Die Liste der Zusatzkosten, die neben der Beschaffung über den Strompreis gezahlt werden müssten, ist lang. Es beginnt bei der Stromsteuer und hört bei der EEG-Umlage noch lange nicht auf: Nur 22 Prozent werden im Durchschnitt für Strombeschaffung und Betrieb veranschlagt, 54 Prozent gehen für staatliche Anteile, Abgaben, Umlagen und Steuern drauf. Und der Rest? Wird von den Netzentgelten verursacht, die durchschnittlich ein Viertel des Strompreises ausmachen. 247 Euro zahlt ein Durchschnittshaushalt bei einem angenommenen Verbrauch von 3.500 Kilowattstunden (kWh) für die Netznutzung und damit mehr als die 238 Euro für die EEG-Umlage, so Lichtblick.
Die Netzbetreiber müssen die Entgelte für das Folgejahr bis zum 15. Oktober veröffentlichen. Bei einer Analyse der Netzentgelte in den 16 Landeshauptstädten und 20 weiteren großen Netzgebieten, die Lichtblick jetzt vorgelegt hat, zeigten sich allerdings differente Preisentwicklungen und extrem große regionale Unterschiede. Acht der 36 untersuchten Betreiber heben die Gebühren um durchschnittlich 8 Euro pro Jahr an, während 27 Leitungsbetreiber die Kosten im Schnitt um 26 Euro senken. Ein Betreiber hatte bis zum Stichtag noch keine neuen Entgelte veröffentlicht.
Nordosten am teuersten
Im Vergleich der 16 Landeshauptstädte müssen die Verbraucher in Kiel im kommenden Jahr mit Netzkosten von 259 Euro pro Jahr am tiefsten in die Tasche greifen, gefolgt von Hamburg und Saarbrücken mit 244 Euro. Berlin liegt mit 205 Euro im unteren Mittelfeld. Am wenigsten zahlen die Bremer mit 162 Euro. Die höchsten Entlastungen gibt es in Potsdam, wo die Netzkosten um fast 53 Euro auf 219 Euro sinken. Den stärksten Anstieg müssen die Düsseldorfer mit einem Plus von 9 Euro auf 190 Euro verkraften.
Die größte Belastung mit Netzkosten trifft Stromkunden im Nordosten Deutschlands. Im Westteil Mecklenburg-Vorpommerns fallen beim Netzbetreiber Wemag trotz einer Senkung um knapp 29 Euro immer noch 381 Euro an. Es folgt die Schleswig-Holstein Netz AG mit 359 Euro (minus 13 Euro). Die stärkste Entlastung gibt es im Brandenburger und Mecklenburger Netz der EON-Tochter EDIS AG mit minus 79 Euro, trotzdem liegt die Gebühr bei 337 Euro. Zur höchsten Steigerung kommt es in Baden-Württemberg bei der EnBW-Tochter Netze BW mit einem Plus von 22 Euro auf 294 Euro. Am wenigsten zahlen Kunden im Bereich der MVV Netze GmbH (Mannheim): 170,20 Euro schlagen dort zu Buche und damit weniger als die Hälfte der Kosten im Nordosten.
Mehr Transparenz gefordert
„Nachdem die Netzfirmen jahrelang kräftig an der Preisschraube gedreht haben, gibt es 2018 für viele Stromkunden eine kurze Atempause. Aber das ist kein Grund zur Entwarnung“, kommentiert Gero Lücking, Geschäftsführung Energiewirtschaft bei Lichtblick. Er kritisiert „überhöhte gesetzliche Garantierenditen für Netzbetreiber auf Kosten der Stromverbraucher. Derzeit erhalten die Netzbetreiber eine Eigenkapitalverzinsung auf Investitionen ins Stromnetz von mehr als 9 Prozent. Erst 2019 sinkt sie auf 6,91 Prozent. „Für Konzerne und Stadtwerke bleiben die Stromleitungen auch 2018 eine staatlich garantierte Lizenz zum Geld drucken,“ so Lücking.
Wie viel Geld insgesamt in die Finanzierung der Stromnetze fließt, gebe die zuständige Bundesnetzagentur nicht bekannt, so Lichtblick. Experten schätzten die Kosten auf 18 bis 22 Milliarden Euro pro Jahr. (Katharina Wolf)