Die Verhandlungen laufen: Gestern hat die UN-Klimakonferenz COP 29 in Baku begonnen. Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Frage der Finanzierung von Klimaschäden. Das New Collective Quantified Goal (NCQG) soll regeln, wie reiche Länder die ärmeren bei der Bewältigung der Klimakrise unterstützen. Doch woher soll das Geld kommen?
Es könnte ganz einfach sein: Eine neue Studie unter Beteiligung der Technischen Universität München (TUM) zeigt, dass allein Abschöpfung der Übergewinne von Öl- und Gasunternehmen aus dem Jahr 2022 ausreicht, um die zugesagten Klimafinanzierungen der Industriestaaten für fast fünf Jahre zu decken.
Tatsächliche Gewinne wurden mit Prognosen der Analysten verglichen
Die Forschenden untersuchten die veröffentlichten Gewinne von 93 der weltweit größten Öl- und Gasunternehmen des Krisenjahres, in dem die Energiepreise wegen des Angriffs Russlands auf die Ukraine explodierten und verglichen sie mit den Gewinnerwartungen von Analystinnen und Analysten zu Beginn des Jahres. Dabei stellten sie fest:
„Diese zusätzlich erzielten Profite nur eines Jahres belaufen sich annähernd auf die Summe, die den ärmeren Staaten für einen Fünfjahreszeitraum versprochen wurde“, sagt Studienleiter Florian Egli, Professor für Public Policy for the Green Transition an der TUM.
Staatliche und private Unternehmen profitierten
Angesichts der Verteilung der Übergewinne fiel auf, dass nicht nur private Unternehmen profitierten. 42 Prozent entfielen auf staatlich kontrollierte Firmen, vor allem in Norwegen. Bei privatwirtschaftlichen Unternehmen gingen 51 Prozent und damit 143 Milliarden US-Dollar an US-Firmen, Weitere 37 Prozent entfielen auf Unternehmen in Großbritannien, Frankreich und Kanada. Insgesamt 95 Prozent der Übergewinne fielen privatwirtschaftlichen Unternehmen zu, die aus Ländern mit Klimafinanzierungszusagen stammten.
Als Konsequenz empfehlen die Forschenden nun eine Besteuerung dieser Übergewinne zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen. „Ein internationales Abkommen, diese Gewinne zu besteuern, wäre sicher nicht leicht zu erreichen“, räumt Egli ein. „Aber die Vereinbarung zur globalen Mindeststeuer für Unternehmen, die mehr als 130 Staaten 2023 unter dem Dach der OECD und der G20 getroffen haben, könnte ein Vorbild sein.“ Die Steuern könnten beispielsweise in einen Fonds fließen, sodass auch in Jahren ohne Übergewinne Gelder zur Verfügung stehen. Bislang hatte nach Angaben der TUM die EU 2022 eine vorübergehende Übergewinnsteuer auf fossile Brennstoffe eingeführt, in Großbritannien gilt eine solche Steuer bis 2030.
Tatsächliche Summe der Übergewinne wohl noch deutlich größer
Die Forschenden weisen darauf hin, dass die Gewinne der Branche weltweit noch größer sind als die in der Studie genannten. Denn einige der größten Unternehmen, etwa aus Russland, Iran, Südafrika und Venezuela veröffentlichen ihre Zahlen nicht und konnten deshalb nicht in die Untersuchung einbezogen werden.
„Die Besteuerung von Übergewinnen könnte Investitionen in Öl und Gas eindämmen und auslaufen lassen, einen stabilen und effizienten Markt für saubere Energie aufbauen und dazu beitragen, die Finanzströme mit den Zielen des Pariser Abkommens in Einklang zu bringen“, sagt Studienautor Michael Grubb vom University College London (UCL). „Die Neuausrichtung der Einnahmen aus fossilen Brennstoffen im Einklang mit den Klimazielen sollte als nächstes auf der globalen Agenda stehen.“ (kw)
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