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Fraunhofer IEE testet Unterwasser-Energiespeicher vor der US-Küste

Kann das Prinzip von Pumpspeicherkraftwerken auch unter Wasser funktionieren? Das Fraunhofer IEE erprobt mit dem Projekt „StEnSea“ diese Speichertechnologie mit hohlen Betonkugeln – und rechnet mit riesigem Potenzial. Nach einem erfolgreichen Feldtest im Bodensee mit einer Drei-Meter-Kugel bereiten die Forschenden zusammen mit Partnern die Installation eines Neun-Meter-Prototyps vor Long Beach (Kalifornien), heißt es in einer Presseinformation des IEE.

Eine Unterwasser-Motorpumpe sorgt für Be- und Entladung des Speichers

Kern des Pilotprojektes ist die hohle Betonkugel mit neun Metern Durchmesser und einem Gewicht von 400 Tonnen, die in einer Tiefe von 500 bis 600 Metern verankert wird. Sie bekommt oben eine Öffnung, in den eine Unterwasser-Motorpumpe, auch Pumpturbine genannt, in einem Rohr eingelassen wird. Wird ein Ventil geöffnet, strömt Wasser durch das Rohr in die Kugel. Die integrierte Pumpe läuft dabei rückwärts und arbeitet als Turbine. Das Wasser treibt den Motor an, so dass Strom erzeugt wird. Damit wird der Speicher entladen. Soll Energie gespeichert werden, pumpt die Motorpumpe das Wasser gegen den Druck des umgebenden Wassers wieder aus der Kugel. Anschließend kann der Zyklus erneut beginnen. Der Prototyp erreicht eine Leistung von 0,5 Megawatt und eine Kapazität von 0,4 Megawattstunden.

Laden: Mithilfe einer elektrisch angetriebenen Pumpturbine wird das Wasser aus der Kugel herausgepumpt | Entladen: Das Wasser strömt zurück in die leere Kugel, wodurch die Pumpturbine rückwärtslaufend als Turbine betrieben wird und über einen Generator Strom erzeugt.

Fraunhofer IEE

Laden: Mithilfe einer elektrisch angetriebenen Pumpturbine wird das Wasser aus der Kugel herausgepumpt | Entladen: Das Wasser strömt zurück in die leere Kugel, wodurch die Pumpturbine rückwärtslaufend als Turbine betrieben wird und über einen Generator Strom erzeugt.

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Die Technologie adressiert ein entscheidendes Problem: Pumpspeicherkraftwerke an Land stoßen weltweit an ihre Ausbaugrenzen. Der Meeresgrund biete eine flexible und akzeptanzstarke Alternative ohne geografische Einschränkungen, so die Wissenschaftler. Berechnungen der Fraunhofer-Forschenden zufolge ist das globale Speicherpotenzial der Technologie enorm: Weltweit könnten 817.000 Gigawattstunden Kapazität erschlossen werden. An den zehn besten europäischen Standorten sind es immer noch 166.000 Gigawattstunden. Zum Vergleich: Die Kapazität der bestehenden deutschen Pumpspeicher-Kraftwerke an Land beträgt gerade einmal knapp 40 Gigawattstunden.

Bis Ende 2026 soll der Prototyp betriebsbereit sein

Die Küstentiefe zwischen 600 und 800 Metern eigne sich besonders gut, um Parameter wie Druck und Kugelgewicht wirtschaftlich zu optimieren, hieß es weiter. Die geplanten Tests vor Kalifornien sollen die Skalierbarkeit der Technologie hin zu Speichern mit 30 Metern Durchmesser evaluieren. Bis Ende 2026 soll der Prototyp betriebsbereit sein. „Mit dem Testlauf an der US-Küste machen wir einen entscheidenden Schritt zur Skalierung und Kommerzialisierung dieser Speicherlösung für die globale Energiewende“, erklärt Dr. Bernhard Ernst, Senior Projekt Manager am Fraunhofer IEE.

StEnSea-Anwendungsbeispiel.

Hochtief

StEnSea-Anwendungsbeispiel.

Speicherkosten: 4,6 Cent pro Kilowattstunde

Die Speicherkosten setzen die Forschenden des Fraunhofer IEE mit rund 4,6 Cent pro Kilowattstunde an, die Investitionskosten mit 1.354 Euro pro Kilowatt Leistung und 158 Euro pro Kilowattstunde Kapazität. Die Lebensdauer der Betonkugel liege bei 50 bis60 Jahren, hieß es. Nach jeweils 20 Jahren müssten Pumpturbine und Generator getauscht werden. Die Effizienz liegt laut Fraunhofer IEE bezogen auf einen ganzen Speicherzyklus mit 75 bis 80 Prozent etwas niedriger als bei einem klassischen Pumpspeicher-Kraftwerk. Diese Rechnung basiert auf einem Speicherpark mit sechs Kugeln, einer Gesamtleistung von 30 Megawatt und einer Kapazität von 120 Megawattstunden sowie 520 Speicherzyklen pro Jahr.

Die StEnSea-Kugelspeicher eigneten sich vor allem für zwei Geschäftsmodelle: zum einen für Arbitrage-Geschäfts, also den Kauf von Strom bei niedrigen und den Verkauf bei hohen Börsenpreisen – und zum anderen für die Bereitstellung von Regelreserve, mit der Netzbetreiber die Stromnetze stabilisieren. (kw)

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