Im größten Freistaat der Welt, da halten sie zusammen. Zumindest bisher. Doch unter den bayerischen Solarfirmen macht sich zunehmend Unmut breit. „Wir befürchten einen Markteinbruch von 75 Prozent, sollte diese Gesetzesinitiative nicht verhindert oder wenigstens drastisch angepasst werden“, sagt Helmut Zeltner, Gründer und Geschäftsführer von Frankensolar in Nürnberg. Das Unternehmen ist als Großhändler für Photovoltaik tätig und beliefert Installateure in Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und Hessen. „Mit dem Beschluss einer zusätzlichen und so kurzfristigen Absenkung werden die Unternehmen der Solarbranche in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht. Tausende Arbeitsplätze der Branche sind in Gefahr.“ Seine Hoffnungen, das Solarausstiegsgesetz über die Landesregierung in München und bayerische Bundestagsabgeordnete zu kippen, wurden bisher herb enttäuscht.
Seehofers Kritik – ein Bluff?
Dabei hatte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer noch Ende Februar kritisiert: „Eine zu abrupte und drastische Kürzung bringt die Gefahr schwerer Marktverwerfungen und bedeutet den Verlust wertvoller Arbeitsplätze in einer hochmodernen Branche.“ In Bayern gibt es Regionen, die im Sommer bereits dreimal mehr Solarstrom einspeisen, als sie Strom aus dem Netz verbrauchen. Auch Georg Nüßlein, energiepolitischer Sprecher der CSU-Fraktion im Bundestag, hatte im Februar gefordert, intelligente Steuermechanismen einzuführen, die den „atmenden Deckel“ flankieren sollten. Denkbar sei etwa eine „Local-Content-Regelung“, die auf inländische und europäische Modulhersteller abziele und der „Schwemme von Modulen aus dem chinesischen Markt entgegentreten“ könnte, sagte Nüßlein seinerzeit. Außerdem sollte es aus Sicht der CSU mehr Anreize für Speicher geben. „Die derzeit noch relativ hohen Investitionskosten bei Kleinstspeichern werden nach einer breiten Markteinführung voraussichtlich schnell abflachen“, hatte Nüßlein gesagt. „So sollte die Eigenverbrauchsförderung in absehbarer Zeit an eine Speicherauflage geknüpft werden. Außerdem muss planbar dargelegt werden, wann Dachanlagen nur noch mit verbundenen Speichern eine Vergütung nach dem Erneuerbare Energien-Gesetz erhalten.“
Eigenverbrauch wird nicht mehr gefördert
Im Gesetzentwurf der Fraktionen, der am Dienstag veröffentlicht wurde, findet sich von alldem nichts. Im Gegenteil: Die Förderung des Eigenverbrauchs soll gänzlich entfallen. Die geplante Novelle verordnet der Photovoltaikbranche lediglich zusätzliche Kürzungen bei der Einspeisevergütung. Der Anlagenbegriff wird neu definiert, um den Zubau von großen Solarparks zu erschweren. Denn sie müssen künftig einen Abstand von mindestens vier Kilometern Luftlinie zueinander haben, um überhaupt noch vergütungsfähig zu sein. Anlagen ab zehn Megawatt werden gar nicht mehr gefördert, obwohl sie nachweislich das Netz durch Blindleistung entlasten können (auch nachts) und die fluktuierende Einspeisung aus vielen Kleinanlagen glätten. Und bislang gab es aus München keinen Protest dagegen, dass die Bundesländer auch weiterhin nicht an der Neufassung des EEG beteiligt werden.
Angst vor dem Bruch der Koalition?
Ganz offenbar liegt die CSU an der Leine der FDP, denn Widerstand gegen die überzogene Kürzung der Einspeisetarife aus den eigenen Reihen könnte die schwarzgelbe Koalition in Berlin gefährden. Nun steht die Glaubwürdigkeit der CSU im eigenen Land auf dem Prüfstand, denn im Sonnenland Bayern sind allein rund 8.000 Installateure mit Photovoltaik beschäftigt. Als Horst Seehofer im November 2011 die Firma Belectric in Kolitzheim bei Schweinfurt besuchte, hatte er Landrat Harald Leitherer, Staatsinnensekretär Gerhard Eck und weitere Abgeordnete aus der Region im Schlepp. Damals lobte Seehofer den Erfindungsgeist der Franken in der Speichertechnik und der Netzstabilisierung. „Belectric ist ein bayerisches Vorzeigeunternehmen“, sagte er. „Es nimmt eine sehr zentrale Rolle bei der Energiewende ein, da es auf allen Weltmärkten zu Hause ist.“ Belectric ist der weltgrößte Projektierer von Solarkraftwerken. Allein 2011 brachten die Franken weltweit rund 391 Megawatt Solarleistung an die Stromnetze.
Auch Blindleistung vergüten
Geschäftsführer Bernhard Beck hatte Anfang März gefordert, für alle Solaranlagen – Dachanlagen und Solarparks – eine einheitliche Einspeisevergütung von 15 Cent je Kilowattstunde ins EEG zu schreiben und die monatliche Degression auf ein halbes Prozent festzusetzen. „Wir halten die Kürzungspläne in Bezug auf das Segment der Freiflächen-Solarkraftwerke für inakzeptabel und bringen mit dem EEG-Einheitstarif ein Alternativmodell in die Debatte ein“, sagte Beck. So würden die Investitionen in Solarkraftwerke nicht gefährdet, hohe Kosten für den Netzausbau gespart und die EEG-Umlage begrenzt. Beck hatte auch angeregt, die Einspeisung von Blindleistung aus großen Zentralwechselrichtern zu vergüten. Diesen Vorschlag will nun der CSU-Abgeordnete Josef Göppel in die weiteren parlamentarischen Beratungen im Bundestag einbringen. Es bleibt abzuwarten, welche Unterstützung er von den anderen Abgeordneten aus dem Sonnenstaat Bayern erhält. (Heiko Schwarzburger)