Christian Fink ist Prokurist und Leiter des Bereichs Thermische Energietechnologien und hybride Systeme am AEE – Institut für Nachhaltige Technologien in Österreich. Er spricht über Chancen der Solarthermie.
Ist die Solarthermie-Technologie am Ende der Lernkurve angekommen?
Christian Fink: Auf den ersten Blick sieht es vielleicht so aus. Aber ich bin überzeugt, dass es wie bei anderen Umwandlungstechnologien auch weiterhin Verbesserungspotenzial am Solarkollektor gibt – insbesondere durch die Integration von weiteren Funktionalitäten und neuen Materialien. Es ist nicht gesagt, dass ein Kollektor in 20 Jahren noch so aussieht wie heute. Auf der anderen Seite liegt immenses Potenzial in der intelligenten beziehungsweise angepassten Implementierung von Solaranlagen heutiger Technologie in unterschiedliche Abschnitte von Energieversorgungssystemen.
Hier ist die Frage, wie schnell und flexibel die Solarthermiebranche die richtigen Lösungen anbieten kann. Das Zusammenspiel mit anderen Erzeugungsanlagen und der Wärmespeicherung wird wichtig.
Haben Sie Projekte, die Systemintegration erfolgreich praktizieren?
Christian Fink: Ein Beispiel für Systemintegration ist die Nutzung von in Gebäuden vorhandenen massiven Bauteilen wie zum Beispiel Fundamentplatten und Zwischendecken aus Beton als Wärmespeicher sowie als Wärmeabgabesystem. So können Kosten reduziert und Systemeffizienzen erhöht werden. Im Zuge des Förderprogramms für solare Großanlagen in Österreich wurden über 20 Projekte mit solarer Bauteilaktivierung in Anwendungen wie Gewerbegebäuden und Schulen umgesetzt. Die solaren Deckungsgrade für Warmwasser und Raumheizung liegen zwischen 50 und 100 Prozent. Durch die Systemintegration erkennbar ist das Verschwimmen der Systemgrenzen. Ein weiteres Beispiel für Systemintegration ist die große Anzahl an Projekten, in denen große Solarthermieanlagen mit Wärmepumpen gekoppelt werden.
Wie sieht die Kopplung zwischen Wärmepumpe und Solarthermie aus?
Christian Fink: Es gibt unterschiedliche Ansätze. Systemkopplungen, die immer wieder vorkommen, sind beispielsweise sogenannte speichergekoppelte Wärmepumpen. In diesem Fall wird die Wärmepumpe quellseitig alleine aus einem solarbeladenen Wasserspeicher gespeist. Durch die Abkühlung der unteren Speicherhälfte auf unter zehn Grad Celsius steigt einerseits die Energiedichte des Speichers und andererseits können die Erträge aus der Solarthermieanlage erheblich gesteigert werden. Eine weitere im Förderprogramm häufig aufgetretene Systemkopplung betrifft Wärmepumpen mit kleinen Erdspeichern unter dem Gebäude als Wärmequelle und einer Solarthermieanlage zur Regeneration des Erdspeichers. Dadurch kann der Erdspeicher sehr klein dimensioniert werden und bildet trotzdem die alleinige Wärmequelle ohne Einsatz von Tiefensonden oder Außenlufteinheiten.
In Deutschland gibt es vor allem Projekte, bei denen die Wärmeversorgung im Sommer übernommen wird.
Christian Fink: Richtig. Wobei es grundsätzlich von der Kopplungsart abhängt, ob die Heizperiode im Vordergrund steht oder beispielsweise die Ganzjahresnutzung. Im Falle der Kopplung in Verbindung mit dem Erdspeicher unter dem Gebäude liegt der Fokus eindeutig auf der Bereitstellung einer Wärmequelle, die auch im Winter gute Arbeitszahlen der Wärmepumpe erlaubt.
Wie wichtig ist die Förderung?
Christian Fink: Wir haben in Österreich keine vergleichbar hohe steuerliche Belastung auf Erdgas wie beispielsweise in Dänemark, wo solare Großanlagen bereits seit Jahren ohne spezifische Förderprogramme boomen. Bei den aktuell sehr geringen Erdgaspreisen ist die Förderung essenziell. Die Bandbreite des Wärmepreises liegt bei den von uns im Förderprogramm begleiteten Anlagen zwischen 30 und 100 Euro pro Megawattstunde abzüglich Förderung. Dabei wird deutlich ersichtlich, dass die Förderung in einer Höhe von bis zu 45 Prozent schon wichtig für den Markt ist. Ebenso wichtig ist, dass sie kontinuierlich angeboten wird. Die Förderung wurde im Jahr 2017 bereits das achte Mal aufgelegt.
Interview: Nicole Weinhold
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