Das laut zukünftigem Betreiber erste mit Stroh befeuerte Heizkraftwerk Deutschlands muss hoch gesteckte Ziele erfüllen: Mit einer Feuerungswärmeleistung von 49,8 MW und einem effizienten Wärmekonzept soll erstmals in diesem Umfang Stroh zur Bereitstellung von Strom und Wärmeenergie genutzt werden. Die aus Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte elektrische Energie wird in das öffentliche Versorgungsnetz eingespeist. Und es ist geplant, die entstehende Wärme als hochwertigen Prozessdampf zur Versorung der energieintensiven Produktionsprozesse der Emsland-Group bei der Stärkegewinnung sowie als Heizwärme zur Einspeisung in ein Nahwärmenetz zu nutzen. So betont der Betreiber, dass Dank einer konsequent wärmegeführten Betriebsweise der Rohstoff Stroh mit einer Effizienz von bis zu 90 % bezogen auf die eingesetzte Primärenergie genutzt wird. Das vom BMU geförderte Projekt verwertet erstmals energetisch landwirtschaftliche Nebenprodukte aus der nahen Umgebung. Denn als Brennstoff wird ausschließlich Stroh (ca. 75.000 t/a) aus dem regionalen Getreideanbau im Umkreis von durchschnittlich 60 km verwendet. Durch die Beteiligung der Landwirte in der Umgebung als Kommanditisten des Strohheizkraftwerks kann das benötigte Heizmaterial sicher bereitgestellt werden. "Nach Frankreich verfügt Deutschland über das größte Strohpotenzial innerhalb der EU", sagt BEKW-Projektleiter Rainer Knieper gegenüber der dapd. Bei einer Ernte von durchschnittlich 42 Millionen Tonnen Getreide fallen demnach in Deutschland jährlich rund 37 Millionen Tonnen Stroh an. "Bei einer Nutzung von etwa einem Fünftel dieser Gesamtmenge ergibt das ein jährliches Strohpotenzial von etwa zehn Millionen Tonnen für die energetische Nutzung."
Das Strohheizkraftwerk zur kombinierten Strom- und Wärmeerzeugung basiert auf dem klassischen Rankine-Prinzip, welches durch die Erzeugung von Dampf in einer Kesselanlage und dessen Entspannung in einer Turbine gekennzeichnet ist. Somit ist der im nachfolgenden Übersichtsschema dargestellte Aufbau weitgehend mit dem eines konventionellen Kraftwerkes identisch.
Die Strohballen werden über eine Brennstoffbrücke vom Strohlager (1) zum Kesselhaus geführt. Am Ende der Förderbänder befinden sich neuentwickelte Ballenauflöser (2), die durch langsame Rotation von stirnseitig angeordneten Schaufeln die Ballen aufreißen. Nach der Einbringung des losen Strohs in den Feuerraum (3) verbrennt dieses auf einem speziellen wassergekühlten Vibrationsrost (4). Die anfallende Asche wird über eine Nassentaschung (5) aus dem Kessel geführt. Die Rauchgase werden zur Minimierung von Emissionen gereinigt (9, 11). Die bei der Verbrennung entstehende Wärme wird im ersten Schritt über die Kesselwandungen (3) zum Verdampfen des Wassers genutzt. Eine Trennung von Speisewasser und Dampf erfolgt in der Dampftrommel, die sich oberhalb des Kessels befindet. In den nachgeschalteten Überhitzern (6) erfolgt eine weitere Überhitzung des Dampfes auf die Endtemperatur von 522 °C. Dieser Dampf wird anschließend zur Dampfturbine (13) geführt, über einen angekoppelten Generator (14) wird elektrische Energie erzeugt. Zum Zwecke der Kraft-Wärme-Kopplung ist die Dampfturbine mit einer geregelten Entnahme für Prozessdampf (14 bar) ausgerüstet. Dieser wird über eine Dampfleitung zur Emsland-Group transportiert.
Technische Kennzahlen:
Feuerungswärmeleistung: 49.800 kW Frischdampfmenge: 66,7 t/h Frischdampfparameter: 522 °C / 112 bar Strohbedarf: ~ 12,5 t/h / ~ 75.000 t/a Nettostromerzeugung: ~ 56.000 MWh/a Wärmenutzung: ~ 215.000 MWh/a Jahresnutzung: 8.000 h
(jw/BEKW)