Der Anteil des Ökostroms, der von Erzeugern direkt verkauft wird, steigt im Februar 2012 im Vergleich zum Vormonat von 13,5 auf 17 GW. Onshore Windenergieanlagen speisen dabei mit über 90 Prozent und rund 15,4 GW fast das gesamte Stromangebot ein. Bei einer Kapazität von 28 GW installierter Leistung an Windkraftanlagen an Land, werden 55 Prozent der Anlagen direkt vermarktet. Das ergibt sich aus den neuen Daten der Übertragungsnetzbetreiber.
Auf Biomasseanlagen entfallen dabei sechs Prozent (1 GW) des direkt vermarkteten Stroms, während Wasserkraft zwei Prozent (0,35 GW) und Photovoltaikanlagen nur 0,5 Prozent (0,01 GW) beisteuern. Jeden Monat können die Betreiber neu entscheiden, ob sie den Strom direkt verkaufen oder eine Vergütung nach Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhalten wollen und müssen das beim Übertragungsnetzbetreiber im Voraus anmelden. Ein Gutachten der Bundesregierung schätzt die zusätzlichen Kosten durch die neue Förderung für den Stromverbraucher auf 200 Millionen Euro pro Jahr.
Handwerkliche Schwächen
Die Einführung einer direkten Vermarktungsmöglichkeit des erneuerbaren Stroms durch die Erzeugungsunternehmen solle aus einem System der reinen Subventionierung herausführen, erklärt Robert Busch, Geschäftsführer beim Bundesverband Neuer Energieanbieter (BNE). Der jetzige Gesetzestext enthalte allerdings noch Anfangsschwächen. „So ist die Managementprämie mit derzeit 1,2 Cent pro Kilowattstunde (KWh) zu hoch angesetzt - das führt zu unnötigen Mehrkosten“, so Busch. Das müsse dringend über den Weg einer Rechtsverordnung nachgebessert werden. „Denn es darf nicht sein, dass der unerlässliche Systemwechsel - weg von Subventionen hin zum Markt - durch handwerkliche Fehler in ein schlechtes Licht gerät“, fordert der BNE-Geschäftsführer.
In dieselbe Kerbe schlägt auch der Ökostromhändler Naturstrom aus Düsseldorf. Die neue Prämie setze bislang bei der Windenergie die falschen Anreize. „Bei Biomasse- und Wasserkraftanlagen hätte dagegen eine höhere Prämie deutlich mehr Sinn ergeben“, sagt Naturstromchef Oliver Hummel. Denn je nach Energieträger unterscheidet sich der Managementbonus erheblich. Während Windkraftanlagen ab diesem Jahr 1,2 Cent und 2015 immerhin noch 0,7 Cent pro KWh erhalten, erhalten Wasserkraft, Biomasse und Geothermie nur 0,3 Cent pro KWh und in drei Jahren 0,28 Cent. Die Anlagenbetreiber gehen kein Risiko durch den Handel ein: Liegt der Börsenpreis plus Managementprämie über der EEG-Vergütung, dürfen sie die Differenz behalten; liegt sie darunter wird im nächsten Monat ein Ausgleich bis zur EEG-Vergütung gezahlt.
Erwartungen an die Vermarktungsquote
Hintergrund: Bereits die Januarzahlen für die neue Vermarktung sorgten für Wirbel – eben gerade durch besonders viel Windenergie. Berechnungen im Vorfeld der EEG-Novelle hätten eine Vermarktungsquote von 40 Prozent erwartet, die nun mit 43 Prozent im Januar ziemlich genau erfüllt werde, beschwichtigte damals Hildegard Müller, Geschäftsführerin des Branchenverbands BDEW. Dass nun mehr als jede zweie Windenergieanlage den Strom direkt verkauft, wird die Diskussion weiter anheizen.
Beim Bundesverband Windenergie (BWE) verfolgt man den steigenden Anteil der Direktvermarktung aufmerksam. Aus Sicht der Politik müsse diese mit einem attraktiven Geschäftsmodell Anreize zur Direktvermarktung setzen, wenn sie beabsichtigt, dass möglichst viele Einsteigen, erörtert die BWE-Vizepräsidentin Sylvia Pilarsky-Grosch. „Wir müssen jedoch genau darauf achten, dass Kosten und Nutzen im Einklang stehen. Noch lässt sich nicht beurteilen, ob das Marktprämienmodell funktioniert und zu einer verbesserten Marktintegration der Windenergie führt“, sagt Pilarsky-Gosch weiter. Aus BWE-Sicht funktioniere die Marktprämie ohnehin nur in Bezug auf eine garantierte EEG-Vergütung. Eine Debatte gegen das EEG mit Hilfe des Marktprämienerfolgs liefe somit ins Leere.
(Niels Hendrik Petersen)