Lange hat es gedauert. Doch jetzt beginnt die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf endlich, auf die Herausforderungen angesichts der Klima- und Energiekrise zu reagieren. Denn wie der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) mitteilt, hat die Landesregierung beschlossen, die im EEG vorgesehene Länderöffnungsklausel zur Nutzung von Landwirtschaftsflächen für die Photovoltaik zu nutzen. In Zukunft können auch Projekte an Ausschreibungen teilnehmen, die auf benachteiligten Acker- und Grünlandflächen entstehen sollen.
Eine überfällige Verordnung
Der LEE NRW begrüßt die Entscheidung, das Flächenpotenzial für Freiflächenanlagen zu erweitern. Denn damit können mehr Solaranlagen schneller gebaut werden. Denn bisher können in NRW nur Freiflächenanlagen entlang von Autobahnen und Schienenwegen gebaut und mittels einer Marktprämie gefördert werden. „Die jetzt auf den Weg gebrauchte Verordnung ist längst überfällig und unverzichtbar, denn wir brauchen jede Fläche für den weiteren Solarausbau“, betont Reiner Priggen, Vorsitzender des LEE NRW.
24 Gigawatt bis 2030 vorgesehen
Schließlich hatte die Regierung im vergangenen Dezember eine Energieversorgungsstrategie 2.0 veröffentlicht. Diese sieht die Vervierfachung der Solarstromleistung auf 24 Gigawatt bis zum Jahr 2030 vor. „Dafür ist nicht nur jedes private und gewerbliche Dach notwendig, sondern auch möglichst viele Agri- und Floating-PV-Projekte sowie noch mehr Freiflächenanlagen“, sagt Priggen.
Nur benachteiligte Flächen für Solarenergie nutzen
Da nur benachteiligte Flächen von der Freigabe betroffen sind, besteht keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Denn benachteiligt heißt, dass die Module nur auf Flächen aufgeständert werden dürfen, die eine sogenannte Bodenwertzahl von unter 55 haben. Das bedeutet, dass ohnehin nur sehr geringe landwirtschaftliche Erträge zu erwarten sind. Das sind vor allem sandige und lehmige Böden ohne Lößauflagen.
Kein Flächendruck auf Landwirtschaft erwartet
Auch die bisherigen Erfahrungen mit Solarparks auf landwirtschaftlichen Flächen in anderen Bundesländern zeigen, dass die solare Länderöffnungsklausel kaum einen übermäßigen Flächendruck auf die Landwirtschaft ausgelöst hat. Dass dies auch in NRW so sein wird, davon geht der Landeverband Erneuerbare Energien auch hier aus. Er sieht auch den Naturschutz nicht in Gefahr. Im Gegenteil: „Es gibt immer mehr Beispiele, die zeigen, dass die Photovoltaikfreiflächenanlagen einen positiven Effekt auf die biologische Diversität und Artenvielfalt haben“, erklärt Reiner Priggen.
Mögliches Zubauvolumen reicht nicht
Der LEE NRW kritisiert allerdings den Umfang der mit der Länderöffnungsklausel freigegebenen Flächen. Denn die Verordnung sieht vor, dass pro Jahr nur Projekte mit einer Gesamtleistung von 150 Megawatt an Ausschreibungen teilnehmen dürfen, wenn sie auf einer Acker- oder Grünlandfläche geplant sind. Damit orientiert sich Düsseldorf zwar an den andern Bundesländern, die bisher die Länderöffnungsklausel genutzt haben und liegt mit dem vorgesehenen Volumen im Mittelfeld. „Das ist aber zu wenig, um als Energie- und Industrieland einen wesentlichen Beitrag zu einer signifikanten Erhöhung des Solarstromanteils zu leisten“, kritisiert Priggen.
Andere Bundesländer erhöhen schon
So fangen die ersten Bundesländer an, die Volumina anzuheben. Der LEE-NRW-Vorsitzende verweist unter anderem auf Baden-Württemberg, wo die Landesregierung vor kurzem eine Anhebung der Zuschlagsgrenze in der dortigen Freiflächenöffnungsverordnung auf 500 Megawatt beschlossen hat. „Mindestens diese Größenordnung sollte auch in NRW machbar sein“, ist sich Priggen sicher. Schließlich gebe es landesweit rund 341.000 Hektar an Acker- und Grünlandflächen in benachteiligten Gebieten. Damit ist das Potenzial für solare Freiflächen ist mehr als groß genug.
Bleibt zu hoffen, dass die neue Landesregierung hier noch nachbessert. Denn die FDP scheidet nach ihrer Wahlschlappe aus der Regierung aus. Voraussichtlich wird am 28. Juni 2022 eine neue schwarz-grüne Regierung in Düsseldorf die Geschäfte übernehmen. (su)
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