Die Antwort der Chinesen auf die Entscheidung des US-Handelsministeriums, chinesische Solarmodule mit Einfuhrzöllen zu belegen, ließ nicht lange auf sich warten. Drei der großen chinesischen Hersteller haben sich inzwischen zu den neuen Zöllen geäußert. Während man in den USA noch darüber debattiert, ob die Zölle zu gering sind und darüber spekuliert, wie hoch sie denn noch werden könnten, sehen die Solarproduzenten aus den Reich der Mitte die Sache pragmatisch und mit einiger Gelassenheit.
„Die erste Entscheidung belegt, dass der weltweite Erfolg von Suntech unter freien und fairen Wettbewerbsbedingungen zustande gekommen ist“, sagt Andrew Beebe, Vertriebsvorstand für Amerika von Suntech. „Trotzdem werden die Handelsschranken, ob hoch oder niedrig, die Energiewende weg von fossilen Rohstoffen weiter verzögern, gerade zu einer Zeit, da sich die Mehrheit der Amerikaner für eine sauberere und sicherere Energieversorgung wie die Photovoltaik entschieden hat.“ Die Produkte des Großproduzenten von kristallinen Solarzellen mit Basis im chinesischen Wuxi werden mit 2,9 Prozent verzollt. Noch härter getroffen hat es Trina Solar aus Changzhou. Auf die Module erhebt die USA in Zukunft Einfuhrzölle in Höhe von 4,73 Prozent. „Trina Solar versorgt des Markt in den Vereinigten Staaten schon seit langer Zeit mit qualitativ hochwertigen Modulen“, betont Jifan Gao, Geschäftsführer von Trina Solar. Liansheng Miao, Geschäftsführer von Yingli Solar ergänzt: „Das Wichtigste ist, daran zu erinnern, dass die Zölle schlecht für die gesamte Solarindustrie sind“. Der Modulproduzent mit Hauptsitz in Baoding hat in seinem Statement vor dem Handelsministerium betont, dass man weder Preisdumping betreibt, noch dass man unerlaubte Subventionen erhalten hat.
Chinesische Module auch weiterhin auf dem amerikanischen Markt
Die chinesischen Produzenten wollen den amerikanischen Markt nicht so einfach aufgeben. „Wir werden weiterhin für bezahlbare Solarenergie und das weitere Wachstum Zehntausender Jobs in der amerikanischen Solarindustrie, bei deren Schaffung wir geholfen haben“, sagt Robert Petrina, Chef der amerikanischen Niederlassung von Yingli Solar. „Wir werden auch weiterhin den wichtigen Solarmarkt in den USA unterstützen und wir denken, dass der globale Handel und die fairen Bedingungen Bestand haben“, ergänzt sein Geschäftsführer in China Liansheng Miao. Auch Trina Solar lässt sich nicht so schnell entmutigen. „Wir arbeiten daran, dass unser Team in den USA das Geschäft in den Vereinigten Staaten weiter ausbauen kann, mit dem Ziel, den wachsenden Bedarf unserer Kunden zu befriedigen“, gibt sich der Vertriebschef von Trina Solar Mark Kingsley kämpferisch. „Als zukunftsorientiertes globales Unternehmen werden wir weiterhin all unsere Möglichkeiten ausschöpfen, um unsere Märkte so effektiv wie möglich zu bedienen, auch unsere wachsende Geschäftsbereiche in den USA.“ Bei Suntech wirft man auch nicht so schnell die Flinte ins Korn. „Als ein globales Unternehmen mit einer globalen Wertschöpfungskette und Produktionsstandorten in drei Ländern sind wir für die Zukunft gut aufgestellt“, sagt Andrew Beebe. „Ob den Solarzellen aus China Zölle auferlegt werden oder nicht, wir können unsere Kunden in den USA mit hunderten von Megawatt hochqualitativer und bezahlbarer Solarprodukte beliefern, die von den Zöllen nicht betroffen sind. Als ein lokaler Hersteller mit einem Produktionsstandort in Arizona bleiben wir ein aktives Mitglied der amerikanischen Solarindustrie und wir behalten unser Ziel bei, Solarenergie für jeden und überall bezahlbar zu machen.“
USA sind weltweit die Nummer Vier
Die Chinesen haben auch allen Grund, den Markt in den USA nicht einfach kampflos aufzugeben. Denn immerhin war er im letzten Jahr nach Deutschland, Italien und China der Viertgrößte weltweit, wie das amerikanische Marktforschungsunternehmen Solarbuzz aus Santa Barbara in Kalifornien meldet. Zusammen mit Frankreich als fünftgrößten Einzelmarkt der Welt fanden die Photovoltaikproduzenten in diesen Ländern fast drei Viertel ihrer Kunden. Fast 20,3 Gigawatt baute man dort auf. Und auch für die Zukunft verspricht Amerika rosigere Aussichten als etwa Europa, wo die Märkte aufgrund der Unzuverlässigkeit der politischen Entscheidungen zu schwächeln beginnen. Die Marktforscher von Solarbuzz erwarten, dass der europäische Marktanteil von jetzt 53 auf unter 42 Prozent bis 2016 schrumpfen wird, während Nordamerika und verschiedene asiatische Märkte enorm wachsen.
Auf der anderen Seite ist auch die Angst der amerikanischen Hersteller vor der chinesischen Konkurrenz nicht ganz unbegründet. Immerhin produziert das Reich der Mitte zusammen mit Taiwan 74 Prozent aller weltweit gefertigten Solarzellen. Ein Jahr zuvor waren es noch 63 Prozent. Vor allem im energie- und arbeitsintensiven Bereich der kristallinen Photovoltaik haben die Chinesen ihren Vorsprung im letzten Jahr weiter ausgebaut. Allerdings ging ihr Anteil bei der Produktion von Dünnschichtmodulen weiter zurück, wobei auf dieses Segment nur elf Prozent der gesamten Produktion entfällt.
Handelsbilanz erstmals negativ
Außerdem hat die USA im letzten Jahr zum ersten mal eine negative Handelsbilanz mit China im Solarsektor, wie die Internationale Handelskommission feststellt. Das Gremium hält auch weiter an den Schutzzöllen für Silizium aus China fest. Zwar haben die Amerikaner schon seit langem ein Defizit im Handel mit China, aber die Photovoltaikindustrie war bisher die rühmliche Ausnahme. Bis einschließlich 2010 gingen mehr Polysilizium und Ausrüstungen zur Photovoltaikproduktion in die Volksrepublik auf der anderen Seite des Pazifik als man auch China Solarmodule einführte. Im letzten Jahr kehrte sich das Verhältnis aber um. Das Handelsbilanzdefizit der amerikanischen Photovoltaikindustrie betrug 2011 1,6 Milliarde Dollar (1,2 Milliarden Euro). (Sven Ullrich)