Einen Tag nach der Verkündung der Pläne aus dem Bundeswirtschafts- und dem Bundesumweltministerium kritisieren Belectric in Kolitzheim und First Solar, einer der größten Hersteller von Dünnschichtmodulen, das Vorhaben heftig. Gleichzeitig legen die Unternehmen einen neuen Vorschlag zur Solarstromförderung auf den Tisch. Sie wollen einen Einheitstarif für alle Photovoltaikanlagen und eine Konzentration auf die Überschusseinspeisung.
Belectric, Entwickler und Produzent von Photovoltaikkraftwerken, sieht nicht, dass die Regierung mit ihrem jetzt vorgestellten Modell die von ihr angestrebten Ziele erreicht. Statt dessen werden unter anderem die Kosten für den Endverbraucher aufgrund der EEG-Umlage nicht signifikant sinken. Außerdem vermeidet die Bundesregierung damit keinen unnötigen Netzausbau, vor allem auf der Niederspannungsebene und die Solarstromerzeugung bleibt weiter am Tropf des EEG hängen statt wettbewerbsfähig zu werden.
Verlagerung auf das Dach
Aus einer aktuellen Studie von Prognos, die Belectric in Auftrag gegeben hat, geht unter anderem hervor, dass die EEG-Umlage bis 2016 im Vergleich zu den jetzigen Regelungen von 5,05 auf 5,00 Cent pro Kilowattstunde sinken wird, wenn die Politik das Vorhaben von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) umsetzt. Die Belastungen der Verbraucher durch die Solarstromerzeugung sinken dabei von 0,49 auf 0,43 Cent pro Kilowattstunde, denn es wird nicht die installierte Leistung, sondern die produzierte Strommenge vergütet. Diese geringe Wirkung liegt vor allem daran, dass sich wegen der überproportionalen Absenkung der Förderung von Groß- und Freiflächenanlagen „der Zubau dann komplett auf das Dechsegment verlagern wird“, erklärt Bernhard Beck, Geschäftsführer von Belectric. „Dann wird es für den Verbraucher teurer, weil man die billigeren Freiflächen mit ihrer jetzt schon niedrigeren Vergütung nicht mehr hat.“ Dieses Marktsegment sieht Bernhard Beck in Gefahr. „Denn die Freifläche ist mit dieser Absenkung definitiv nicht überlebensfähig, das Segment der Freiflächen kann dann nicht mehr weiterexistieren, weil sich das nicht mehr wirtschaftlich betreiben lässt“, so Beck.
Als größtes Risiko für den weiteren Ausbau der Photovoltaik sieht er vor allem in dem Vorhaben von Röttgen und Rösler, die Vergütungssätze künftig durch ministeriale Verordnungsermächtigung am Parlament vorbei festzulegen. „Dann hat der Investor überhaupt keine Sicherheit mehr, weil BMU und BMWi die Vergütungshöhe beliebig und kurzfristig festlegen können“, erklärt Beck. Vor allem die großen Freiflächenanlagen haben einen langen Planungsvorlauf. Wenn man aber keine verlässlichen Rahmenbedingungen mehr hat, dann wird dort keiner mehr investieren. „Die Investoren sind aber weniger große finanzstarke Unternehmen, sondern mehrheitlich sind das Publikumsfonds oder Genossenschaftsmodelle, bei denen alle Bürger mit wenigen hundert Euro an der Energiewende beteiligt werden können“, erklärt der Belectric-Geschäftsführer. „Die jetzige Fokussierung auf das Dachsegment ist aber ein Förderprogramm für Immobilienbesitzer auf Kosten der Verbraucher“, kritisiert er. „Dadurch wird der Teil der Bevölkerung, der keine Immobilie besitzt, nicht bei der Energiewende mitgenommen“, ergänzt David Wortmann, Pressesprecher von First Solar in Europa.
Netzausbau minimieren
Auch technologisch sind die angestrebten Kürzungen und der Schwerpunkt auf die kleinen Dachanlagen nicht nachzuvollziehen. Für die Energiewende braucht man die Solaranlagen und da vor allem die Freiflächenanlagen, um den notwendigen Netzausbau zu minimieren. „Die Konzentration auf auf die Zehn-Kilowatt-Anlagen um das Netz zu entlasten ist bestenfalls als grotesk zu bezeichnen“, sagt Bernhard Beck. „Denn je größer die Anlage, desto geringer die Probleme bei der Netzeinbindung. Außerdem übernehmen die großen Anlagen inzwischen Netzdienstleistungen. Sie haben die Möglichkeit, Blindleistung einzuspeisen, was eine netzstabilisierende Wirkung hat. Und genau diese Netzdienstleistung stellt einen Wert dar, der heute nicht berücksichtigt wird“, kritisiert der Belectric-Chef. Dabei geht es nicht darum, die Freiflächen gegenüber den Anlagen auf den Dächern stärker zu fördern, „sondern um ein Programm, das nach wie vor Freiflächen möglich macht und nicht abtötet“, erklärt David Wortmann.
Eigenverbrauch stärken
Mit dem Vorschlag, die Förderung künftig auf eine Überschusseinspeisung mit einheitlichen Tarifen festzulegen, würden die Vorteile, die die Photovoltaik hat, besser genutzt. Dabei geht man davon aus, dass die einheitliche Vergütung auf der Basis eines Einfamilienhauses berechnet wird. Die würde sich auf 14,8 Cent pro Kilowattstunde belaufen und ab Mitte 2012 monatlich um 0,5 Prozent sinken. „Dieses hable Prozent ist die Kostensenkung bei den Anlagen, die wir auch sehen“, so Bernhard Beck. „Schließlich ist es nicht nur das Modul, sondern alle Einzelkomponenten in die Kostenkurve einbezogen werden.“ Außerdem werden auch die handwerklichen Dienstleistungen beim Aufbau und bei der Wartung der Anlage in Zukunft kaum sinken.
Dieser niedrige Vergütungssatz ist trotzdem möglich, weil der Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom als wesentlicher Einnahmebestandteil für alle Anlagenkategorien berücksichtigt wird, jedenfalls soweit das der Stromverbrauch in räumlicher Nähe zur Anlage zulässt. Das wäre vor allem bei den Dachanlagen gegeben, wobei es keine Vergütung des Eigenverbrauchs mehr gibt, sondern sich der Vorteil allein aufgrund der Einsparung des Strombezugs vom Lieferanten ergibt. Dann würde der Trend hin zu großen Dachanlagen mit hoher Netzeinspeisung, die hohe Vergütungszahlungen generieren, gebremst. Freiflächenanlagen hätte wiederum keinen Eigenverbrauch, könnten aber wegen der Einspeisung auf höheren Netzebenen, zusätzliche Beträge aus den Systemdienstleistungen wie der Einspeisung von Blindleistung generieren. Das würde zur Netzstabilisierung beitragen und unnötigen Netzausbau vermeiden, der letztlich auch vom Endverbraucher aufgrund steigender Netzentgelte getragen würde.
Sinkende EEG-Umlage
Der Zubau in den einzelnen Leistungskategorien bis 2016 ergibt sich in der Berechnung von Prognos aus den zu erwartenden Renditen für die einzelnen Anlagen. So läge die Rendite für Aufdachanlagen zwischen sechs und acht Prozent, während Freiflächenanlagen weniger als fünf Prozent Rendite brächten, aber auch Nicht-Immobilienbesitzern eine Beteiligungsmöglichkeit bieten. Deshalb wäre mehr als die Hälfte der neu installierten Anlagen kleiner als 30 Kilowatt. Der Anteil der Freiflächen am Zubau wäre mit sieben Prozent am niedrigsten. Aus der Berechnung der Stromerzeugung aller Anlagen ergibt sich dann für 2016 eine EEG-Umlage von 4,83 Cent pro Kilowattstunde. Die Photovoltaik würde dann mit nur noch 0,26 Cent pro Kilowattstunde zu Buche schlagen. (Sven Ullrich)