„Die Hallen haben bei 150 km/h erstaunlich gut gehalten“, kommentiert Catrin Petersen, Leiterin Kommunikation amp; Marketing beim Husumer Planer WKN, den Sturm vom zweiten Messetag in Husum. Das Krisenmanagement der Messe sei zudem beachtlich gewesen. Sie habe aber durchaus schon stärkere Stürme in der Region erlebt: „Solange die Schafe noch Locken haben, ist das nicht so wild.“ WKN hat einen Stand in Halle 5, der einzigen aus Stein, Stahl und Glas robust gebauten Ausstellerhalle. Als die anderen Hallen wegen Sturms geschlossen wurden, drängten sich die Gäste in Halle 5. „Man wurde fast überrannt“, so Petersen. Sie erinnert aber auch daran, dass es auf Windmesse in der Vergangenheit bereits reichlich Pannen gab: „Bei der EWEA in Warschau fielen die Flieger wegen Flugasche aus, in Marseille legte ein Generalstreik alles lahm. Die EWEA in Paris war von den Anschlägen überschattet, die sich dort kurz zuvor ereignet hatten: Viele Windleute sagten ihre Teilnahme ab.
Sturmzeit gut genutzt
Man habe eben einen halben Messetag verloren, so Dörte Nölting, Bereichsleiterin für kaufmännisches Windpark-Management von Abo Wind: „Heute knubbelt sich alles, was gestern ausgefallen ist.“ Es sei einfach schade um die wertvolle Zeit. Tobias van der Linde, Leiter Kommunikation beim Getriebehersteller Winergy, sagt, sein Unternehmen habe den Zeit des Sturms bestmöglich genutzt: „Wir haben ein spontanes Team-Event im Hotel gemacht.“
Ein Wort in eigener Sache: Auch das Magazin ERNEUERBARE ENERGIEN hatte den Sturm auf der Husum Wind zu spüren bekommen. Wir hatten für den Messe-Mittwoch zum Mittagstalk unter anderem mit Enercon-Chef Kettwig, BEE-Geschäftsführer Röttgen sowie den Chefs von Ostwind, Arge Netz, Enertrag und LEE NRW eingeladen. Die Podiumsdiskussion musste abgeblasen werden. Wir überlegen uns, wie wir die Runde nachholen.
Am heutigen Messe-Donnerstag ging der Betrieb dann reibungslos weiter - zwar mit Wind und Regen, aber ohne Orkan. Entsprechend wendete man sich in den Messehallen wieder den Alltagsfragen zu: PNE-Wind-Sprecher Rainer Heinsohn erläuterte am Messestand seine Meinung zu den Onshore-Ausschreibungen: Die Fehler im System seien deutlich ersichtlich. „Eine BImschG-Genehmigung und Pay-as-Bid sollten für alle Teilnehmer gelten.“ Leider sei aber die Bindung an den gesetzten Gebotspreis nicht mal ein Thema, das die Verbände unterstützen. Durch diese Bindung ließe sich ein Preispoker vermeiden, der sich darauf stützt, dass Bürgerenergiegesellschaften am Ende zum höchsten Gebotspreis bauen können, der einen Zuschlag bekommen hat. Sprich: Ich bin Bürger und gehen mit Null Cent ins Rennen, weil ich weiß, die anderen werden ordentlich darüber liegen – diese Denkweise würde ausscheiden, weil jeder für seine Gebote verantwortlich wäre.
Pay-as-Bid
Heinsohn schlägt außerdem vor, dass die Fähigkeiten zu Systemdienstleistungen wie Blindleistungsbereitstellung einen Bonus erhalten müssten. „Kraftwerke bekommen dafür ja auch einen Bonus“, begründet er. Als international aktives Unternehmen hat PNE bereits in vielen Märkten Erfahrungen mit Ausschreibungen gemacht, laut Heinsohn funktionieren die Systeme in Frankreich und Großbritannien sehr gut. „Aber auch das Stromabnahme-System der PPA in den USA in Kombination mit dem Steuervorteil PTC klappt gut“, so der PNE-Mann. In Deutschland seien CO2-Zertifikate überfällig, um einen Ausgleich für die Erneuerbaren gegenüber Fossilen zu schaffen.
Volker Schulz von der Unternehmensberatung Mercuri Urval erwartet aufgrund einer schrumpfenden Auftragspipeline einen Stellenabbau bei den Herstellern. Nordex und Senvion haben das bereits angekündigt. Schulz hält es aber auch für möglich, dass Siemens/Gamesa Synergien durch den Zusammenschluss nutzen, um auch personell Kosten einzusparen. Enercon-Chef Hans-Dieter Kettwig sagt, seine Zielsetzung sei es, auch unter den verschärften Marktbedingungen wettbewerbsfähig zu sein und Arbeitsplätze im Unternehmen langfristig zu sichern. „Durch die Ergebnisse der ersten Ausschreibungsrunden ist in unserem wichtigen Heimatmarkt allerdings eine starke Verunsicherung ob der Jahre 2019 folgend entstanden. Die sich jetzt offenbarenden handwerklichen Fehler im Ausschreibungsdesign bewirken einen erheblichen Einbruch des Windzubaus in den nächsten Jahren. Dies beunruhigt auch uns.“ Enercon müsse sich daher kontinuierlich effizienter und kostengünstiger aufstellen und unterziehe daher alle Bereiche einer fortlaufenden Prüfung. „Auch einschneidende Maßnahmen können wir aufgrund der massiven Herausforderungen, vor denen wir und die gesamte Branche stehen, nicht mehr ausschließen“, so der Enercon-Geschäftsführer. Diese Entwicklung zeige, dass die Erneuerbaren im Industriezeitalter mit allen Vor- und Nachteilen angekommen sind. „Mit unserer hauseigenen Innovationskraft und nachhaltig ausgerichteten Unternehmensstrategie nehmen wir diese Herausforderungen an und werden uns weiterhin stark für die Energiewende in Deutschland und weltweit einsetzen.“
(Nicole Weinhold)