„Die Kurzarbeit hätten wir eh beendet“, sagt die Pressesprecherin Senvion, Verena Puth. Weil der erste neue Offshore-Auftrag für Senvion seit Jahren schon zu Jahresanfang „in greifbarerer Nähe“ lag, hatte Senvion die Wiederaufnahme der vollen Beschäftigung im von Kurzarbeit betroffenen Rotorblattwerk Power Blades für März anvisiert. „Wir haben dieses unternehmerische Restrisiko auf uns genommen, um den Mitarbeitern auch ein wenig Planungssicherheit zu geben“, sagt Puth. Die arbeitsmarktpolitische Maßnahme war zugleich mit einer zwölfmonatigen Laufzeit eigentlich ausgereizt.
Jetzt werden bei der 100-prozentigen Tochter Power Blades wieder rund 250 Mitarbeiter in Vollzeit arbeiten. Senvion hatte vor ziemlich genau einem Jahr in dem Werk die gesetzlich geregelte Maßnahme der Kurzarbeit einführen müssen. Dies geschah, nachdem der deutsche Meereswindenergiemarkt aufgrund langwieriger und teils auch förderpolitische Grundsätze in Frage stellender politischer Debatten zum Erliegen gekommen war. Investoren stellten 2013, spätestens 2014 häufig sämtliche Planungen für neue Projekte ein. Und außerhalb Deutschlands gab es in dieser Phase nur für international führende Turbinenzulieferer wie vor allem Siemens sowie auch für Vestas noch Aufträge – mit der Ausnahme Frankreich: den Ausschreibungszuschläge erhielten die Anlagen des nationalen Windenergieanlagenfertigers Areva. Das Land Bremen unterstützte daraufhin die im Februar eingeführte Kurzarbeit bei Power Blades finanziell – Senvion investierte anteilig in die arbeitspolitische Maßnahme, um sich einen guten Mitarbeiterstamm für wieder bessere Zeiten warmzuhalten und um der sozialen Verantwortung des Unternehmens nachzukommen.
Die Rotorblätter für den erst Ende 2014 mit der Errichtung der letzten von 48 Windenergieanlagen fertig errichteten Offshore-Windpark Nordsee Ost hatte das Bremerhavener Senvion-Blattwerk hingegen schon vor Beginn der Kurzarbeit fertig produziert und ausgeliefert. Zwar hatte das Unternehmen die Fertigungsstätte während der Zeit der Kurzarbeit auch mit der Produktion längerer Rotorblätter der Drei-MW-Windturbinenklasse von Senivon noch ein wenig auslasten können. Doch weil die großen Blattschablonen zum Ablegen und Aushärten der Glasfasermatten als Rotorblattgrundstoff in den Fertigungshallen aufgrund ihrer enormen Dimensionen nicht unbegrenzt umgruppiert werden können, ließ sich so die Auftragsflaute bestenfalls nur ansatzweise ausgleichen. Außerdem hatte Senvion auch die Rotorblätter für den Windpark Nordsee Ost teils von einem Spezialhersteller zuliefern lassen: Die eigenen Kapazitäten in Bremerhaven hätten die gigantischen 60-Meter-Komponenten für die Sechs-Megawatt-Anlagen vom Typ 6.2M126 nicht so schnell wie von Auftraggeber RWE erwartet produzieren können.
Zweiter deutscher Windpark mit 6.2M126-Turbinen
Nun hat WPD den zweiten Auftrag für Senvion in Deutschland für die Sechs-Megawatt-Anlage mit einem 126 Meter großen Rotor erteilt. Die Blätter fertigt Senvion selbst. “Heute ist mehr denn je klar geworden, dass die Kurzarbeit als Instrument für eine Überbrückungszeit richtig gewählt wurde. Vor allem möchte ich mich für die konstruktive Zusammenarbeit mit Senvion bedanken, dank der wir weiterhin einen Weg mit langfristiger Perspektive gehen können“, sagte der Bausenator Günthner.“ Es handelt sich um ein Projekt mit einer hohen lokalen Wertschöpfung“, kommentierte der Vorstandsvorsitzende Senvions, Andreas Nauen. „Dank der klaren Vergütungsregelungen im EEG haben unsere Kunden vorerst Planungssicherheit, aber die deutsche Offshore-Branche braucht zeitnah klare Signale für die Jahre nach 2019. Die Vorbereitung auf das EEG 3.0 ist der nächste Schritt, der bereits in diesem Jahr begonnen werden muss“, betonte Nauen mit Verweis auf das im August endlich reformierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Das EEG 2014 bestätigte vorerst im Wesentlichen die bisherigen Vergütungsregeln für Offshore-Windparks bis spätestens ins Jahr 2019. Danach soll nach bisherigen Diskussionen ein Wechsel der Vergütungssystematik durch ein neues Ausschreibungsprinzip folgen.
Windturbinenhersteller Senvion stellt wie andere Windturbinenbauer in Deutschland seit einigen Monaten wieder vermehrt Mitarbeiter ein, nachdem fast alle Windturbinenbauer in einer Phase von 2009 bis 2013 ihre Belegschaften reduziert hatten. Derzeit beschäftigt Senivon inklusive der 100-prozentigen Tochterunternehmen wie Power Blades 3.400 Mitarbeiter.
Aufträge und Jobs für den Nordwesten
Eine Besonderheit der von WPD nun abgeschlossenen Projektierung für Nordergründe ist, dass der Bremer Windparkprojektierer sämtliche Dienstleistungs-, Zuliefer- und Installationsaufträge an Unternehmen in Nordwestdeutschland vergeben hat. Die Unternehmen Ambau, BVT und NSW liefern die Fundamente, die Umspannstation sowie die parkinterne Verkabelung. Baukonzern Bilfinger wird den Windpark installieren. „Wir sind hocherfreut, dass sich lokale Hersteller aus der Region so klar in unserem internationalen Vergabeprozess durchgesetzt haben. Dies markiert … den Vorteil, den lokale Wertschöpfung auch für die Projekte mit sich bringt“, kommentierte Achim Berge Olsen, Geschäftsführer der WPD Offshore GmbH.
(Tilman Weber)
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Die Jobmesse Zukunftsenergien Nordwest in Bremen am 20. und 21. März versammelt mit über 60 Ausstellern einen großen Teil des Potenzials einer wieder anziehenden Beschäftigungskonjunktur der Offshore-Windkraftbranche. Die in Nordwestdeutschland konzentrierten deutschen Offshore-Windkraft-Zulieferer sind auch ein Schwerpunkt der Berufeschau, an der allerdings auch Unternehmen und Bildungsunternehmen aus Süd- oder Ostdeutschland teilnehmen. Mehr zur größten deutschen Bildungsmesse erfahren Sie hier.