Niedersachsen schreibt Eisenbahn-Geschichte: In Bremervörde (Kreis Rotenburg) ist das weltweit erste Netz mit Wasserstoffzügen im Passagierbetrieb an den Start gegangen. Die 14 Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb gehören der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH, einer Tochter des Landes. Die LNVG hatte sich bereits 2012 auf die Suche nach Alternativen zu Dieselzügen gemacht und so einen Impuls für die Entwicklung der Züge in Deutschland gegeben. Weitere Projektpartner sind der Schienenfahrzeugbauer Alstom, die Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser (EVB) und das Gase- und Engineering-Unternehmen Linde. „Wir sind stolz darauf, weltweit der erste Betreiber von Wasserstoffzügen im planmäßigen Personenverkehr zu sein und tragen als Betreiber dieser Züge gern dazu bei, diese umweltfreundliche und innovative neue Technologie im täglichen Betrieb weiterzuentwickeln“, sagt Christoph Grimm, Geschäftsführer der EVB.
Auf der Strecke zwischen Cuxhaven, Bremerhaven, Bremervörde und Buxtehude werden durch die EVB im Auftrag der LNVG 14 wasserstoff-betriebene Alstom-Regionalzüge eingesetzt, sie ersetzen 15 Diesel-Züge. An der Wasserstoff-Tankstelle werden sie täglich und rund um die Uhr versorgt werden. Die im Betrieb emissionsfreien Alstom-Triebzüge des Modells Coradia iLint können dank einer Reichweite von 1.000 Kilometern mit nur einer Tankfüllung den ganzen Tag lang emissionsfrei im Netz der EVB fahren. Damit werden 1,6 Millionen Liter Diesel pro Jahr nicht mehr verbraucht, damit werden 4.400 Tonnen CO2 nicht mehr erzeugt. Derzeit rollen fünf der neuen Züge, die weiteren kommen bis zum Jahresende dazu. Ab September 2018 hatte es einen knapp zweijährigen Probebetrieb mit zwei Vorserienzügen gegeben, er verlief störungsfrei.
Die ersten Wasserstoffzüge von Alstom sind ein Anfang. Doch noch immer sind viele Dieselloks unterwegs, Tausende Schienenkilometer haben keine elektrische Oberleitung. Zwar fahren die ICEs mit 100 Prozent Grünstrom, aber es gibt ja auch noch ICs und die Regionalbahn. Und da gibt es nicht nur sauberen Strom im Mix: Der Bahnverkehr verursachte 2021 rund 18,5 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß beim Gesamtkonzern Deutsche Bahn. Das sind rund 2,4 Prozent des gesamten Treibhausgasausstoßes in Deutschland, den das UBA für das Jahr 2021 ermittelt hat. Allerdings: Schon jetzt wird geklagt über zu hohe Ticketpreise. Mit vollem Ökostrom wäre es noch teurer. Das 9-Euro-Ticket erfreute sich großer Beliebtheit. Die Menschen sind damit auf die Schiene zu locken, was ein Erfolg ist. Doch das heißt auch, der Staat muss helfen, wenn mehr Menschen die Bahn nutzen sollen und wenn diese vollständig mit Grünstrom fahren soll. Würde die Schiene immer nur auf Wirtschaftlichkeit getrimmt, würden alle wenig befahrenen Strecken eingestellt werden. Das Netz würde schrumpfen – das ist in der Vergangenheit geschehen und das ist der falsche Ansatz, wenn man die Mobilitätswende ernsthaft einleiten will.
Bis 2038 will die Bahn 100 Prozent des Gesamtstrommixes aus erneuerbaren Energien beziehen. Laut Bahn stammen inzwischen zwar rund 62 Prozent des Gesamtstroms aus Erneuerbaren. Mehr als 20 Prozent wurden 2021 aus Braun- und Steinkohle gewonnen, der Erdgas-Anteil lag bei 6,3 Prozent. Und mit fast elf Prozent spielte auch Kernenergie eine Rolle - auch wenn dieser Anteil mit dem Abschalten der letzten Atomkraftwerke in Deutschland ab dem kommenden Jahr auf null sinken soll. (nw)