In Europa werden derzeit die Produktionskapazitäten für Batteriezellen ausgebaut. Bis 2030 werden im Vergleich zum derzeitigen Stand zehn Mal mehr Kapazitäten zur Verfügung stehen. Dies ist das Ergebnis einer Analyse der Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI), die sie in ihrer aktuellen Prognose erstellt haben. So könnten laut aktuellen Zahlen am Ende des Jahrzehnts in Europa die Produktionskapazitäten auf bis zu 1,5 Terawattstunden ansteigen. Davon werden in Deutschland dann jährlich Batteriezellen mit einer Kapazität von knapp 400 Gigawattstunden produziert. Das wäre mit einem Viertel der angekündigten Zellkapazität der größte Anteil an neuen Produktionsstätten in ganz Europa.
Verkehrssektor treibt die Nachfrage
Die Forscher führen den Ausbau auf die große Nachfrage vor allem aus der Automobilindustrie zurück. Denn die Batterietechnologien spielen in der Energiewende zwar nicht nur im Verkehrssektor eine zentrale Rolle. Doch hier wird sich schneller ein Massenmarkt entwickeln, da die Autoindustrie zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen schwerpunktmäßig auf batterieelektrische Antriebe setzt. Aber auch stationäre Stromspeicher werden immer wichtiger. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf batteriebasierten Ansätzen. Diese schnell wachsenden Märkte erfordern wiederum einen raschen Aufbau von Produktionskapazitäten, um die Nachfrage aus den verschiedensten Sektoren decken zu können.
Investoren aus Europa und Asien
Bisher kommen die meisten Lithiumionen-Batterien aus China, Japan und Südkorea. Doch die Forscher beobachten seit einigen Jahren auch in Europa zunehmende Bemühungen, große Batteriezellfabriken – oft im Gigawattstundenmaßstab – aufzubauen. Die asiatischen Hersteller lassen sich das Batteriegeschäft in Europa aber nicht entgehen. Denn neben neuen europäischen Unternehmen, die umfangreich in die Zellherstellung investieren und diese bereits umsetzen, expandieren auch viele etablierte asiatische Zellhersteller wie CATL aus China, Samsung SDI und LGES aus Südkorea nach Europa. Dazu kommen noch die Kapazitäten, die der amerikanische Hersteller Tesla aufbaut oder bereits betreibt. Insgesamt haben die Forscher mehr als 40 Zellhersteller identifiziert, die angekündigt haben, Batteriefabriken in Europa aufzubauen. Diese werden in mindestens 15 verschiedenen europäischen Ländern entstehen.
Zwischenschritt: 500 Gigawattstunden bis 2025
Entsprechend schnell wird der Ausbau gehen. Schon für das Jahr 2022 prognostizieren die Analysten auf Basis der Ankündigungen der Hersteller, dass die Produktionskapazitäten bis zu 124 Gigawattstunden erreichen werden. Bis 2025 werden sich diese voraussichtlich auf über 500 Gigawattstunden vervierfachen, bevor bis 2030 die prognostizierten 1,5 Terawattstunden erreicht sind.
Ein Viertel der Kapazitäten in Europa
Insgesamt werden damit bis Ende dieses Jahrzehnts etwa ein Viertel der weltweit angekündigten Produktionskapazitäten in Europa entstehen. „Dieser rasante Aufbau wird maßgeblich durch europäische Akteure wie Northvolt, VW und ACC getrieben“ weiß Lukas Weymann, der am Fraunhofer ISI zu Batteriethemen forscht und die Angaben der Hersteller analysiert hat. „Allein die drei Genannten haben gemeinsam ungefähr ein Drittel der europäischen Zellproduktionskapazitäten angekündigt.“ So baut Northvolt neben zwei großen Zellfabriken in Schweden auch eine Gigafabrik in Heide im Westen von Schleswig-Holstein. Deren Bau soll im nächsten Jahr beginnen. Auch VW plant eine Fabrik in Salzgitter und eine weitere in der Nähe von Valencia in Spanien.
40 Gigawattstunde pro Fabrik
Drei weitere Zellfabriken sind ebenfalls noch in der Planung, deren Standorte aber Lukas Weymann zufolge noch nicht feststehen. Am Ende könnte jedes der fünf Werke von VW eine maximale Produktionskapazität von 40 Gigawattstunden erreichen. Auch die europäischen Autohersteller Mecedes-Benz und Stellantis haben gemeinsam mit dem französischen Batteriehersteller Saft die Automotive Cells Company (ACC) gegründet. Diese hat den Bau von Gigafabriken in Deutschland, Frankreich und Italien angekündigt hat. (su)
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