen in Industrie und Gewerbe um 23 Prozent sowie in der Landwirtschaft um 33 Prozent zurückgegangen. Vor allem dort werden die großen Anlagen gebaut, die zu einem Mehr an Leistung in der Schweiz und damit zur Umsetzung der Energiestrategie führen können. Doch auch der Bau von großen Megawattanlagen ging 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um satte 73 Prozent zurück. Insgesamt sank der Zubau von Großanlagen im Vergleich zum Jahr 2016 um 31 Prozent.
Boom bei kleinen Anlagen hält an
Dass der Umstieg auf die Einmalvergütung der richtige Schritt für mehr Zubau ist, zeigt sich in der Tatsache, dass die Nachfrage nach kleineren Solaranlagen mit einer Leistung von bis zu 30 Kilowatt um 38 Prozent massiv zugelegt hat. Vor die Segmente Einfamilienhäuser, wo der Zubau um 28 Prozent zulegte, und Mehrfamilienhäuser, wo die Nachfrage um 14 Prozent anstieg, konnten kräftig zulegen. Aber auch kleinere Anlage auf Gewerbegebäuden wurden immer mehr nachgefragt, so dass der Zubau in der Kategorie Kleinanlagen um insgesamt 38 Prozent wuchs.
Der Markt wird wachsen
Für das laufende Jahr geht Swissolar von einer Erholung des Marktes aus. Schließlich werden inzwischen auch große Anlagen mit einer Einmalvergütung in Höhe von 30 Prozent der Investitionssumme bedacht. Allerdings bleibt die Situation für das Segment der großen Anlagen prekär. Denn die Investoren müssen derzeit mindestens sechs Jahre auf ihre Einmalvergütung warten. Das ist für jeden gewerblichen Investor zu lang. Denn in dieser Zeit muss sich die Generatoren längst amortisiert haben. Schließlich ist für viele Unternehmen ein Investitionshorizont von mehr als sechs Jahren ein Ausschlusskriterium. Deshalb fordert Swissolar das BFE auf, die verfügbaren Mittel so umzuverteilen, dass die Auszahlungsfrist der Einmalvergütung auf maximal zwei Jahre sinkt und diese damit der Frist für die Auszahlung der Einmalvergütung für Kleinanlagen anzupassen.
Einspeisetarife müssen steigen
Der gesunkene Zubau im Jahr 2017 liegt zum anderen aber auch an den sinkenden Einspeisetarifen für Strom, der nicht sofort vor Ort verbraucht wird. Zwar wurden im Zuge der Energiestrategie 2050 die Berechnungsregelungen für diese Rückliefertarife zugunsten der Anlagenbetreiber verändert. Doch gilt diese Regelung auch erst seit Beginn dieses Jahres. Das führe dazu, dass die Anlagen vor allem auf den Eigenverbrauch hin dimensioniert werden. Das heißt, die Generatoren werden kleiner gebaut, um so viel Solarstrom wie möglich selbst zu verbrauchen und die Einspeisung so gering wie unbedingt notwendig zu halten. Wie Swissolar kritisiert, ist vielerorts nur ein kleiner Teil der verfügbaren Dachfläche mit Solarmodulen belegt. „Dies läuft den Zielen der Energiestrategie 2050 und den Erfordernissen des Pariser Klimaabkommens zuwider und ist auch volkswirtschaftlich unsinnig“, betonen die Branchenvertreter. „Für die Erreichung der Ziele braucht es zwingend einen stärkeren Ausbau der Großanlagen auf Industrie-, Gewerbe-, Dienstleistungs- und Landwirtschaftsbauten.“ Swissolar fordert deshalb von den Energieversorgern faire, der Energieverordnung entsprechende Rückliefertarife für Solarstrom.
Mehr Stromspeicher installiert
Doch es gab auch zwei positive Entwicklungen in der Schweiz im vergangenen Jahr. Einerseits hat die Nachfrage nach Stromspeichern kräftig zugelegt. Denn 2017 wurden in der Schweiz 1.260 neue Speichersysteme mit einer Gesamtkapazität von 10.325 Kilowattstunden installiert. Das ist immerhin eine Verdreifachung des Marktes. Auch diese Entwicklung zeigt, dass die Photovoltaikanlagen immer stärker auf den Eigenverbrauch hin optimiert werden. Zudem erwartet Swissolar eine weitere Marktbelebung angesichts der weiter sinkenden Batteriepreise.
Solarthermie wird wieder beliebter
Weniger auf die Preisentwicklung, sondern mehr auf die rechtlichen Vorgaben ist der gestiegene Zubau von Solarthermieanlagen zurückzuführen. Dieser hat im vergangenen Jahr gegenüber 2016 um fast vier Prozent zugelegt, nach vier Jahren Marktrückgang. Den stärksten Zuwachs verzeichnen dabei die Hersteller von Flachkollektoren. Hier ging der Absatz um 13 Prozent nach oben, während die ohnehin schwächere Nachfrage nach Vakuumröhrenkollektoren um 33 Prozent zurückging. In einigen Kantonen der Schweiz muss jeder Hauseigentümer, der seine Heizungsanlage saniert, mindestens zehn Prozent der Wärme mit erneuerbaren Energien erzeugen. Das treibt natürlich auch den Absatz von Solarthermieanlagen an. Swissolar geht auch für dieses Jahr von einem stabilen Markt für thermische Solaranlagen aus. Denn immer mehr Kantone führen solche Regelungen ein. „Es ist jedoch von zentraler Bedeutung, dass die Kantone diese bis 2020 fälligen Revisionen nun ohne weitere Verzögerungen anpacken“, betonen die Vertreter der Schweizer Solarbranche. (Sven Ullrich)