Der Swiss Energypark entstand ab 2016 in einem 282 Quadratkilometer umfassenden Gebiet zwischen den Städten St. Imier, Kanton Bern, und Le Noirmont, Kanton Jura. Hier wurden im Laufe der Jahre Photovoltaikanlagen aufgebaut, die insgesamt den Strombedarf der Region zu 20 Prozent decken. Dazu kommt noch der Solarpark auf dem Mont-Soleil, der allein pro Jahr 550 Megawattstunden Strom liefert – beachtlich für eine Anlage, die schon fast 30 Jahre in Betrieb ist. Zusätzlich dazu wurden Windturbinen mit einer Produktionskapazität von etwa 600 Gigawattstunden pro Jahr errichtet. Die fluktuierende Einspeisung dieser Anlagen gleicht das Wasserkraftwerk La Goule am Fluss Doubs aus, das jährlich bis zu 26 Gigawattstunden Strom liefert.
Regelbare Ortsnetztrafos installiert
Alle dies Anlagen sind in einem Mikrogrid zusammengefasst, das die Versorgung der Region übernehmen soll. Dabei helfen regelbare Ortnetztrafos, den Verbrauch auf die Strommenge im Netz abzustimmen. Gemeinsam bilden die Erzeugungsanlagen eine Art Feldlabor für die Energiewende. Hier können Lösungen getestet und implementiert werden, die den Eigenverbrauch und die Eigenversorgung auf Stromnetzebene erhöhen sollen.
125 Gigawattstunden Strom erzeugt
Diese Eigenversorgung der Region gelingt mit den derzeitigen Anlagen zu immerhin 78 Prozent. Im vergangenen Jahr standen 125 Gigawattstunden Ertrag aus den Erzeugungsanlagen einem Verbrauch von 161 Gigawattstunden gegenüber. Doch der Ausbau geht weiter. So ist im vergangenen Jahr die Solarstromproduktion durch private Hauseigentümer um 15 Prozent gestiegen.
Viel Wasser, wenig Sonne
Aber auch das Wetter spielte im vergangenen Jahr gut mit. Zwar kam die Photovoltaik 2021 nicht so gut weg. Denn während das Jahr 2020 durchgängig reich an Sonnenschein war, registrierten die Meteorologen 2021 mit etwa 40 Prozent mehr Niederschlag als im Durchschnitt einen der regenreichsten Sommer seit Beginn der Messungen. Der Herbst hingegen war trocken und sonnig mit rund 40 Prozent weniger Niederschlag.
Produktionsmix hat Vorteile
Die Betreiber des Swiss Energyparks können einen direkten Zusammenhang zwischen den Wetterbedingungen und der Erzeugung erneuerbarer Energien ziehen. Der Produktionsmix erweist sich hier als Vorteil. Denn durch die starken Niederschläge in den Sommermonaten 2021 war die Stromerzeugung des Wasserkraftwerks mit 23 Gigawattstunden besser als in den Jahren zuvor. Sie lag damit ungefähr im Mittel der letzten zehn Jahre und deckte den Bedarf von mehr als 5.100 Haushalten.
Mäßiges Sonnenjahr
Für die Betreiber der Solaranlagen war es hingegen ein Jahr, in dem der Ertrag nur mit Mühe an den Durchschnitt der letzten 30 Jahre herankam. Für das Sonnenkraftwerk auf dem Mont-Soleil erreichte sie 540.000 Kilowattstunden. Doch damit können 120 Haushalte das ganze Jahr über mit Strom versorgt werden.
Viel Wind im Winter
Die Windkraft konnte den größten Teil der Stromversorgung in den Wintermonaten übernehmen, während Wasserkraft im Sommer und die Photovoltaik im Herbst besonders ergiebig waren. Allein das Windkraftwerk Juvent produzierte 2021 rund 78 Gigawattstunden Strom und lag damit erneut mit elf Prozent über den beim Bau abgegebenen Prognosen. Die Windschwankungen im Laufe der Monate waren allerdings sehr groß. So waren der Januar und Februar ziemlich windstark, so dass die Anlagen mit mehr als 30 Prozent über den Prognosen lagen, während sie im Juni nur 70 Prozent der vorhergesagten Strommenge erzeugten.
Komplementäre Struktur zeigt Vorteile
Diese Zahlen zeigen die Vorteile einer komplementären Erzeugungsstruktur mit verschiedenen Technologien und aus unterschiedlichen Energiequellen. Wenn die Wasserkraft in einer regenarmen Periode weniger produziert, ist das eine Zeit, in der die Sonne scheint und die Photovoltaik viel Strom liefert. Auch die Photovoltaik und die Windkraft ergänzen sich gut. Auch die dezentrale Erzeugungsstruktur ist ein großer Vorteil gegenüber der Stromproduktion an zentralen Standorten. Denn dann ist die Versorgung von den Bedingungen an einem Ort abhängig. Dezentral ergänzen sich die Erzeuger gegenseitig.
Netz verbindet die einzelnen Inseln
Allerdings ist diese dezentrale Struktur hin zu teilweise autonomen Zellen auch eine Herausforderung für die Entwicklung des Stromnetzes. „Das Netz der Zukunft wird nicht mehr nur der Elektronenlieferant bis an die Grenzen seiner Verzweigungen sein”, betonen die Berner Kraftwerke (BKW), die am Swiss Energypark beteiligt sind. „Es wird Inseln verbinden, die dank der Entwicklung erneuerbarer Energien einen Teil des von ihnen benötigten Stroms selbst produzieren.”
Netz wird zum Energiespeicher
Allerdings werde der Eigenverbrauch vom Zusammenspiel der wetterabhängigen Ökostromanalagen und des Strombedarfs bestimmt. Aus diesem Grund wird in solchen Strukturen das Netz künftig verstärkt zu einem vorübergehenden Energiespeicher, einer Superbatterie. „Eine erfolgreiche Energiewende erfordert daher die Entwicklung und Integration von Lösungen, die den Eigenverbrauch sowohl auf Kunden- und Zellenebene als auch auf Netzebene steigern”, erklären die BKW. Genau dieses Zusammenspiel zwischen Ökostromproduktion, Netz und Eigenverbrauch ist eines der Forschungsansätze, die mit dem Feldlabor Swiss Energypark verfolgt werden.
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