„Der neue maritime Raumordnungsplan zeigt klare Akzente zugunsten eines starken Klimaschutzes durch die Windenergienutzung auf See. Das begrüßen wir ausdrücklich,“ lobt die Vorstandsvorsitzende der Stiftung Offshore-Windenergie, Ursula Prall. Der Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BWO) hatte schon im August erkannt: „Der neue maritime Raumordnungsplan geht aus unserer Sicht in die richtige Richtung. Zielkonflikte zwischen den unterschiedlichen Nutzungsarten wurden angemessen berücksichtigt, ohne dabei die gemeinsamen Klimaschutzziele aus den Augen zu verlieren“, so sagte der BWO-Geschäftsführer Stefan Thimm Anfang des vergangenen Monats. Der vom Bundesinnenministerium (BMI) nun präsentierte, zum 1. September novellierte „Raumordnungsplan für die AWZ“ definiert Nutzungsflächen für die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ), die seewärts ab der zum nationalen Hoheitsgebiet gehörenden Zwölf-Seemeilen-Zone des Küstenmeeres beginnt und maximal 200 Seemeilen vor der Küste endet sowie einem Staat ausschließliche Nutzungsrechte einräumt.
Der neue Plan definiert nun im Zusammenspiel mit dem vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie veröffentlichten Flächenentwicklungsplan die Regionen für den weiteren Ausbau der Offshore-Windkraft bis 2040 sowie die Routen für die Stromleitungen zum Land, genau zum Abschluss der ersten neuen Ausschreibungsrunde für Offshore-Windparks am 1. September. Der maritime Raumordnungsplan sieht außerdem Nutzungsgebiete vor wie Fahrtrouten für die Schifffahrt, Areale für die Fischerei, für Rohstoffgewinnung, für das Militär und für Naturschutz.
Die Stiftung Offshore-Windenergie erkennt in dem neuen Plan eine „Neu-Akzentuierung“, die einen „schrittweise eingeleiteten Paradigmenwechsel bedeute, „der sich an der radikalen Notwendigkeit einer schnellen Energiewende orientiert.“ Vor allem die im neuen Raumordnungsplan neu aufgegriffenen Möglichkeiten einer zukünftigen „Ko-Nutzung von Flächen durch mehrere Nutzungsformen“ lobt die Stiftung. Nun sei die Diskussion dazu eröffnet, urteilt die Stiftung – und nun gelte es in „den kommenden 5 Jahren bis zur nächsten Fortschreibung der Raumordnung … entsprechende Konzepte zu entwickeln.“
Den Raumordnungsplan (ROP) hatte das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) seit 2020 erarbeitet, das Kabinett der Bundesregierung verabschiedet und das BMI durch eine Verordnung nun erlassen. Das BSH hatte zwischenzeitlich zwei Entwürfe des ROP vorgelegt, Stellungnahmen der an der Meeresnutzung beteiligten Interessenverbände eingesammelt und offenbar mit Anpassungen der ROP-Entwürfe reagiert. Er löst den bisher gültigen ROP von 2009 ab. Dieser hatte nur Windkraft-Offshore-Nutzungsflächen für 12 Gigawatt (GW) abgesteckt. Der neue ROP sieht weitere Flächen vor, um insgesamt einen Ausbau auf 43 GW Windkraftkapazität im Meer zuzulassen. Die bisherigen Ziele Deutschlands beinhalten einen Ausbau der deutschen Offshore-Windkraft auf 20 GW bis 2030 und auf 40 GW bis 2040.
Wichtig ist die Novellierung genau zum jetzigen Zeitpunkt, weil im Februar 2021 die Ausschreibungen für neue Offshore-Windpark-Projekte nach dem sogenannten Zentralen Modell begonnen haben. In jährlich einer Ausschreibung bis 2025 schreibt die Bundesnetzagentur jeweils ein bis drei zur Offshore-Windkraft-Nutzung ausgewiesenen Flächen aus. Die Windparkentwicklungsunternehmen bieten dann Projekte, die sie in den ausgewiesenen Flächen bauen wollen, zu bestimmten garantierten Mindestvergütungshöhen an – und die Windparks mit der günstigsten Einspeisung kommen zum Zuge. Das BSH muss diese Flächen vor einer Ausschreibung voruntersucht haben und den Planern zur Berechnung der Projekte die Daten etwa zur Bodenbeschaffenheit liefern. Die erste Ausschreibungsrunde endete am 1. September und brachte drei Entwicklungsflächen ins Spiel: zwei in der Nord- und eine in der Ostsee mit Raum für Projekte mit 225, 300 und 433 Megawatt (MW) Erzeugungskapazität.
Die bisherige Unvereinbarkeit zwischen den Nutzungsformen in verschiedenen Seegebieten soll offenbar nicht mehr gelten. Dies hatten die Offshore-Windenergie-Verbände verlangt. Beispielsweise könnten Militärische Fahrten durch Windparks hindurch möglich sein, womit militärische Nutzung eines Areals nicht mehr sofort eine Windkraftnutzung ausschließt. Gerade der BWO sah hier im August ein großes Potenzial: „Großes Potenzial bietet hier aus unserer Sicht die Ko-Nutzung, für die wir insbesondere bei Flächen, die aktuell ausschließlich für militärische Zwecke genutzt werden, zusätzliche Möglichkeiten sehen“, sagte BWO-Chef Thimm.
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