„Wir werden viele große Windräder in die Gegend stellen, auch wenn das mancher einer für Landschaftsverschandelung hält“, erklärte Kretschmann jetzt in einem Gespräch mit der Wochenzeitung „Die Zeit“. „Natürlich wollen wir sie in Windparks konzentrieren. Aber wir können die Windräder nicht im Keller unterbringen“, verwies er weiter.
Die neue grün-rote Landesregierung in Stuttgart hat das Ziel, bis 2020 rund zehn Prozent des Stroms im Land aus heimischer Windkraft zu erzeugen. 2009 deckte der Anteil der Windkraft gerade einmal 0,8 Prozent am Gesamtstrombedarf in Baden-Württemberg. Das soll sich jetzt ändern: Zweieinhalb Monate nach Amtsantritt hatte das Kabinett am 26. Juli beschlossen, die bis dato in den Regionalplänen festgelegten Vorranggebiete für Windkraftanlagen auszuweiten und die bisherigen Ausschlussgebiete abzuschaffen. Dort sollen künftig die Kommunen bei Bedarf ihre Planungskompetenz wahrnehmen und vor Ort angemessene Entscheidungen treffen. Geplant ist, dass das Gesetz im Herbst vorliegen und Anfang 2012 in Kraft treten soll. Die bisherigen Abstandsregeln zu Siedlungen und das Verbot von Windparks in Vogelschutzgebieten werden dabei nach dem erklärten Willen Stuttgarts auch in Zukunft bestehen bleiben. Darüber hinaus soll ein Windenergieerlass vorbereitet werden, der den Genehmigungsbehörden als Richtschnur für die Genehmigung neuer Windräder dienen soll. Den Auftrag dafür hatte allerdings bereits die Vorgängerregierung aus einer CDU/FDP-Koalition vergeben.
Massive Kritik der Regionalverbände
Nach dem Kabinettsbeschluss über das neue Landesplanungsgesetz übten Regionalverbände massive Kritik, unter anderem aus Sorge, dass künftig mehr oder weniger wild Windräder gebaut werden dürften. Die zuständigen Minister Winfried Hermann (Verkehr) und Franz Untersteller (Umwelt) bezeichneten das jedoch als unbegründet und verwiesen darauf, dass der Ausbau der Anlagen über die Regionalplanung gesteuert und damit auch kontrolliert werde. „Durch die Novelle des Landesplanungsgesetzes bekommen die Regionalverbände die Chance, die Energiewende mitzugestalten und sie durch die kluge Ausweisung neuer Vorranggebiete für Windkraftanlagen zu steuern“, erklärten die Minister. Sie verwiesen aber auch auf die Pflicht der Kommunen, in den Regionalverbänden. So heiße es im bisherigen Eckpunktepapier zum künftigen Landesplanungsgesetz: „Die Regionalverbände werden gebeten, ab sofort Vorbereitungen zur Ausweisung neuer Vorranggebiete aufzunehmen.“
Der neue energiepolitische Kurs der Bundesregierung sowie die energiepolitischen Ziele der grün-roten Landesregierung bringen derweil dem darniederliegenden südwestdeutschen Windmarkt bereits einen ersten Anschub. So gab jetzt die Windreich AG aus dem Stuttgarter Vorort Wolfschlugen bekannt, das Unternehmen wolle den Ausbau der Windenergie im Ländle nutzen und einen eigenen Onshore-Bereich ausbauen. Windreich-Sprecher Tobias Aichele erklärte hierzu, zehn neue Mitarbeiter wolle das Planungsunternehmen für Projektierungen von Windparks an Land einstellen. Windreich-Vorstandsvorsitzender Willi Balz plant, allein mit den Windparkaktivitäten auf dem Festland in diesem Jahr einen Umsatz von 200 Millionen Euro Umsatz zu erzielen. Die Windreich-Gruppe ist seit 1999 am Markt für Windenergie aktiv. Zuletzt hatte sich das Unternehmen allerdings weitgehend auf Offshore-Windenergie konzentriert. 22 Nordseevorhaben listet es als Projektpipeline auf, darunter das bereits kurz vor dem Finanzierungsabschluss stehende Global Tech 1.
(Regine Krüger)