„Wir sollten künftig mehr Markt wagen und den Netzen eine eher dienende Rolle zuweisen.“ Zwar seien Netzausbau und Systemstabilität besonders wichtige Themen für die Energiewende, sie sollten aber nicht die gesamte Diskussion beherrschen, sagte der Chef der Regulierungsbehörde. Der Umbau des Versorgungssystems erfolge dabei am „offenen Herzen“, also im Vollbetrieb und an den Grenzen der Leistungsfähigkeit, so heißt es im Papier. Kurth plädiert außerdem für eine klarere Abgrenzung zwischen intelligenten Netzen und intelligenten Märkten. Maßnahmen, die die Kapazitäten und die Steuerungsmöglichkeiten des Netzes erhöhen, gehören zum ersten Bereich, dem Smart Grid. Für den damit verbundenen Einsatz von Kommunikations-, Mess-, Regel-, Steuer- , Automatisierungstechnik und IT-Komponenten sind die Netzbetreiber verantwortlich.
Zu den intelligenten Märkten gehören dagegen innovative Tarifsysteme oder Dienstleistungen, die den Verbrauch beeinflussen und erneuerbaren Energien besser in die Marktprozesse integrieren. Intelligente Stromzähler (Smart Meter) sollten dabei einen wichtigen Beitrag leisten und nicht „heimlich in den Kellern verbaut werden“. Dies setze natürlich voraus, dass die Verbraucher bereit sind, die Zähler tatsächlich zu nutzen.
Verteilernetze sollen intelligenter werden
„Die Übertragungsnetze sind bereits heute weitestgehend intelligent“, urteilt Deutschlands oberster Regulierer. Handlungsbedarf bestehe aber beim Zubau neuer Leitungen, z. B. um den in Nord- und Ostsee produzierten Windstrom in die Verbrauchszentren zu transportieren. Auf der Ebene der Verteilernetze sehe es aber ganz anders aus: Hier werde es sowohl um einen Zubau als auch um eine intelligente Steuerung der Netze gehen. „Die Verteilernetze haben nicht mehr nur die Aufgabe, den Strom vor Ort zu verteilen. Sie müssen auch immer mehr dezentral erzeugten Strom auf die Ebene der Überlandleitungen weiterleiten, wenn Solar- oder Windenergieanlagen mehr Strom produzieren, als vor Ort benötigt wird.“ Einen technisch und wirtschaftlich effizienten Mix von Netzausbau und Netzintelligenz zu finden, sei die ureigenste unternehmerische Aufgabe der Netzeigentümer.
Konkrete zentrale Vorgaben der Politik oder der Bundesnetzagentur machten keinen Sinn, zumal die Situation in den Hunderten von Verteilernetzen sehr unterschiedlich sei, so Kurth. „Mehr Effizienz, auch beispielsweise durch Netzzusammenschlüsse oder -kooperationen, halte ich allerdings für das Gebot der Stunde.“
(Niels Hendrik Petersen)
Das Eckpunktepapier Smart Grid und Smart Market finden Sie hier.