Stromspeicher werden es in Zukunft einfacher haben, am Regelleistungsmarkt teilzunehmen. Denn die Bundesnetzagentur hat ein Machtwort gesprochen und die überzogenen Vorgaben zur Beteiligung von Speichern zurückgewiesen. Das teilt der Bundesverband Energiespeicher (BVES) unter Berufung auf eine entsprechende Entscheidung der Bonner Behörde mit.
Es ging dabei darum, dass die deutschen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) den Betreibern von Großspeichern vorschreiben wollten, dass ihre Systeme mindestens 30 Minuten die vorgegebene Einspeiseleistung halten müssen, um am Primärregelleistungsmarkt teilzunehmen. In den anderen europäischen Märkten gilt hier eine sogenannte Mindestaktivierungszeit von 15 Minuten. So ist es auch in der System Operation Guideline aus dem Jahr 2017 festgelegt, die als EU-Verordnung auch in deutsches Recht umgesetzt werden muss. Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber haben aber für alle Anbieter, konventionell und Batteriespeicher, die ebenfalls mögliche 30-Minuten-Regelung angewandt. Speicherbatterien sollen aus dem Markt gehalten werden, indem die Mindestaktivierungszeit doppelt so lang ist und die Preise für die Regelleistung damit steigen, so dass die Betreiber am Markt nicht zum Zuge kommen.
Regelleistung in Sekundenbruchteilen liefern
Allerdings gibt die EU-Verordnung den Übertragungsnetzbetreibern den Spielraum, selbst einen Zeitraum der Mindestaktivierung von Anlagen festzulegen, um diese für den Primärregelleistungsmarkt zuzulassen. Dieser Zeitraum darf zwischen 15 und 30 Minuten liegen. Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber haben sich für das Maximum entschieden. Die Bundesnetzagentur hat diesem Ansinnen aber jetzt mit ihrer Entscheidung Einhalt geboten.
Die Speicherbranche hat die 15 Minuten für die Primärregelleistung aus Speichersystemen für völlig ausreichend erachtet. Denn nach spätestens fünf Minuten müssen ohnehin die Anbieter von Sekundärregelleistung ihre Anlagen mit der vorgegebenen Leistung hochgefahren haben. Aus diesem Grund ist ein abzudeckender Zeitraum pro Störung von maximal 5 Minuten mehr als ausreichend. Denn dann haben die Übertragungsnetzbetreiber auch noch eine Sicherheitsreserve. Selbst wenn die Speicher nach der Lieferung von Primärregelleistung erst wieder aufgeladen werden müssen, um komplett gefüllt zu sein, können sie drei Mal hintereinander die vollständige Regelleistung liefern, bis jeweils die Sekundärleistung einspringt – und das im Gegensatz zu den konventionellen Kraftwerken innerhalb von Sekundenbruchteilen.
Massive Benachteiligung
Genau das war aber die Argumentation der Übertragungsnetzbetreiber: Dass ein Speicher auf eine solche Verkettung von Störfällen und auf etwaige Großereignisse angeblich nicht reagieren könne. Dieses pauschale Argument hat die Entscheider in der Bundesnetzagentur aber nicht überzeugt. „Vielmehr hätten die Übertragungsnetzbetreiber detailliert darlegen müssen, dass eine größere Dimensionierung von Energiespeichern in der jeweiligen Situation einen Unterschied gemacht hätte“, beschreibt der BVES die Argumentationslinie der Bundesnetzagentur. „Dies gelang ihnen jedoch nicht.“
Die Speicherbranche fordert schon lange, die europäische 15-Minuten-Regelungen umzusetzen, um den Speichern einen diskriminierungsfreien Zugang zum Regelleistungsmarkt zu ermöglichen. Der BVES begrüßt, dass sich die Bundesnetzagentur der Rechtsauffassung der Speicherbranche angeschlossen hat. „Denn die Bestätigung eines gesonderten 30-Minuten-Kriteriums nur für Energiespeicher hätte eine massive Benachteiligung bedeutet, den Grundsatz eines einheitlichen Marktes verletzt und damit den sinnvollen Zugang von Speichertechnologien zum Regelenergiemarkt schwer belastet“, betonen die Branchenvertreter vom BVES. „Wie dem Beschluss in aller Deutlichkeit zu entnehmen ist, wurden die ÜNB den Anforderungen der Bundesnetzagentur, die technische Notwendigkeit einer Vorhaltezeit von 30 Minuten darzulegen und nachzuweisen, nicht gerecht“, ergänzt Florian Valentin, Sprecher der AG Recht und Regulierung des BVES. Er ist Partner der Kanzlei von Bredow Valentin Herz, die verschiedene betroffene Speicherunternehmen in dem Verfahren vor der Bundesnetzagentur gegen den ÜNB-Antrag vertreten hat.
Schadenersatzforderungen angekündigt
Das Ergebnis belege, dass die Vorgehensweise der Übertragungsnetzbetreiber rechtswidrig ist, bei der Zulassung von Speichern zum Regelenergiemarkt die Einhaltung einer 30-Minuten-Vorhaltezeit zu verlangen, ergänzt Urban Windelen, Bundesgeschäftsführer des BVES. „Die ÜNB haben mit diesem Vorgehen über Jahre hinweg ihre Pflicht verletzt, einen diskriminierungsfreien und fairen Marktzugang zu gewährleisten – und sind hierfür auch entsprechend zu kritisieren.“ Er regt sogar an, über Schadenersatzforderungen gegenüber den Übertragungsnetzbetreibern nachzudenken. Schließlich wurde den Betreibern der Speichersysteme durch die überzogenen Anforderungen der Marktzugang erschwert, wodurch ihnen Gewinne entgangen sind. „Mit der 30-Minuten-Regel durch die ÜNB konnten die Speicher nur mit einer reduzierten Leistung am Regelenergiemarkt teilnehmen und nicht ihre volle Leistung vermarkten“, argumentiert der BVES. „Damit ist über die letzten Jahre ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstanden.“