In wenigen Tagen, am 3. September, laufen die Schutzmaßnahmen der Europäischen Kommission gegen chinesische Modulimporte aus. Es sieht derzeit eher nicht so aus, als dass Brüssel eine Verlängerung in Betracht zieht. So gibt Milan Nitzschke, Präsident von EU Pro Sun, bekannt, dass die Europäische Kommission plane, eine entsprechende Forderung der Vereinigung der europäischen Modulhersteller abzulehnen, die Dumpingvorwürfe abermals zu prüfen. „Das heißt, am 3. September enden die Antidumpingmaßnahmen“, sagt Nitzschke.
Das Thema spaltet weiterhin die europäische Solarbranche. Während EU Pro Sun die Gefahr aufziehen sieht, dass der Markt mit billiger Ware aus China überschwemmt wird, sind die Projektierer eher froh über das Auslaufen der Zölle. Denn diese sehen in den Strafmaßnahmen einen Grund, dass der Ausbau der Solarenergie in Europa nicht voran kommt, weil die Module mit den Mindestimportpreisen und Schutzzöllen künstlich verteuert werden.
30 Gigawatt warten auf Abnehmer
Tatsächlich ist es nicht von der Hand zu weisen, dass die Hersteller im Reich der Mitte nach dem Auslaufen der Zölle und Mindestimportpreise ihre Lager leer räumen werden. Schließlich sitzen sie derzeit auf der Ware, weil die chinesische Regierung den Heimatmarkt gebremst hat. „Zusätzlich hat die chinesische Regierung am 26. Juni eine neue Exportinitiative gestartet, um die Hersteller, die staatlichen Banken und die Projektentwickler zusammenzubringen, um die Exporte von Solar- und anderen Erneuerbare-Energien-Produkte zu finanzieren und zu organisieren“, sagt Nitzschke. Er geht davon aus, dass in China noch Module mit einer Gesamtleistung von 30 Gigawatt ihre Abnehmer suchen, was immerhin dem Vierfachen der Nachfrage in Europa entspricht. Nitzschke weißt darauf hin, dass sich die USA und Indien, die nach dem Reich der Mitte der zweit- und der drittgrößte Solarmarkt, gegen massive Modulimporte aus China mit Schutzmaßnahmen abgesichert haben und nur der viertgrößte Markt, die EU, die Antidumpingmaßnahmen abschaffen will.
Marktpreise liegen über Mindestimportpreisen
Allerdings bleibt es eine Tatsache, dass die Weltmarktpreise inzwischen die Mindestimportpreise erreicht haben. So gibt die Bremer Onlinehandelsplattform PV Xchange den durchschnittlichen Weltmarktpreis für Module mit hohem Wirkungsgrad mit 0,39 Cent pro Watt an. Monokristalline Module mit schwarzer Rückseitenfolie und schwarzem Rahmen werden momentan mit 0,42 Cent pro Watt gehandelt. Der Mindestimportpreis für monokristalline Module liegt hingegen mit 0,35 Cent pro Watt weit unter dem momentanen Weltmarktpreis.
Das gilt auch für polykristalline Standardmodule. Diese bekommen die Händler und Projektierer derzeit für 0,31 Cent pro Watt. Der Mindestimportpreis liegt hier bei 0,30 Cent pro Watt. „Fallen die Importbeschränkungen weg, drängen allerdings sehr schnell Anbieter mir preiswerter chinesischer Ware auf den europäischen Markt“, sagt Martin Schachinger, Geschäftsführer von PV Xchange. Grund sich die vollen Lager durch die abnehmende Nachfrage in Asien. „Der dadurch ausgelöste Preisrutsch wird zwangsläufig dann zur Abwertung noch existierender Lagerbestände hierzulande führen“, warnt Schachinger. „Selbst ein sprunghafter Anstieg der Binnennachfrage wird die horrenden Modulmengen nicht mehr aufnehmen können. Modulpreise im unteren bis mittleren 20-Cent-Bereich sind dabei im weiteren Jahresverlauf durchaus denkbar.“
Klage angedroht
Das wird für die europäischen Hersteller zur zusätzlichen Belastung. Die Investoren und Planer können sich hingegen auf preiswertere Ware sowohl aus Europa als auch aus China freuen. Die Renditen steigen. Sollte dadurch die Nachfrage anziehen, werden sich allerdings die Modulpreise wieder stabilisieren. „Limitierender Faktor werden dann nur noch die knappen Montagekapazitäten sein“, sagt Martin Schachinger.
Aus diesem Grund fordert auch EU Pro Sun, die Mindestimportpreise zu behalten. „Einige europäische Hersteller erwägen sogar die Möglichkeit, die Kommission mit einer Klage beim Europagericht in Luxemburg herauszufordern“, sagt Milan Nitzschke. Allerdings bestehe dann die Gefahr, dass die Modulpreise stagnieren oder sogar steigen, weil es dann einen Run auf Module gibt, die nicht von den Mindestimportpreisen betroffen sind. „Angeblich hat sich bei den Entwicklern in Deutschland, aber auch in ganz Südeuropa, eine Projektpipeline aufgebaut, die durch die zur Verfügung stehenden nicht-chinesischen Module gar nicht vollständig und termingerecht bedient werden kann“, erklärt Martin Schachinger von PV Xchange. „Die Folge wäre ein Hauen und Stechen um Lieferkapazitäten und -termine, sowie eine schleichende Preisanpassung an das gerade noch akzeptierte Niveau, wie es schon häufig in solchen Situationen zu beobachten war.“ (Sven Ullrich)