Die Betreiber von Photovoltaikanlagen, die ihren Strom ins Netz einspeisen und dafür die EEG-Vergütung bekommen, können ihre eingespeiste Strommenge selbst ablesen. Sie müssen das nicht kostenpflichtig vom Netzbetreiber machen lassen. Wenn die Anlagenbetreiber selbst messen, dürfen ihnen die Netzbetreiber keine besonderen Vorgaben machen, wie die Ablesung und die Datenübertragung stattfinden muss. Mit dieser Entscheidung stärkt der Bundesgerichtshof die Stellung der Produzenten von Solarstrom gegenüber den Netzbetreibern.
Grundlage des Prozesses in Karlsruhe war eine Missbrauchsverfügung der Landesregulierungsbehörde Baden-Württemberg vom 14. Dezember 2011 gegen die Stadtwerke Gaggenau. Der örtliche Verteilnetzbetreiber hatte von den Betreibern der Solarstromanlagen für die Messung der Einspeisemenge drei Euro monatlich verlangt. Für die Übermittlung der von den Betreibern der Anlagen selbst abgelesenen Daten setzten die Stadtwerke solch hohe formale Vorgaben an, dass die Solarstromproduzenten am Ende doch gezwungen waren, auf die entgeltpflichtige Ablesung durch den Netzbetreiber zurückzugreifen.
Marktbeherrschende Stellung ausgenutzt
Die für die Aufsicht des Strom- und Gasnetzes im Bundesland zuständige Landesregulierungsbehörde hielt diese Praxis für unzulässig. Die Beamten werten es als missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung. Mit der Missbrauchsverfügung untersagt die Behörde die Praxis der Stadtwerke Gaggenau. Dabei stehen nicht grundsätzlich die Entgelte in der Kritik, die das Stadtwerk für die Ablesung der Daten verlangt, sondern dass es den Anlagenbetreibern nahezu unmöglich gemacht wird, das selbst oder durch einen fachkundigen Dritten machen zu lassen.
Auswirkung auf andere Netzbetreiber
Die Entscheidung ist aber grundsätzlich nur auf Photovoltaikanlagen beschränkt, die vor dem 31. Dezember 2011 ans Netz gegangen sind und ausschließlich Strom einspeisen. In Gaggenau sind das insgesamt 800 Generatoren. Werden über die Messstelle sowohl Stromeinspeisung als auch Stromentnahme gemessen, bleibt die Ablesung dem Netzbetreiber vorbehalten. Die Entscheidung kann auch Auswirkungen auf andere Netzbetreiber haben. Die ebenfalls in Baden-Württemberg tätige EnBW Regional will auch Entgelte für die reine Stromeinspeisung von den an ihrem Netz angeschlossenen etwa 100.000 Photovoltaikanlagenbetreibern verlangen. Sie untersteht aber nicht der Landesregulierungsbehörde, sondern als überregional tätiger Netzbetreiber der Bundesnetzagentur. Die ist bisher aber noch nicht tätig geworden, obwohl aus Baden-Württemberg schon der Hinweis eingegangen ist, dass man die Praxis dort für missbräuchlich hält. (Sven Ullrich)