Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) geht mit seiner klaren Haltung gegen das Vorhaben der Bundesregierung, die Solarstromförderung kurzfristig massiv zu kürzen, auf Konfrontationskurs zum Koalitionspartner FDP. Bei der Einweihung des neuen Werks zur Herstellung von organischen Solarmodulen von Heliatek in Dresden am 12. März bezieht Tillich klar Stellung für die weitere Förderung der Photovoltaik, wie sie im EEG bisher vorgesehen ist. „Wir wollen, dass sich die Solarindustrie in Sachsen weiterentwickeln kann, und der Bund muss dafür verlässliche Rahmenbedingungen setzen“, so der Ministerpräsident. Tillich betont, dass der deutschen Solarbranche geholfen werden muss, ihren Technologievorsprung weiter auszubauen. „Wir müssen uns gegen außereuropäische Hersteller wehren, die mit subventionierten Preisen den Wettbewerb kaputt machen“, sagt er. Der sächsische Regierungschef schlägt deshalb einen Technologiebonus vor. Betreiber von Photovoltaikanlagen, die europäische Produkte verwenden, sollten eine höhere Einspeisevergütung bekommen. Außerdem sollte der Eigenverbrauch weiter gefördert werden, indem man die Vergütung höher ansetzt, wenn die Anlage mit einem Energiespeicher verbunden ist.
FDP setzt auf höheren Absatz durch Innovation
Meinungsverschiedenheiten mit dem Koalitionspartner sieht der Ministerpräsident indes nicht. „Wir haben eine gemeinsame Position“, betont Tillich mit Blick auf die FDP in Sachsen. Die Liberalen im sächsischen Landtag stehen aber in der anderen Ecke. Sie begrüßen den Vorstoß von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Der Wirtschaftsminister des Freistaates Sven Morlok (FDP) unterstützte den Entwurf der Bundesregierung von Anfang an. „Um eine unverhältnismäßige Zunahme von Photovoltaikanlagen und damit eine Belastung des Strompreises für Haushalts- und Industriekunden zu vermeiden, sind die Kürzungen unausweichlich“, sagte Morlok schon Ende Februar. „Ich begrüße die Entscheidung, das Marktvolumen konstant zu halten.“ Er verweist auf den hohen Zubau von 7,5 Gigawatt im letzten Jahr, der mehr als doppelt so hoch war wie geplant. Morlok plädiert für einen neuen Ansatz der Photovoltaikförderung, die nicht mehr auf die Einspeisevergütung setzt, sondern auf Innovation und Ausbau des Technologievorsprungs. „Deshalb hat der Bund sein Energieforschungsprogramm auch stark aufgestockt und stellt bis 2014 3,4 Milliarden Euro zur Verfügung“, betont der Wirtschaftsminister. „Die Photovoltaikindustrie muss die Mittel schnell und unbürokratisch für die Forschung und Entwicklung neuer Technologien nutzen. Denn je effizienter eine Anlage ist, desto besser sind die Absatzchancen der Hersteller.“ Morlok übersieht dabei die Tatsache, dass die Installation von effizienten Anlagen bei der Vergütung von nur 85 bis 90 Prozent des erzeugten Stroms für den Investor nicht rentabel ist, wenn die Vergütung auf die installierte Spitzenleistung statt auf die tatsächlich eingespeiste Strommenge berechnet wird.
Spät, aber nicht zu spät
Unterstützung bekommt der Wirtschaftsminister von Torsten Herbst, Generalsekretär der FDP in Sachsen. Der betont, die Kürzungen seinen ein Schritt in die richtige Richtung, um die Stromkosten nicht weiter in die Höhe zu treiben. „In Sachsen ist allein im vergangenen Jahr durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz Kaufkraft in Höhe von 150 Millionen Euro verloren gegangen“, sagt Herbst. Die von den Verbrauchern und Unternehmen im Freistaat mitgetragene Solarförderung fließe außerdem in andere Bundesländer wie Bayern.
Die Linken als zweitgrößte Fraktion im sächsischen Landesparlament stehen in der Frage der Solarförderung klar hinter dem Ministerpräsidenten. „Tillichs Schritt kommt spät, aber nicht zu spät“, sagt die energiepolitische Sprecherin der Linken Monika Runge. Auch der Vorschlag, einen Technologiebonus nach französischem oder italienischem Vorbild einzuführen, stößt auf das Wohlwollen der Linken. „Dort werden die Vergütungssätze um zehn Prozent angehoben, wenn die Ware überwiegend in Europa hergestellt wird“, sagt Runge. Das käme auch den auch in Sachsen den heimischen Produzenten zugute.
Auch die Grünen begrüßen, dass Tillich endlich für die Solarenergie und die sächsischen Solarunternehmen Stellung bezogen hat. Sie fordern ihn auf, sich gegen die Begrenzung des jährlichen Zubaus von durchschnittlich 2,5 Gigawatt und die Begrenzung der Vergütung des eingespeisten Stroms auf 85 bis 90 Prozent zu wenden. „Andernfalls sind die Ziel der Bundesregierung zum Ausbau der Photovoltaik nicht zu erreichen“, sagt Johannes Lichdi, energiepolitischer Sprecher der Grünen im sächsischen Landtag.
Das Zünglein an der Waage
Tatsächlich kommt der Vorstoß von Stanislaw Tillich überraschend und spät, denn schon am 27. Februar hatten die Grünen im Landtag in Dresden einen Antrag eingebracht, in dem sie die Regierung aufforderten, sich gegen die Kürzungen zur Wehr zu setzen. Immerhin arbeiten in Sachsen inzwischen etwa 6.500 Menschen in der Solarindustrie, rechnet Johannes Lichdi vor. Diesen Antrag hat das Parlament allerdings mit den Stimmen der Koalitionsfraktion abgelehnt.
In den Nachbarländern Sachsen-Anhalt und Thüringen stehen die Landesregierungen klar hinter der Solarförderung und auch die CSU in Bayern hat angekündigt, die von der Bundesregierung initiierte EEG-Novelle nicht mittragen zu wollen. Auch die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat schon die Ablehnung der Änderungen signalisiert, so dass die schwarz-gelbe Koalition in Berlin kaum mit einem positiven Votum im Bundesrat rechnen kann. Doch da das Gesetz im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig ist, kann das Ländergremium die Novelle nur mit einer Zweidrittelmehrheit stoppen. Denn dann würde nach einem Vermittlungsverfahren das Gesetz wieder in den Bundestag verwiesen, der dann entweder mit Zweidrittel- oder mit Kanzlermehrheit abstimmen müsste. Hier könnten die sächsischen Stimmen das Zünglein an der Waage sein. Immerhin hat die schwarz-gelbe Bundesregierung auch im Bundesrat noch eine knappe Mehrheit von 36 von 69 Stimmen. Sollten alle Länder, die bisher klar ihre Ablehnung der EEG-Novelle signalisiert haben, bei ihrem Votum bleiben, läge der Stimmenanteil der Gegner der Kürzung der Solarstromförderung mit 46 Stimmen genau bei zwei Dritteln. Sollte aber nur ein Land mit einer bürgerlichen Regierung ausscheren, käme es tatsächlich auf die Stimmen aus Sachsen an. (Sven Ullrich)