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Wasserstoff-Lkw

Neue Studie, CNG-Biogas und Umrüstung von Lkw auf Wasserstoff

Nicole Weinhold

Inzwischen ist auch in der Politik angekommen, dass mit E-Mobilität allein die Verkehrswende nicht zu schaffen. Zwar arbeitet die Forschung an Batterien, die weniger Rohstoffe wie Lithium und Kobalt einsetzen. Denn deren Förderung, Abbau und Transport sind oft weder umweltfreundlich noch sozial. Aber es gibt noch andere Aspekte, die die Batterie nicht als ideale Lösung erscheinen lassen: je größer und schwerer das Transportmittel, desto größer und schwerer auch die Batterie. Beim E-Lkw würde das dazu führen, dass dieser nur für ganz kurze Strecken einsetzbar wäre oder eine riesige Batterie mit sich rumschleppen würde, was den Umweltnutzen in Frage stellt.

Kein Wunder also, dass Wasserstoff inzwischen in den Fokus der Verkehrswende gerückt ist. Der erste Brennstoffzellen-Lkw der 35-Tonnen-Klasse, produziert von Esoro, ist im Einsatz bei COOP und erhielt 2017 die Strassenzulassung (Foto). Die Meldungen zu neuen Entwicklungen auf diesem Feld überschlagen sich. So haben die beiden Unternehmer Dirk Lehmann und Dirk Graszt eine Firma namens Clean Logistics gegründet, die herkömmliche Schwerlast-Lkw auf Wasserstoffantrieb umstellen will. Das Verfahren ist noch nicht bis zu Ende entwickelt. Aber die Bundesregierung setzt darauf, um den wachsenden Güterverkehr mit den eigenen Klimazielen in Einklang zu bringen. : Dirk Lehmann ist Chef der Firma Becker Marine Systems, die vor allem Ruder und Manövriersysteme für die Schifffahrt baut. Lehmann ist der Erfinder der Power Barge „Hummel“, die aus flüssigem Erdgas Strom erzeugt, mit dem Kreuzfahrtschiffe während ihrer Liegezeit im Hafen versorgt werden können. Dirk Graszt ist Vorstand der Spedition Hary AG, die mit 450 Lkw zu den Branchengrößen in Deutschland gehört.

Brennstoffzellen statt Kraftstofftank

Für den Umbau eines 40-Tonner-Diesel auf Wasserstoffantrieb muss der Lkw zunächst völlig entkernt werden. Anstelle des Motorblocks wird eine Batterie unter das Fahrerhaus gesetzt, die bis zu 400 Kilowattstunden Strom speichert. Das reicht für 400 bis 500 Kilometer weite Fahrten. Die Kraftstofftanks werden abmontiert und durch zwei Brennstoffzellen ersetzt. Kardanwelle und Getriebe verschwinden, stattdessen wird eine neue Hinterachse mit zwei Elektromotoren montiert. Fünf Prototypen wollen die Unternehmer bauen, die Güter zwischen Hamburg und Salzgitter transportieren sollen. „Ab 2021 wollen wir dann in die Serienfertigung einsteigen“, sagt Graszt. „Wir haben bereits 10.000 Anfragen für Lkw-Umrüstungen bei Clean Logistics auf dem Tisch.“

Bei der Nutzung von Wasserstoff kommt noch als positiver Effekt hinzu, dass er die Windstromproduktion ideal ergänzt, denn wenn die Stromnetze wegen eines starken Windangebots voll sind, kann per Elektrolyseur aus Windstrom Wasserstoff erzeugt und gespeichert werden. „Die Herstellung von Wasserstoff per Elektrolyse mit Hilfe von Windstrom kann sich zu einem neuen Geschäftsmodell für Windparkbetreiber entwickeln“, erklärt EE.SH-Projektmanagerin Sina Clorius. Sie verweist auf Änderungen im Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG), das jetzt keine feste Förderung für den eingespeisten Windstrom mehr vorsieht. Den wirtschaftlichen Nutzen hat eine Studie der Firma IPP ESN Power Engineering aus Kiel gerade neu belegt. Laut Studie steht der CO2-Emission bei einem Benzin-PKW ein 16tel der Emissionen mit Wasserstoff aus Grünstrom gegenüber. Die Wasserstoff-Potenzialstudie steht unter www.ee-sh.de zum Download zur Verfügung.

Eon und Linde investieren in Wasserstoff

Inzwischen schauen sich auch große Konzerne Beteiligungsmöglichkeiten und Joint-Ventures in der Wasserstofftechnologie um. So wird sich Industriegasproduzent Linde laut einer Finanzmitteilung im Rahmen einer Kapitalerhöhung mit 20 Prozent an dem britischen Produzenten von PEM-Elektrolyseuren und grünem Wasserstoff, ITM Power, beteiligen. Außerdem soll ein Gemeinschaftsunternehmen den Bau großer Produktionsstätten von grünem Wasserstoff im Multi-Megawatt-Bereich voranbringen.

Der frühere Linde-Vorstandschef Aldo Belloni, der im letzten Jahr nach der Fusion von Linde mit der US-amerikanischen Praxair das Unternehmen verlassen hat, hatte schon vor Jahren erklärt, dass Wasserstoff für die Energiewende nur dann Sinn macht, wenn er solar oder mit anderen regenerativen Energien erzeugt werde. ITM plant, in der Nähe von Sheffield eine Fabrik zur Fertigung von Elektrolyseuren mit einer Kapazität von 1.000 Megawatt (MW) pro Jahr.

Der Düsseldorfer Energiekonzern Eon hat nach der Übertragung des Gros seiner Regenerativgeschäfte auf Eon nun verstärkte Aktivitäten mit Brennstoffzellen angekündigt. Um seine Geschäfts- und Großkunden in Zukunft mehr Brennstoffzellen-Lösungen anbieten zu können, kooperiert Eon mit dem US-Brennstoffzellenproduzenten Fuelcell Energy. Die Firma bietet Brennstoffzellen an, die mit Erdgas und Biogas arbeiten.

CNG-Biogas

Eine andere Spielart sauberer Mobilität ist CNG-Biogas. Biogas ist ein Naturprodukt, das durch die Veredelung von Biogas, welches aus biologischer Restmasse und Energiepflanzen gewonnen wird, entsteht. Der Unterschied zwischen beiden Energieträgern liegt im Methangehalt. Bei reinem Biogas liegt er zwischen 40 und 75 Prozent. Biogas hingegen wird auf einen Methananteil von mindestens 96 Prozent angereichert. Damit hat es dieselben chemischen Eigenschaften wie das konventionelle Erdgas. Wegen dieser identischen Beschaffenheit kann es in beliebiger Menge in das Erdgas-Netz geleitet und auch dort gespeichert werden. Inzwischen hat sich die CNG-Mobilität im Markt etabliert. In Italien fahren bereits rund eine Million CNG-Fahrzeuge. In Deutschland ist mit 100.000 Fahrzeugen noch viel Potenzial vorhanden. 500.000 Kilometer nutzbares Gasnetz allein in Deutschland und eine große Bandbreite von verfügbaren PkW und LkW ermöglichen den sofortigen und kostengünstigen Umstieg auf klimaneutrale Mobilität.