In der Hamburg-Eppendorfer Repräsentanz von Vestas schmückt sich der Empfang mit zwei Auszeichnungen. Wimpel auf dem Tresen am Eingang des Firmensitzes in der inoffiziellen Offshore-Hauptstadt Deutschlands weisen die dänische Windturbinenfirma seit April als „Top Arbeitgeber Deutschland 2011“ und als „Top Arbeitgeber Ingenieure 2011“ aus. Und trotzdem heißt es in der vom Preisverleiher CRF Institute geehrten Deutschlandabteilung von Vestas: Das Unternehmen leiste sich hier teure Arbeitsplätze. Lebenshaltungs- und Infrastrukturkosten in Hamburg seien hoch. Zudem herrsche starke Konkurrenz zwischen vielen Hamburger Zentralen von Unternehmen, die mit der Windkraft in der Nordsee künftig Geld verdienen wollen. Die Logik dahinter ist, dass Windenergieunternehmen hier ihre Mitarbeiter mit höheren Löhnen als anderswo gegen Abwerbungsversuche absichern müssen.
Nicht nur spezielle See-erfahrene Mitarbeiter für Wartungs- oder Aufbauarbeiten auf See sind in der Offshore-Windkraft gefragt, sondern auch Führungskräfte im Mittelbau der Unternehmen. Vom „Hamburger Karussell“ ist da schon mal hinter vorgehaltener Hand die Rede, zu vernehmen etwa am Rande von Offshore-Spezialveranstaltungen wie Ende Oktober 2010 in Bremerhaven bei einer Konferenz des Ingenieursverbandes VDI zu Meereswindkraft-Logistik und Unterwassertragstrukturen. Wobei das Wort Karussell für einen Drehtüreffekt stehen soll.
So übernehmen große Konzerne wie Energieversorger RWE erfahrenes Personal von den tradtionellen Windturbinenbauern, wobei der Offshore-Windparkprojektierer RWE auch Kunde vieler Turbinenbauer ist. Zuletzt wechselte beispielsweise die Pressesprecherin von Vestas-Konkurrent Repower, Daniela Puttenat, innerhalb Hamburgs in die Öl-Abteilung Dea von RWE. Andere zieht es in Offshore-Hauptstadt-Sog von anderswo. Dazu gehörte vor einem Jahr auch die Leiterin der Abteilung Politik des Bundesverbandes Windenergie, Claudia Grotz. Sie zog in ein vergleichbares Amt zum Windturbinenbauer Siemens nach Hamburg. Der Hamburger Siemensprojektmanager und Vertriebsleiter für das Afrika- und Europageschäft, Lars Bondo Krogsgaard, war einen Monat später von Siemens zu Nordex gewechselt, um dort auf einer höheren Ebene Vertriebsvorstand zu werden. Und in der Branche kolportieren gerne mal solche, die es wissen sollten, dass es schon Wechsel ganzer Abteilungen von einem Industrieunternehmen zum anderen Konzern gebe. Eine Umfrage des Hamburger Rekrutierungsdienstleisters TGMC (www.tgmc.de) soll nun das Phänomen besser beschreiben – um nicht zuletzt den Unternehmen mehr Reaktionsmöglichkeiten an die Hand zu geben. Unter anderem fragt TGMC noch bis 8. Juli, wie verbunden sich Mitarbeiter mit ihren Unternehmen fühlen, wie sie ihre Perspektiven einschätzen, aber auch, wie sie die Perspektiven der Windenergiebranche an sich sehen. Wissen wollen die Initiatoren der Studie auch, wie stark das Bekenntnis der Beschäftigten zur Branche insgesamt ausfällt.
(Tilman Weber)