Seit dem Jahr 2000 führt der dänische Turbinenbauer Vestas den Weltmarkt laut BTM Consult an. 2012 soll nun aber der US-Hersteller GE an Vestas vorbeigezogen sein. Mit 15,5 Prozent Marktanteil liegt GE 1,5 Prozentpunkte vor den Dänen, heißt es in BTMs neuer Branchenstudie World Market Update 2012.
Branchenberater Make Consulting hingegen sieht Vestas mit 14,6 Prozent weiterhin vorn. GE bleibe knapp dahinter mit 13,7 Prozent (Marktanteile der Top 10 Hersteller aus beiden Analysen, siehe Tabelle). Der Grund für die scheinbare Diskrepanz zwischen den Erhebungen der beiden Berater liegt in der Wahl des Hauptkriteriums für die Analyse: Während BTM die Daten anhand ausgelieferter Turbinen erhebt – häufig haben die Hersteller ihre Lieferverträge damit erfüllt –, zählen für Make Consulting allein die ans Netz angeschlossenen Windturbinen.
Brasilien verfehlt 620 Megawatt Netzanschluss
„Für uns ist das der beste Weg, um die Daten die wir bekommen zu verifizieren“, sagt Robert Clover, der die Recherchen für die Make-Studie leitete, im Gespräch mit ERNEUERBARE ENERGIEN. Am Ende scheiterte GEs Aufstieg zur Nummer eins im Make-Ranking allein an einem brasilianischen Netzbetreiber, verrät Clover. Der Netzbetreiber hatte es nicht geschafft einen 420-Megawatt-Park von GE rechtzeitig anzuschließen. „In Brasilien fehlte zum Jahresende der Netzanschluss von 620 Megawatt Windleistung, weil die nötige Netzinfrastruktur nicht fertig wurde. Für Länder außerhalb Chinas ist das sehr ungewöhnlich“, sagt Clover.
Insgesamt liefen Auslieferungen und Netzanschluss 2012 derart versetzt, dass sich das Ranking von Make und BTM nur in fünf von zehn Plätzen gleicht. Gleichermaßen sehen die Studien Siemens auf Platz drei und die chinesischen Hersteller Goldwind, United Power, Sinovel und Mingyang auf den Rängen sieben bis zehn. Siemens verhalfen laut BTM maßgeblich das europäische Offshore-Wachstum und der – von der Angst eines Förderstopps beflügelte – starke US-Markt. Im letzten Jahr noch rangierte der unangefochtene Offshore-Marktführer Siemens im weltweiten Herstellerranking auf Platz neun. Vom Ausbauboom in den USA profitiert Siemens direkt hinter Lokalmatador GE. „GE, Siemens und Vestas belegen in den USA die ersten drei Ränge“, erklärt Per Kroogsgaard, Geschäftsführer von BTM Consult, gegenüber ERNEUERBARE ENERGIEN.
Insgesamt stammen 35 Prozent des Zubaus 2012 aus Nord- und Südamerika. 28,5 Prozent schultert Europa. Asiens Aufstellungen hingegen schrumpften laut BTM verglichen mit 2011 um 25 Prozent auf knapp 16 Gigawatt. Hauptsächlich wegen China, das trifft vor allem die großen chinesischen Hersteller hart, deren Verkäufe fast ausschließlich im Heimatmarkt stattfinden. „Dass China vorübergehend schwächer wird und die USA zulegen, war absehbar – in dieser Größenordnung aber hat es uns überrascht. Vor allem, dass es den Amerikanern gelungen ist, nur im letzten Quartal 2012 über acht Gigawatt zu installieren“, sagt Krogsgaard.
Krux mit der Statistik
Während die untersuchten Hauptkriterien Netzanschluss und Auslieferung für große Abweichungen im Ranking der Studien sorgen, gibt es kleinere statistische Unschärfen auch in den Studien selbst. Datengrundlage der Make-Studie beispielsweise bilden 44,3 Gigawatt 2012 neu ans Netz gebrachte Windleistung. Eine Abweichung zur realen Neuleistung am Netz, die bei über 48 Gigawatt lag. Die Ursache dafür liegt laut Robert Clover in Asien: „In China gibt es immer Probleme mit der Datenverfügbarkeit, deswegen mussten wir hier von den installierten Anlagen ausgehen, nicht vom Netzanschluss.“ Doch wurden in China weniger Anlagen installiert als ans Netz angeschlossen, weil das Land Anfang 2012 noch Turbinen ans Netz brachte, die schon Ende 2011 installiert wurden. Ungeachtet dieser statistischen Unschärfe sind laut Make dennoch alle Zahlen zuverlässig: Die chinesischen Informationen wurden vom nationalen Windverband bestätigt; die von den weltweiten Herstellern angeforderten Daten prüfte das Unternehmen zusätzlich über Auskünfte der zuständigen Netzbetreiber, Projektentwickler und Windverbände in den Staaten auf ihren Wahrheitsgehalt.
Ähnlich machte es BTM Consult. „Von den Herstellern erfahren wir, wie viele Anlagen in welche Länder geliefert wurden. In diesen Ländern haben wir Kontakte zu verschiedenen Unternehmen und Verbänden, die uns helfen die Herstellerangaben zu bewerten“, sagt Per Krogsgaard. Von den 2012 neu aufgebauten Turbinen mit 44,9 Gigawatt Leistung fließen 43,1 ausgelieferter Anlagenleistung in die BTM-Analyse ein. Was 2012 aufgestellt, aber bereits 2011 geliefert wurde, ist demnach nicht Teil der Statistik.
Neben dem Blick zurück liefert die BTM-Studie World Market Update auch den weit komplizierteren Blick in die Zukunft: Europa soll sich in den nächsten Jahren auf knapp ein Drittel am Weltmarktvolumen einpegeln. Mit dem erwarteten Installationsrückgang in den USA, sollen Nord- und Südamerika auf 20 Prozent Marktanteil schrumpfen, während Asien wieder kräftig zulegt. Ganz sicher sagen lässt sich das freilich nicht: Beim Blick in die Glaskugel braucht man immer etwas Glück und viel Fingerspitzengefühl, sagt Krogsgaard. „Im Großen und Ganzen waren unsere Prognosen für Hersteller und Projektentwickler in den letzten Jahren benutzbar.“
Denny Gille