Während der Oldenburger Energiekonzern EWE vor kurzem eine erste positive Zwischenbilanz aus dem Betrieb des Windparks Riffgat präsentierte, vergaß er nicht die 3.000 großen Schalentiere. Der Windpark mit einer Kapazität von 108 Megawatt (MW) habe seit seiner verspäteten Inbetriebnahme im Februar bis Ende Juni nicht nur schon 140 Millionen Kilowattstunden (kWh) erzeugt, teilte die Riffgat-Projektleiterin Irina Lucke mit. Dass diese Erzeugung „deutlich über den Erwartungen liege“, sei der eine Teil des Erfolges, umschrieb sie die Tatsache, dass der Windpark demnach im gewöhnlich langsam sich stabilisierenden Startbetrieb schon mit einem Kapazitätsfaktor von über 34 Prozent Strom erzeugte: Rechnerisch also zu mehr als einem Drittel der Zeit unter Volllast. Ein Erfolg sei auch, dass sich der Windpark als „attraktives Rückzugsgebiet“ für die großen Delikatess-Krebse erwiesen habe. Das Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) hatte kurz zuvor tatsächlich 3.000 Hummer in den Kolksteinen der 30 Windturbinenfundamente angesiedelt.
Diese Tier-Aussetzung in den zum Erosionsschutz des Meeresbodens um die Unterwasserkonstruktionen der Windenergieanlagen abgelegten Steine hatte das Institut bereits im vergangenen Jahr vorbereitet. Die Hoffnung ist eine sowohl ökologische als auch rein wirtschaftliche: Windenergie auf See nutzt der Vielfalt der Meerestierwelt und lässt außerdem künstliche kommerzielle Anbaukulturen für Meeresfrüchte zu. Schon 2009 hatte das Institut für Fische und Fischereierzeugnisse in Cuxhaven als Zwischenergebnis einer 2005 begonnenen Forschung mit dem AWI bilanziert, dass auch die Verzehrfähigkeit von in Offshore-Windparks kultivierten Miesmuschelbänken besonders gut sein könnte. Die Anfangsforschung lasse erwarten, dass dort gezüchtete Miesmuscheln sogar besseres Fleisch liefern könnten, als viele der auf konventionellem Wege geernteten – es müsse allerdings weiter geforscht werden.
Nicht erforscht wurde bisher, welche Masse an Biomaterial dem Meer hingegen durch das bisherige Errichten der Nordseewindfarmen und unter lärmarmeren Bautechniken auch künftig verloren ging und geht: Das Einbringen der Verankerungen der Fundamente stört mit seinem Lärm bisher insbesondere größere Meerestiere wie Kleinwale und Robben.
Während die Erforschung der Doppel-Nutzbarkeit von emissionsarmen Industrieanlagen speziell für Aquakulturen aber noch nahe liegt, haben sich die Forscher inzwischen auch den für den Menschen vielleicht positiven Folgen auf Klimaerscheinungen angenommen.
Machen Offshore-Windparks in Zukunft Wirbelstürme harmlos?
So haben Forscher in den USA im Februar dieses Jahres erklärt, dass Offshore-Windenergieanlagen wissenschaftlich beweisbar Riesen-Hurrikane und ihre katastrophalen Auswirkungen auf die US-Küstenbereiche verhindern könnten. Zwar können die Rotoren die Wirbelstürme selbstverständlich nicht in ihrer Entstehung blockieren. Aber auf dem Weg zum Land würden sie diesen so viel Energie aus dem Wind nehmen, schreiben die Wissenschaftler im Magazin Nature Climate Change, dass der Wirbelsturm um bis zu 150 Kilometer pro Stunde in seiner Windgeschwindigkeit verliere. Hinzu komme, dass dadurch auch die Erzeugung von Wellen durch die Stürme deutlich abnähme.
Die Simulation der Forscher ergab sogar, dass die Katastrophen-Wirbelstürme Katrina und Sandy nicht wie geschehen zur Überflutung der Küstenmetropole New Orleans hätten führen können.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Forscher die von ihnen offenbar angestrebten Ergebnisse nur mit einer installierten Windparkleistung von 150 Gigawatt (GW) simulieren konnten. Zum Vergleich: Weltweit sind noch keine zehn GW Meereswindkraft am Netz. Der gewünschte Effekt, die berüchtigten US-Wirbelstürme zu domestizieren, würde sich also erst bei einem Windparkbau der Größe des 15-fachen der heute weltweit installierten Offshore-Leistung einstellen. Und das auch nur unter der Voraussetzung, wie die Forscher verdeutlichten, wenn die Turbinen aus den derzeit in den Markt eingeführten neuen Großanlagen mit besonders großen Rotoren bestünden. Dass der Effekt stattfinden kann, liegt auch daran, dass die Windschatten in solch großen Windparks dafür sorgen würden, dass weiter im Innern gelegene Turbinen unter dem bereits von vorne abgebremsten Wind nicht abgeschaltet werden müssen.
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Mehr Kohlendioxideintrag im Feld
Jetzt haben US-Forscher auch noch ermittelt, dass Windfarmen an Land unter Umständen sogar das Wachstum von agrarischen Feldfrüchten fördern können. Sie ermittelten in den Jahren 2010 und 2011 in Maisfeldern im Binnenlandbundesstaat Iowa mit Messungen, dass die Temperatur im Windschatten von Windturbinen tagsüber leicht abnimmt, nachts hingegen leicht ansteigt. Zudem steige der Kohlendioxidgehalt in der Ebene unmittelbar über dem Blätterdach des Feldes um zehn Prozent.
Da Pflanzen CO2 in vermehrtes Wachstum umsetzten, sei dieser Effekt für die Landwirtschaft vielleicht nutzbar, notierten die Forscher. Allerdings reiche der Effekt für den Mais noch nicht aus. Zu untersuchen sei allerdings, inwiefern die Verwirbelungen der Luft hinter den Anlagen dazu führten, dass punktuell der CO2-Eintrag in das Blätterdach verschieden stark und somit verschieden stark wachstumsfördernd sei. Für andere Pflanzen wie Soja sei hingegen eine Wachstumsförderung durch die Windparkeffekte vorstellbar. Die US-Forscher wollen ihre wissenschaftlichen Tests nun weiter fortsetzen.
(Tilman Weber)
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