Während sich anderswo die Menschen schon an der wärmenden Frühlingssonne erfreuen, wird auf dem Pilztaler Gletscher in Tirol noch Ski gefahren. Die Saison geht hier mit Mitte Mai. So lange werden die Lifte betrieben und bringen die Skifahrer bis in über 3.000 Meter Höhe. Das kostet viel Strom, der jetzt von einer neu installierten Photovoltaikanlage produziert wird.
Die Projektierer von Ehoch2 Energy Engineering aus dem 30 Kilometer entfernten Tiroler Örtchen Mötz haben das gesamte System geplant. Die Module kommen von Energetica aus Klagenfurt im benachbarten Bundesland Kärnten. Über 3.360 der Paneele haben die Installateure auf einer speziellen Unterkonstruktion montiert. Denn die Photovoltaikanlage auf dem Pilztaler Gletscher sollte mit einem möglichst geringen Eingriff in die Natur entstehen. Deshalb haben die Tiroler die Module auf ein Fachwerkträgersystem mit einer Höhe von vier Metern gebaut. Die Pfosten des Gestellsystems stehen auf speziellen Ankern, die fünf bis sechs Meter tief in den Fels getrieben wurden. Dadurch haben sich die Planer Schwerlastfundamente oder ähnliche Systeme erspart.
Schnee mit der Sonne produzieren
Eine zweite Anlage wurde am sogenannten Snowmaker installiert, die gleich neben der Bergstation eines der Sessellifts steht. Das ist ein Kunstschneegenerator, der die weiße Pracht auch noch bei Temperaturen von bis zu 30 Grad Celsius über dem Gefrierpunkt produziert, dann wenn die normalen Schneekanonen nicht mehr mitkommen. Es ist aber nicht nur dazu gedacht, die Saison zu verlängern, sondern das Risiko zu minimieren, das durch den Klimawandel auch in den Tiroler Bergen angekommen ist: den Schneemangel im Winter aufgrund der Erderwärmung und das Abschmelzen des Gletschers. Um die Spirale zu durchbrechen, dass der Klimawandel mit solchen Systemen noch weiter angeheizt wird und zur weiteren Erderwärmung führt, wird der Snowmaker jetzt mit dem Strom aus den 140 am Gebäude installierten Solaranlagen betrieben.
40 Prozent mehr Ertrag
Insgesamt können die 3.504 neu installierten Module ein Drittel des Energieverbrauchs im Skigebiet abdecken. Aufgrund der besonderen Bedingungen liegt der Ertrag bei stattlichen 1.450 Kilowattstunden pro Kilowatt installierter Leistung. Diese hohe Ausbeute beruht auf drei Faktoren. Zum einen ist in der Höhe von fast 3.000 Metern, auf der die Analgen installiert sind, die Sonneneinstrahlung ohnehin größer. Dazu kommt noch die niedrige Temperatur, wodurch die kristallinen Module mehr Strom produzieren. Ein dritter Faktor ist er sogenannte Albedoeffekt. Denn die Solarzellen nutzen nicht nur die direkte Sonnenstrahlung zur Stromproduktion, sondern auch das Licht, das vom Schnee reflektiert wird. Vor allem dieser Effekt lässt zusammen mit den beiden anderen Standortvorteilen den Ertrag um 40 Prozent im Vergleich zu Solaranlagen steigen, die im Tal installiert sind. „Dies bestätigen diverse Testanlagen, die an diesem Standort bereits über ein Jahr betrieben werden“, betonen die Planer von Ehoch 2 Energy Engineering.
Leistungsoptimierer vereinfachen die Wartung
Allerdings mussten die Planer und Installateure aufgrund des Standorts auch einige Herausforderungen meistern. Zum einen ist die Belastung der Module durch Schnee und Wind besonders hoch. Eine Flächenbelastbarkeit von über 8.000 Pascal war eine Grundvoraussetzung fpr die Auswahl des richtigen Modulherstellers“, begründet Ehoch 2 die Entscheidung, die Paneele von Energetica zu nehmen. Eine zweite Herausforderung ist die Wartung der Systeme. Auf der einen Seite kann nicht ständig ein Mitarbeiter zur Anlage aufsteigen, wenn ein Modul ein Problem hat. Zudem ist die Wartung der Module in einer Höhe von vier Metern nicht ganz einfach. Deshalb haben die Planer die gesamte Anlage mit 1.752 Leistungsoptimierern von Solar Edge ausgestattet. Jeweils zwei der Paneele werden von einem Optimierer gesteuert, der eine Leistungsaufnahme von 700 Watt hat. „Einzelausfälle oder Leistungsschwankungen haben dabei keinen Einfluss auf die Gesamtanlage, und über das Monitoringsystem auf Modulebene können Wartungseinsätze Modulgenau geplant und ausgeführt werden“, begründet Ehoch 2 diese Entscheidung. (Sven Ullrich)