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Grüner Wasserstoff kann Energiebedarf von Industriestandorten decken

Im Rahmen der Energiewende stellt sich die Frage, wie Industriestandorte mit der volatilen Produktion von Wind- und Solarkraftwerken zurechtkommen. Die Antwort. Mit grünem Wasserstoff. Denn wen er dezentral vor Ort mit erneuerbaren Energiequellen produzierter wird, kann er problemlos den Energiebedarf von Industriebetrieben und des Schwerlastverkehrs regional decken. Das ist das Ergebnis einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA). „Die Nutzung von Grünem Wasserstoff ist ökologisch und ökonomisch sinnvoll“, betont Jürgen Henke vom Franuhofer IPA. „Wasserstoff, der mit Hilfe regenerativer Energien gewonnen wird, lässt sich für verschiedene industrielle Prozesse nutzen, die Herstellung ist klimaneutral und verringert die Abhängigkeit von Gasimporten.“

Dezentrale Produktion spart Transportkosten

Um das herauszufinden, hat Henke zusammen mit seinem Team jede Menge Daten aus der Industrie in Baden-Württemberg zusammengetragen und ausgewertet. Das Ergebnis: Dezentrale Wasserstofferzeugung und Nutzung zahlt sich aus, wenn man die Verteilerzentren, englisch Hubs, richtig platziert. „Das Ziel der Studie war es, Kriterien für die Standortauswahl zu erarbeiten“, erklärt Jürgen Henke. Im Mittelpunkt steht dabei die Verfügbarkeit von Ökostrom, der vor Ort mit Photovoltaik, Wind- oder Wasserkraft erzeugt wird. Mit diesem Ökostrom werden dann in den Hubs die Elektrolyseure betrieben, die Wasser in seine Bestandteile zerlegen. Um Transportkosten zu vermeiden, müssen die Hubs möglichst nahe bei den Verbrauchern stehen.

Ökostromangebot mit Bedarf verglichen

Dieses Ökostromangebot haben die Forscher dann mit dem Bedarf der ortsansässigen Industrie an Prozesswärme, Hochtemperaturprozessen und Wasserstoffgas – etwa zur Herstellung von Stickstoffdünger – abgeglichen. Auch hier ist die Infrastruktur wichtig. Denn ideale Standorte befinden sich in der Nähe stark befahrener Straßen mit Lkw-Betriebshöfen, an denen Wasserstoff-Tankstellen eingerichtet werden können, haben die Forscher herausgefunden.

Geeignete Standorte gefunden

Mit diesen Standortkriterien haben die Forscher in Baden-Württemberg mögliche Standorte identifiziert – allen voran die Region Rhein-Neckar sowie den Großraum Karlsruhe. Die Gewinnung der regenerativen Energie sei hier kein Problem, weiß Henke: „Wir sind das sonnenreichste Bundesland. Wenn man die Freiflächen entlang der Bundestraßen und Autobahnen und vielleicht auch noch die Dächer der Industriebetriebe mit Photovoltaik bestückt, kommt genügend zusammen“, rechnet er vor. „Auch Abnehmer für den Grünen Wasserstoff gibt es in den Modellregionen in großer Zahl: Logistikunternehmen, die große Lkw-Flotten betreiben, chemische Industriebetriebe und Papierfabriken könnten das Gas direkt oder indirekt für ihre Prozesse nutzen.“

Riesiges Potenzial für regionalen grünen Wasserstoff

Nachdem die Forscher die geeigneten Standorte ausgemacht haben, kam der nächste Schritt. Mit Hilfe von Computersimulationen haben sie gezeigt, dass die Unternehmen innerhalb von zehn Jahren 30 Prozent der fossilen Energie durch grünen Wasserstoff ersetzen können. Das ist allerdings nur das Minimalpotenzial, wenn ausschließlich landeseigene Flächen genutzt werden, also komplett ohne Energieimporte. „Die Investitionen würden sich also innerhalb weniger Jahre amortisieren. Wenn die Gaspreise weiter steigen, geht es noch schneller. Und wenn die Kosten für die Elektrolyseure, die bisher noch nicht in Großserie hergestellt werden, durch eine künftige optimierte Produktion sinken, wird der Aufbau von Wasserstoff-Hubs noch schneller rentabel“, fasst Henke die Ergebnisse dieser Simulation zusammen und gibt gleichzeitig einen Ausblick auf die künftigen Entwicklungsmöglichkeiten.

Vorteile für ganze Regionen

Dabei können nicht nur die Unternehmen vom Umstieg auf den grünen Wasserstoff profitieren, sondern auch die Gesellschaft als Ganze, betont der Forscher: „Die Unternehmen würden unabhängiger von krisenbedingten Preissteigerungen und Engpässen bei der Energieversorgung – könnten also ihre Resilienz steigern. Arbeitsplätze würde damit sicherer, die Luft besser, weil weniger oder keine fossilen Rohstoffe mehr verbrannt würden, und auch die Emission von Treibhausgasen würde verringert.“

Ergebnisse sind übertragbar

Zwar haben die Forscher sich auf Standorte in Baden-Württemberg konzentriert. „Doch die Methodik, die wir entwickelt haben, lässt sich auf jedes andere Bundesland und jede andere Region Europas übertragen“, betont Henke.

Die Studie „Industrielle Wasserstoff-Hubs in Baden-Württemberg“ steht auf der Internetseite des Fraunhofer IPA zum Download bereit. (su)