Der Stromhandel zwischen privaten Energieproduzenten und Stromverbrauchern kann mit einfachen rechtlichen und energiewirtschaftlichen Regelungen möglich werden. Das hätte zudem einen riesigen Effekt auf die Energiewende, die schließlich ein dezentrales Versorgungssystem zum Ziel hat. Das ist die zentrale Aussage eines Impulspapiers, das Energy Brainpool im Auftrag des Bündnisses Bürgerenergie (BBE) erstellt hat.
So ist der Stromhandel zwischen einem Betreiber einer Solar- oder Windkraftanlage und seinen Nachbarn technisch längst gelöst. Allerdings stehen einem solchen Modell riesige administrative Hürden im Wege. Denn der vor Ort gehandelte Strom wird mit allen Nebenkosten und Abgaben belastet, die laut Studie teilweise ungerechtfertigt sind. Fallen diese weg, würden die Teilnahmebarrieren sinken und die dezentrale Energiewende einen kräftigen Schub bekommen. So sind ein Wegfall oder zumindest eine Reduzierung der EEG-Umlage damit gerechtfertigt, dass der direkt gelieferte Strom nicht vom EEG-Konto vergütet wird und dieses damit entlastet. Zudem sollten Netzentgelte reduziert werden, da die direkte Belieferung die Netze entlastet. Dazu könne ein räumlicher Geltungsbereich für einen Bürgerstromhandel definiert werden. „Die gewährleistet die angestrebte Bedarfsgerechtigkeit der Erzeugung, die zugleich einen Beitrag zur Netzstabilität vor Ort darstellt“, schreiben die Autoren in ihrem Papier. Zudem sei die Befreiung von der Stromsteuer schon nach heutiger Gesetzgebung möglich.
Umlagen, Abgaben, Meldpflichten auf direkten Stromhandel abstimmen
Weiterhin sollten die an die Nachbarn gelieferten Strommengen ähnlich definiert werden wie das bisher beim Eigenverbrauch der Fall ist. Der Vorschlag: Es sollte ein Schwellwert vorgegeben werden, bis zu dem ein Stromhandel vor Ort abgaben- und umlagenfrei möglich ist – ähnlich wie es das EEG für den Eigenverbrauch vorsieht. Hier liegt der Schwellwert bei zehn Kilowatt Anlagenleistung und zehn Megawattstunden Strom pro Jahr, der von der EEG-Umlage befreit ist.
Außerdem sollten die Erzeuger bis zu einer festgelegten Leistung, mit der sie die Nachbarn beliefern, nicht als Energieversorgungsunternehmen gelten. Dann würden die entsprechenden Meldefristen und Abrechnungsvorgaben entfallen, was bisher vor allem im städtischen Raum eine riesige Hürde ist. Eventuelle Streitigkeiten zwischen Erzeugern und direkt belieferten Verbrauchern können dann über eine Schlichtungsstelle geklärt werden.
Dezentrale Energiewende beschleunigen
In ihrem Papier beschreiben die Autoren auch mögliche Prinzipien der Messung und Abrechnung des Stroms sowie die Bilanzkreisführung. Werden die im Impulspapier gemachten Vorschläge tatsächlich umgesetzt, werde der Bau klimafreundlicher Kraftwerke vor allem in städtischen Regionen attraktiver und gleichzeitig werden digitale Innovationen auf dem Stromsektor gefördert. Regional differenzierte Stromkosten sorgen so für den zielgerichtete Ausbau von Ökostromanlagen an den Orten, wo der Strom auch verbraucht wird. „Denn das bedeutet Dezentralität der Energiewende“, betonen die Experten von Energy Brainpool. (Sven Ullrich)