Eine von der Europäischen Union (EU) durch die EU-Kommission am Montag eingeleitete Befragung der Interessenvertreter soll die Gesetzesinitiative der Kommission für neue europaweite Strommarktregeln einleiten und bis März zu einem Gesetzentwurf führen. Der Befragung oder Konsultation liegt das Reformkonzept zugrunde, wonach die Erneuerbaren mit einer dauerhaften Erlösobergrenze belegt bleiben sollen und sich ihre Vergütung unabhängig von Preiskapriolen an den Energiemärkten an ihren Erzeugungskosten orientieren sollen. Die EU-Kommission hat hierfür sogenannten Power Purchase Agreements (PPA) im Blick, langfristige Stromlieferverträge zwischen Stromabnehmern und Betreibern der Erneuerbare-Energien-Anlagen mit Preisen bestenfalls knapp über den langfristig zu erwartenden Stromhandelspreisen. Durch sogenannte Differenzverträge (international: CFD) würden Erneuerbare-Energien-Anlagenbetreiber außerdem ihre Erzeugung in Ausschreibungen zu einem Fixpreis für die Einspeisung ins öffentliche Netz anbieten. Würden die Betreiber ihre Stromvolumen weiter am freien Strommarkt handeln, erhielten sie bei Erlösen unterhalb des CFD-Fixpreises die Differenz ausgeglichen. Und bei Erlösen über dem CFD-Niveau müssten sie die Überschüsse abgeben.
CFD gelten als Instrument zur Vergütungsermittlung, um die echten Stromgestehungskosten preislich vollständig abzusichern, weil Anbieter mit den CFD-Geboten anders als bei sonst üblichen reinen Mindestgebots-Ausschreibungen nicht auf hohe Strompreise am freien Markt setzen können. Die Windpark- oder Photovoltaik-Projektanbieter treten bei CFD deshalb in keinen Unterbietungswettbewerb ein mit sogar Null-Cent-Einspeisegeboten. Insbesondere Projektierungsunternehmen von Offshore-Windparks, die sich inzwischen regelmäßig zu Null-Cent-Geboten gezwungen sehen, fordern daher CFD-Systeme ein und loben sie als Garant gegen nachträgliche Strompreissteigerungen, weil die Betreiberunternehmen dann mit PPA oder im Stromhandel höhere Risiken durch höhere Preise absichern müssen.
Die EU zielt mit dem CFD andererseits darauf, die Erneuerbaren aus dem Merit-Order-Effekt herauszunehmen. Diese bisherige Wettbewerbsregel im Strommarkt für alle Strom anbietenden Unternehmen bewirkt, dass in jeder Viertelstunde der jeweils höchste gezahlte Preis pro Kilowattstunde für alle einspeisenden Anlagen gilt. Daher bestimmten in der Vergangenheit die hohen Gaspreise die Vergütung – Gaspreise, die infolge des Ukrainekriegs beziehungsweise der beendeten Gasimporte aus dem Krieg führenden Russland mittlerweile chronisch sind. Die Mehrgewinne durch diesen Merit-Order-Effekt holen die EU-Länder derzeit durch Erlösobergrenzen insbesondere von den Erneuerbare-Energien-Betreibern zurück.
Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) kritisierte am Dienstag, die EU könnte über das CFD die Erneuerbaren im Stromhandel ins Abseits schieben. Für das zukünftige Stromsystem sei „das planwirtschaftliche Modell der CFD nicht geeignet“. Vielmehr müssten die Erneuerbaren-Anlagen die richtigen Preis- und Marktsignale erhalten, um ihre Erzeugung flexibel für den Bedarf der Stromversorgung und zur Stabilisierung von Spannung und Frequenz im Stromnetz anbieten zu können. Es brauche „eine mengen- statt eine zeitbasierte finanzielle Absicherung des Zubaus von Erneuerbaren“, sagte BEE-Präsidentin Simone Peter.
Ein künftiger Strommarkt müsse vielmehr bessere Preissignale als bisher für eine gezielte flexiblere Einspeisung aus Erneuerbare-Energien-Anlagen senden. Er müsse anregen, dass Investoren und Projektierungsunternehmen flexible Kraftwerke wie Wasserkraft bauten – oder Bioenergie-, grüne Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, aber auch Speicher und Sektorenkopplungsanlagen, beispielsweise Wasserstoff-Elektrolyseure zur emissionsfreien Erzeugung des Energieträgers Wasserstoff mit Grünstrom. Grüner Wasserstoff lässt sich bekanntlich aus als Treibstoff oder für Prozessenergie in industriellen Produktionsanlagen und damit in anderen Energieverbrauchssektoren nutzen als dem Stromsystem. „Diese Preissignale regen dringend erforderliche Investitionen aus dem Markt heraus an. Das können CfD nicht“, sagte Peter. Außerdem könnten die CFD auch akzeptanzschaffenden Vermarktungsmodellen verhindern wie Grünstromprodukte für Bürgerinnen und Bürger mit Beteiligungen an nahe gelegenen Erneuerbare-Energien-Projekten.