Solarworld hat gravierende Einschnitte bei den Verbindlichkeiten angekündigt. Vor allem die ausgegebenen Anleihen und Schuldscheindarlehen stehen im Mittelpunkt einer möglichen Umschuldung. Mit fast 900 Millionen Euro sind das die beiden größten Posten auf der Schuldenliste des Konzerns, der insgesamt Verbindlichkeiten von mehr als einer Milliarde Euro hat.
Weniger Schulden aber auch mehr Verluste
Zwar hat sich die Höhe der Schulden im letzten Jahr verringert. Aber gleichzeitig war das Konzernergebnis wesentlich schlechter als im Jahr 2011. Allein in den ersten neun Monaten des letzten Jahres brach der Konzernumsatz um mehr als ein Drittel im Vergleich zum Jahr 2011 ein. Die Zahlen für das vierte Quartal wird Solarworld voraussichtlich am 21. März veröffentlichen. Die Verluste in den ersten drei Quartalen des Jahres 2012 betrugen vor Steuern und Zinsen fast 190 Millionen Euro. Im gleichen Zeitraum des Jahres 2011 hatte Solarworld noch fast 90 Millionen Euro Gewinn gemacht. Gleichzeitig stieg allerdings der Absatz von Solarmodulen und Bausätzen in den ersten drei Quartalen um 13,3 Prozent auf 431 Megawatt – ein deutliches Zeichen, dass Solarworld stark unter den sinkenden Preisen leidet. Nur der Waferabsatz sank in den ersten neun Monaten des letzten Jahres im Vergleich zu 2011 von 195 auf 39 Megawatt. Das drückt aber weniger auf die Bilanz, da nach eigenen Angaben „das externe Wafergeschäft, das maßgeblich den Umsatz im Segment ‚Produktion Deutschland‘ prägt, für die Solarworld eine untergeordnete Rolle spielt“.
Aktie ging auf Talfahrt
Nach der Ankündigung ging die Aktie von Solarworld auf Talfahrt. Am vergangenen Freitag verlor sie mehr als zwei Drittel ihres Wertes und wurde am Ende für nur noch 1,09 Euro gehandelt. Die Aktionäre sind verunsichert, auch wenn eine Insolvenz nicht drohe, wie Frank Asbeck, Vorstandsvorsitzender von Solarworld gegenüber dem Handelsblatt betont. „Wir haben den Schritt proaktiv gemacht, weil wir auf der Passivseite eine Entlastung brauchen“, erklärt Asbeck. „Solarworld ist im Kern gesund. Wir müssen operativ einige Anpassungen machen, die werden nun kommen.“ Für diese Anpassungen gibt es zwei Möglichkeiten. „Die Solarworld könnte versuchen, die beiden ausstehenden Anleihen gegen eine neue mit für sie besseren Konditionen zu tauschen“, erklärt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, gegenüber der Nachrichtenagentur DPA-AFX. „Alternativ könnte das Unternehmen den Anleihebesitzern auch Aktien, also Eigenkapital, anbieten. Dieser Tausch im Rahmen einer Kapitalerhöhung von Fremd- in Eigenkapital wäre zumindest für Solarworld von Vorteil, da das Unternehmen dann deutlich entlastet würde. Bei einer solchen Lösung würde Herr Asbeck, dem annähernd 28 Prozent des Unternehmens gehören, ein wichtige Rolle zukommen. Das Grundproblem wäre damit aber nicht gelöst. Die Frage wird sein, ob es Solarworld gelingt, ein trag- und zukunftsfähiges Geschäftsmodell zu etablieren. Das ist Herrn Asbeck und seinen Kollegen in letzter Zeit nicht gelungen“, kritisiert Tüngler.
Weitere Stellenkürzungen angekündigt
Was für die Aktionäre „die Wahl zwischen Pest und Cholera ist“, wie es Tüngler ausdrückt, bedeutet für die Mitarbeiter von Solarworld eine unsichere Existenz. Zwar hat der Konzern schon 2011 seinen Mitarbeiterstamm von 2.700 auf unter 2.500 verringert. Aber die Personalaufwandsquote, also der Anteil der Personalkosten am Produkt, stieg gleichzeitig von 11 auf 21,9 Prozent. Jetzt fürchten viele Beschäftigte um ihren Arbeitsplatz. Immerhin sind im Werk im sächsischen Freiberg 300 der etwa 1.400 Mitarbeiter auf Kurzarbeit gesetzt. Mit Blick auf die Arbeitsplätze im Konzern kündigt Frank Asbeck aber schon einmal an, dass es auf der Lohnkostenseite zu „geringfügigen weiteren Anpassungen“ kommen könne. Freibergs parteiloser Oberbürgermeister Bernd-Erwin Schramm gibt sich aber optimistisch. „Solarworld und seinen Europastandort Freiberg wird es auch 2014 noch geben“, sagt er gegenüber der Freien Presse. „Wir versuchen, das Unternehmen zu unterstützen“, ergänzt der Landrat von Freiberg Volker Uhlig (CDU). „Die Lage ist schwierig, aber lösbar.“
Fehlendes Fingerspitzengefühl
Während in der sächsischen Bergstadt die Mitarbeiter von Solarworld trotzdem um ihre Arbeitsplätze und ihre wirtschaftliche Existenz bangen, beweist Frank Asbeck in Sachen Privatausgaben kein Feingefühl. In der Zeit, in der sich sein Unternehmen auf finanziellen Schlingerkurs bewegt, kauft er von Entertainer Thomas Gottschalk das Schloss Marienfels in Remagen am Rhein für den Preis von fünf Millionen Euro. Zwar will Asbeck dort eine gemeinnützige Stiftung unterbringen. Dennoch gerät er mit so wenig Gefühl für den richtigen Zeitpunkt medial unter Druck. (Sven Ullrich)