Die CDU wird nicht müde, öffentlich gegen die Solarförderung aufzutreten und damit die gesellschaftliche Akzeptanz des Sonnenstroms zu reduzieren. Deren Energiepolitker Thomas Bareiß sieht die Technologie überfördert und wünscht sich eine Deckelung des gesamten Marktes. Anstatt offensiv gegen die zugrundeliegenden fragwürdigen Annahmen von Bareiß vorzugehen, einigten sich nun möglicherweise das BMU und der BSW-Solar auf die Reduzierung der Einspeisevergütungen mit der Begründung, dass damit die Deckelung des Marktes vom Tisch sei und die Akzeptanz bei den Bürgern steige, wenn die Strompreisumlage auf 2 Cent für Solarstrom begrenzt werde.
Da die Abermilliarden, die der Steuerzahler für die Endlagerung des Atomstroms zahlte, zahlt und zahlen wird, nicht in den Strompreis einkalkuliert werden müssen, bleibt also alles beim Alten. So kommt der BSW mit seinem Wunsch nach einem Zielkorridor zwischen drei und fünf Gigawatt der CDU entgegen und schlägt vor, einfach die Senkung aus 2012 vorzuziehen. Glücklicherweise erkennt wenigstens der Umweltexperte der FDP Michael Kauch, dass auch der Schutz der Investitionen in Solarenergie beachtet werden müsse, und solche langfristigen Geldanlagen planbar blieben.
Angesichts der gestern in der Wirtschaftswoche vorgestellten Studie der HTW Berlin über die Zukunft des Solarmarktes aus Sicht deutscher Hersteller mutet dieses Entgegenkommen des BSW seltsam an. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft hatte angemahnt, dass die Halbleiterindustrie wenig Rücksicht auf die deutschen Belange nehme. Wenn die deutschen Hersteller jetzt auch noch im Heimatmarkt Federn lassen müssen, könnte die Konsolidierung des Marktes deutlich drastischere Züge annehmen als das die Berliner Autoren der Studie bewerteten. Dann ist nicht mehr nur der Preisdruck aus Asien Grund für den Rückgang der Absatzzahlen sondern eben auch der ungerechte Wettbewerb des geförderten Solarstromes gegenüber dem scheinbar ungeförderten Atomstrom.
Dass es kein großes Agendasetting der Branchenverbände gibt, um in der Bevölkerung diesen Mißstand in der Argumentation transparent vorzutragen, ist seltsam. Diese logische Schieflage in der Bewertung des Solarstroms wird sicherlich den Druck auf die deutschen Hersteller noch erhöhen, die wegbrechenden Umsätze durch Kostenreduktion aufzufangen. Dass dies auch bei F amp;E, also den dringen benötigten Innovationen stattfinden wird, ist offensichtlich. Denn Innovation sind langfristige Investitionen, die nur bei hohen Initialkosten langfristig den Umsatz sichern. Angesichts der aktuellen Situation wird es stattdessen im besten Fall einfach ein Auslagern der Produktion in Billiglohnländer geben. Das schadet langfristig der Akzeptanz der Solarmodule, die dann nicht mehr Made in Germany sind. Warum der Kunden dann nicht gleich Solarpaneele aus China nehmen sollte, wird schwer vermittelbar sein. Denn spätestens jetzt haben die Interessenten in der HTW/Wirtschaftswoche-Studie gelesen, dass LDK, Suntech und Yingli Solar ihre Qualitätsprobleme im Griff haben. Wolfgang Hummel von der HTW, der Leiter der Studie sieht Düsteres am Horizont aufziehen, auch und gerade wegen der Diskussionen um eine weitere Reduktion. Denn aus seiner Sicht ließen hohe Schulden und wenig Finanzkraft sehr wenig Spielraum für ein weiteres Wachstum oder gar eine Expansion ins Ausland. Dem Photovoltaik-Hersteller Solarworld und den deutschen Anlagenbauern, die sich auf die Fertigungsstraßen spezialisiert hätten wie Centrotherm Photovoltaics, Manz Automation oder Roth amp; Rau und seien im Wettbewerb mit der asiatischen Konkurrenz gut aufgestellt. Kunststück, denn sie liefern eben jenen Asiaten die Produktionslinien, mit denen diese wiederum den Europäern das Fürchten lehren.
Der vorauseilende Gehorsam des BSW in punkto Senkung der Einspeisevergütung ist aus dieser Perspektive unglücklich. Solarworldchef Frank Asbeck wird deutlich: "Das wäre dumm und destruktiv“. Aus Sicht der Entwicklung des gesamten Marktes könnte es der Sargnagel sein, denn die deutsche Solar-Branche noch brauchte, um aus einer schwierigen Konsolidierungsphase in eine letale Phase überzugleiten. Dann hätten die Bedenkenträger recht behalten und es gäb tatsächlich nur noch zwei oder drei deutsche Firmen (Soarlworld, Schott und Bosch).
Anders als beim Untergang der deutschen Stahlindustrie würde das passieren bei gleichzeitig exponentiellem Anstieg der weltweiten Nachfrage. Deutschland war anders als viele anderen europäischen Länder immer deswegen stark, weil es eine gesunde Industrie hatte. Warum sollte man diesen etwas wuchernden Trieb in einer Trockenzeit so stark beschneiden, dass gar keine Blätter mehr wachsen? Ist es wirklich ausgemacht, dass die Autoindustrie dieses Land trägt, wenn das Öl 200 Dollar je Barrel kostet? (jw)