Kai Schiefelbein startete seinen Vortrag auf dem 19. Forum Wärmepumpe im Berliner Estrel mit einem kräftigen Seitenhieb gegen die bisherige Regierung. Der Geschäftsführer von Stiebel Eltron erklärte, die Rahmenbedingungen für die Energiewende kämen aus Europa. „Und das ist gut so.“ Etwa die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, EPBD, RES-E, Ecodesign und vieles mehr regeln, was in Deutschland bisher nur mühsam voran kommt. „Wegen Fridays for Future“ sei immerhin noch ein bisschen was passiert. Bis 2030 müssen 65 Prozent Treibhausgase eingespart werden, bis 2040 sogar 80 Prozent. Der Gebäudebereich muss laut Bundesumweltministerium von 118 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent im Jahr 2020 auf 67 Millionen bis 2030 runter – fast eine Halbierung. Schiefelbein fokussiert sich auf die Vorteile und Chancen der Wärmepumpe. Der CO2-Ausstoß wird demnach in den nächsten Jahren weiter sinken. Der Strombedarf für eine Kilowattstunde Raumwärme und Warmwasseraufbereitung im Jahresdurchschnitt liegt bei der Wärmepumpe laut Schiefelbein fünf- bis achtmal niedriger als bei grünem Wasserstoff. Und auch die Vollkosten seien geringer, wenn man die Kosten für Energieträger, Betriebskosten und Investitionskosten zusammennimmt. In den vergangenen Jahren ist der Absatz der Wärmepumpe stetig gestiegen, 2020 sogar um 40 Prozent auf 140.000. Für das Jahr 2030 wird sogar ein Hochlauf auf sechs Millionen Wärmepumpen im Klimaziel 2.0 des BDI prognostiziert.
Hans-Martin Henning, Leiter des Fraunhofer ISE, betont, um die Klimaziele zu erreichen, werde der Gradient steiler. Das nächste Jahrzehnt sei entscheidend für die Entwicklung des Wärmesektors und den Beitrag der Wärmepumpe. Eine Herausforderung sei es, dass wir heute gewöhnt seien sowohl im Verkehr als auch im Gebäudebereich, stoffliche Energieträger zu haben. Die Erneuerbaren kommen heute nur auf 16 Prozent bei der Raumwärme und Warmwasser. Alle Szenarien für den Umbau der Energieversorgung sehen aber vor, dass die Elektrifizierung des Gebäudebereichs mit grünem Strom stark zunehmen wird.
Eine Herausforderung sei es, dass die Installation von Wärmepumpen komplexer werde – auch in Kombination mit PV. Wichtig sei daher eine Zunahme der Standardisierungen, Plug&Play-Lösungen seien ebenfalls voranzutreiben. Beim Thema Vorlauftemperatur stehe derweil die Wärmepumpe besser da als ihr Ruf. Beim Thema Schall merkte Henning an, Akzeptanz sei wichtig. Ein negatives Image sei schlecht aus der Welt zu bekommen. Wichtig sei auch der Fokus auf die Stromnetzbelastung. Der starke saisonale Lastgang sei eine Herausforderung für die Netze. Flexibilität könne durch Wärmespeicher erreicht werden. Bezüglich der erforderlichen politischen Maßnahmen betonte er, ein CO2-Preis müsse sozial abgefedert werden. Eine Herausforderung seinen auch die erforderlichen Kapazitäten vonseiten des Handwerks. Hier müsse auch die Zahl der Auszubildenden stark zunehmen.
Abschließend brach er eine Lanze für die Regionalität. Man werde in Deutschland nicht autark werden, aber „ich sehe eine Chance vor Ort.“ Derzeit gebe es noch zu viele Hürden, aber die Klimaziele seien in Deutschland nur erreichbar, wenn man die lokalen Chancen nutzt, also die Energiewende vor Ort, in den eigenen vier Wänden, in den kleinen Gemeinden, Firmen, Stadtwerken.
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