Wenn die Menschen vor Ort die Vorteile eines Windenergieprojektes selbst erfahren können – sei es durch finanzielle Beteiligung oder regionale Wertschöpfung – dann steigert das die Akzeptanz. Dies ist die Hoffnung all derer, die mit Beteiligungsmodellen, Stiftungen oder regionalem Stromtarif für die Windenergie werben.
Doch ist das überhaupt so? Im Forschungsprojekt Regionale Wertschöpfung und Akzeptanz (Rewa) wollen Wissenschaftler diese Frage beantworten. Erste Ergebnisse stellten sie jetzt beim Zukunftsforum Energie und Klima vor.
Einigkeit, Ausdauer, Kommuniaktion
Insgesamt sechs Kommunen beteiligen sich bei Rewa mit zehn Fallbeispielen. Silvia Scheu-Menzer, Bürgermeisterin aus der Gemeinde Hünfelden, berichtete beim Online-Panel von den Erfahrungen ihrer Kommune mit einem Bürgerwindpark und stellte klare Bedingungen für das Gelingen eines solchen Projektes fest: Einigkeit, Ausdauer und viel Kommunikation. „Sichtbare Veränderungen werden fast immer negativ empfunden“, sagte die Bürgermeisterin. „Da ist es schon fast egal, ob es sich um eine Ampel, eine Bushaltestelle oder eine Windenergieanlage handelt – die erste Reaktion ist immer: Warum hier und nicht woanders?“
Dass sich die Gemeinde trotzdem am das Projekt „Hünfeldener Wald“ aus drei Nordex-Anlagen mit je 4,5 MW Nennleistung wagte, hatte vor allem mit der Einigkeit im Gemeinderat zu tun. „Wir haben das Projekt zu unserem Thema gemacht und alle waren dafür“, so Scheu-Menzer. Neben dem Klimaschutz habe das Thema Wertschöpfung eine große Rolle gespielt, da Hünfelden eine einkommensschwache Kommune sei. „Unser Argument war: Der Windpark rettet unser Schwimmbad.“ Allerdings war ein langer Atem gefragt: Zwischen der ersten Ausweisung des Vorranggebietes im Regionalplanentwurf und der Inbetriebnahme lagen elf Jahre.
327.000 Euro bleiben pro Durchschnittsjahr in der Gemeinde
Doch finanziell hat es sich für die Gemeinde, die über einen Kredit 30 Prozent des Eigenkapitals aufbrachte, gelohnt: Da die bebauten Grundstücke der Kommunen gehören fließen die Pachteinnahmen von gut 140.000 Euro komplett in den Gemeindehaushalt. Insgesamt, rechnete Steven Salecki vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) vor, verblieben rund 327.000 Euro in einem durchschnittlichen Betriebsjahr in der Gemeinde. 80 Prozent davon gehen an die Kommunen, 20 Prozent durch Beteiligung am Windpark an Hünfeldener Bürger, die ebenfalls 30 Prozent des Eigenkapitals aufbrachten.
Um nun die Akzeptanz unter den Bürgern des Ortes zu ermitteln, führte das Institut für Zukunftsenergie und Stoffströme (IZES) qualitative Interviews und eine standardisierte Onlinebefragung von 72 Teilnehmenden durch. Dabei zeigte sich: Obwohl die Gemeinde intensiv über die Beteiligungsmöglichkeiten geworben hatte, wussten in der Befragung 27 Prozent nicht, dass es diese Chance gab. Auch stimmten 25 Prozent der Befragten der Aussage, dass durch regionale Wertschöpfung der Windenergieanlage die Gemeinde gestärkt werde, nicht oder teilweise nicht zu.
Antworten aus allen Kommunen im kommenden Jahr
Zudem wurde das „Nicht-hier“-Phänomen deutlich: Der Aussage: „Alles in allem unterstütze ich die Nutzung von Windenergie“ stimmten lediglich 4 Prozent gar nicht und weitere 4 Prozent eher nicht zu. Die Aussage „„Alles in allem befürworte ich DIESE Windenergieanlagen in meiner Gemeinde“ stimmten dann schon 23 Prozent gar nicht und 9 Prozent eher nicht zu. Und dass, obwohl 95 Prozent der Befragten selbst Mitglied einer Energiegenossenschaft waren.
Was bedeutet das jetzt für den Zusammenhang zwischen Wertschöpfung und Akzeptanz? „Es kann nicht jeder erreicht werden, denn in den Lebensrealitäten der Bürger sind auch andere Themen wichtig“, sagte Irina Rau vom IZES.
Endgültige Ergebnisse will Rewa im kommenden Jahr mit der Auswertung aller Fallbeispiele liefern.
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