Die Geothermiebohrungen werden immer sicherer und das Risiko, einen Schaden dabei zu verursachen, immer geringer. Das ist das Ergebnis einer Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Die Wissenschaftler vom Institut für Angewandte Geowissenschaften am KIT haben sich die mehr als 30.000 Erdwärmebohrungen in Baden-Württemberg des vergangenen Jahres angeschaut. Genauer unter die Lupen nahmen sie die neun Schadensfälle, die durch Erdwärmebohrungen im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg entstanden sind. Sie haben berechnet, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadens bei 0,002 Prozent pro Jahr liegt. „Im Vergleich dazu liegt die Wahrscheinlichkeit, an den Folgen der Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke zu sterben, in Deutschland bei 0,003 Prozent pro Jahr, die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland bei einem Verkehrsunfall tödlich zu verunglücken liegt sogar bei 0,007 Prozent pro Jahr“, rechnet Manuel Grimm, Forscher des KIT und Hauptautor der Studie, vor.
Das größte Risiko bei der Bohrung liegt darin, dass zuvor getrennte Grundwasserleiter durch auf- oder absteigende Wässer miteinander verbunden werden. Zumindest war das in 90 Prozent der untersuchten Schadensfälle so. Diese ist für die Umwelt nicht ungefährlich. Denn dadurch können sich vorher hydrochemisch unterschiedlich zusammengesetzte Grundwässer vermischen. Dies kann die Qualität des Grundwassers nachhaltig beeinträchtigen. Außerdem treten dann in der Regel Hebungs- oder Setzungsprozesse auf.
Schadensanzahl gering
Insgesamt ist die Anzahl der Schäden im Vergleich zu den durchgeführten Erdwärmebohrungen sehr gering. Das führt Martin Sabel, stellvertretender Geschäftsführer des Bundesverbandes Wärmepumpe (BWP), vor allem auf die neuen Technologien zurück. Ein weiterer Punkt, die Schäden zu vermeiden, ist die Einhaltung von Qualitätsstandards. „Alle Schadensfälle, die eindeutig ursächlich mit Erdwärmbohrungen in Zusammenhang stehen, ereigneten sich als Folge von Bohrungen, die Bohrunternehmen, vor 2008 durchführten“, erklärt Sabel. „Das Umweltministerium Baden-Württemberg hat danach zusammen mit dem Landesamt Baden-Württemberg und mit Unterstützung der Branche die Leitlinien Qualitätssicherung Erdwärmesonden erarbeitet, an den sich die Bohrunternehmen halten müssen. Seitdem sind keine gravierenden Schadensfälle mehr aufgetreten. Ich begrüße es sehr, dass nun auch eine wissenschaftliche Studie belegt, dass geeignete Qualitätssicherungsmaßnahmen die Erdwärmenutzung auch in geologisch anspruchsvollem Terrain zu einer sehr sicheren Technologie machen.“
Qualitätsoffensive gestartet
Bereits im Februar dieses Jahres hat sich der BWP zusammen mit dem Umweltministerium von Baden-Württemberg, den Zertifizierungsstellen und den im Verband organisierten Bohrunternehmen das Zertifizierungs- und Kontrollsystem entwickelt. Im Zentrum der Zertifizierung stehen die vorgeschriebenen Qualitätsanforderungen des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DGVW). In seinem Arbeitsblatt W 120-2 legt der Verband diese Anforderungen für Firmen fest, die im Bereich der oberflächennahen Geothermie tätig sind. Auf der Grundlage dieses Arbeitsblattes müssen die Unternehmen nachweisen, dass sie und ihre Mitarbeiter in der Lage sind, Erdwärmesondenanlagen zu bauen, die den Ansprüchen an Qualität und Sicherheit vor allem unter Berücksichtigung des Grundwassers und des Ressourcenschutzes genügen. Zusätzlich dazu müssen die Unternehmen jederzeit die Überprüfung ihrer Arbeit durch unabhängige Gutachter erwarten. Bei gravierenden Verstößen drohen Sanktionen. Der BWP nimmt zudem nur solche Bohrunternehmen als Mitglieder in den Verband auf, die bestimmte Qualitätskriterien erfüllen. Endkunden erhalten durch eine spezielle Versicherung, die Gewissheit, dass Sie im Schadensfall nicht für die Folgen aufkommen müssen, selbst wenn die Schuldfrage nicht unmittelbar zu klären ist. Mitglieder des BWP nehmen freiwillig an einem vom BWP etablierten Auditverfahren teil und gestatten damit jederzeit eine unangekündigte Fremdüberwachung ihrer Tätigkeiten. (Sven Ullrich)