Das Steinbeis Forschungsinstitut für solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme (Solites) hat ein neues Tool für die Berechnung von solarthermischen Anlagen in Nahwärmenetzen veröffentlicht. Unter dem Namen Scenocalc haben die Stuttgarter Wissenschaftler schon vor drei Jahren die erste Version ihrer Planungsanwendung entwickelt. Jetzt ist die neuste Version erschienen, in der die Entwicklungen der vergangenen Jahre berücksichtigt sind und die erheblich erweitert wurde.
Eigene Standorte hinterlegen
So kann der Projektierer jetzt auch ausgewählte eigene Standorte mit Wetterdaten selbst hinzufügen und damit die Erträge einer konkreten Anlage in einem Nahwärmenetz präziser berechnen. Dennoch weisen die Entwickler des Planungstools darauf hin, dass das Tool nicht berechnet, ob die Eingaben der technischen Parameter durch den Planer Sinn ergeben oder nicht und ob die Anlage wirtschaftlich ist. Das Programm setzt solarthermisches Systemwissen voraus, betonen die Entwickler von Solites. Sie weisen konkret darauf hin, dass die Berechnungsergebnisse für erste Abschätzungen dienen und keine Systemauslegung oder abschließende Dimensionierung darstellen.
Das Tool basiert auf Formeln und Produktdaten, die in einer Excel-Tabelle umgesetzt wurden, um die Systemanforderungen so gering wie möglich zu halten. Auf der Startseite gibt der Nutzer den Standort und den Zeitraum aus, in dem die Anlage Wärme liefern soll. Mitgeliefert werden die Einstellungen und vor allem Wetterdaten für Würzburg, Frankfurt am Main und Hamburg. Die drei Orte stehen für eine gute, mittlere und geringe solare Einstrahlung. International liefert Solites die konkreten Daten für Athen, Davos und Stockholm mit. Die Eingabe eines eigenen Standortes muss der Nutzer mit den dortigen Wetterdaten verknüpfen. Diese kann er gegen eine Gebühr von Meteotest beziehen, dem Dienstleister, mit dem Solites bei der Erarbeitung des Scenocalc zusammengearbeitet hat.
Wärmeverluste werden berücksichtigt
Nach der Auswahl des Standortes und des Betrachtungszeitraums gibt der Planer den Kollektor ein, der verbaut werden soll. Diesen kann er entweder aus einer mitgelieferten Kollektordatenbank auswählen. Er kann aber auch neue Kollektoren mit dessen speziellen Maßen und Erträgen anlegen. Danach legt er weitere Komponenten wie Rohrleitungssysteme, Speicher und das Wärmenetz selbst an. Das Tool berechnet automatisch die entsprechenden Verluste, die durch die Wärmeübertragung und die Wärmespeicherung anfallen. Dabei ist die Auswahl der jeweiligen Komponenten optional. So muss kein Speicher in das System integriert werden, wenn das Wärmenetz beispielsweise groß genug ist, um überschüssige Wärme aufzunehmen.
Am Ende berechnet das Tool den Nutzwärmeertrag. Das ist wiederum der Ertrag des Kollektorfeldes berechnet auf Basis der Solar Keymark, einem international anerkannten Standard zur Definition von Bruttoerträgen solarthermischer Kollektoren, abzüglich sämtlicher Wärmeverluste auf dem Weg zum Verbraucher. Bei der Berechnung berücksichtigt das Tool auch das Lastprofil des Wärmenetzes. Den Zeitraum, für den die Ergebnisse angezeigt werden, kann der Nutzer frei wählen. Zudem kann er in der neuen Version des Tools auch die Kollektormitteltemperatur als konstanten Wert oder zeitlich variabel angeben. Er kann auch einen Verlust eingeben, die aufgrund der Nutzung von Wasser-Glykol-Gemischen als Wärmeträger anfallen. Denn solche Gemische schützen zwar die Anlage im Winter vor dem Einfrieren, doch sie können weniger Wärme aufnehmen als reines Wasser.
Verschiedene Auslegungen miteinander vergleichen
Durch die Möglichkeit, die speziellen Konfigurationen der geplanten Anlage zu speichern und später wieder aufzurufen, kann der Planer das Tool auch zum Vergleich verschiedener Systemauslegungen mit unterschiedlichen Komponenten verschiedener Hersteller nutzen. Das neue Planungstool steht kostenlos zum Download auf der Internetseite von Solites bereit. Die Entwickler liefern auch ein umfangreiches Nutzerhandbuch mit. Vor der Nutzung des Tools muss der Planer auf seinem Rechner Makros für die Excel-Anwendung aktivieren. Einen ausführlichen Bericht zum Thema Solarthermie in Nahwärmenetzen lesen Sie in der kommenden Ausgabe von Erneuerbare Energien. (Sven Ullrich)