Die Fraktionsspitzen der Regierungskoalition im Bundestag nehmen den nächsten Anlauf zur Deckelung des Photovoltaikzubaus. Volker Kauder, Fraktionsvorsitzender der CDU im Bundestag, seine Stellvertreterin Gerda Hasselfeldt (CSU) und der Fraktionsvorsitzende der FDP Rainer Brüderle fordern Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) dazu auf, „bis zum 25. Januar 2012, eine Strategie zur Einhaltung der Zielmarke für die EEG-Umlage bei 3,5 Cent je Kilowattstunde vorzulegen“. Hinter dieser Forderung verberge sich der wachsende Unmut innerhalb der Fraktionen von Union und FDP über die steigenden Kosten für die Förderung der erneuerbaren Energien, insbesondere der Photovoltaik, nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).
Zahlen maßlos übertrieben
In ihrem Schreiben, das auch an Bundeswirtschaftsminsiter Philipp Rösler (FDP) ging, der die Forderungen unterstützt, machen sich die Regierungskoalitionäre für die Begrenzung des jährlichen Ausbaus der Photovoltaikleistung auf maximal ein Gigawatt oder alternativ die schnellere Absenkung der Einspeisevergütung für Solarstrom stark. Sie beziehen sich in ihrer Argumentation auf die Aussagen der Übertragungsnetzbetreiber, die den Anstieg der EEG-Umlage in ihrer kürzlich veröffentlichten Mittelfristprognose auf bis zu 4,47 Cent pro Kilowattstunde beziffern. Die Bundesregierung hatte aber im Zuge der Beschlüsse zur Energiewende zugesichert, dass die EEG-Umlage nicht über 3,5 Cent steigen soll. Die Übertragungsnetzbetreiber machen vor allem die Photovoltaik verantwortlich für diesen Anstieg.
Das Bundesumweltministerium (BMU) hat die Zahlen in der Mittelfristprognose als maßlos übertrieben kritisiert und geht davon aus, dass die EEG-Umlage in den nächsten Jahren relativ stabil bleiben wird. Man sieht im BMU deshalb keinen Handlungsbedarf, zumal der „atmende Deckel“, der die Degression der Einspeisevergütung von der Höhe des Zubaus an Solarstromleistung abhängig macht, Wirkung zeigt.
Solarstromförderung schafft sich selbst ab
Untersstützung bekommt Röttgen vom Bundesverband für Solarwirtschaft (BSW-Solar). Dort hält man den jüngsten Vorstoß aus den Reihen der Regierungskoalition für eine Gefahr für die Energiewende. „Der Bundesverband Solarwirtschaft fordert deshalb die Bundesregierung auf, sich klar zur Energiewende, zum konkreten Klimaschutz und zur Solarenergie zu bekennen“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. „Teile der Koalition versuchen gegenwärtig, das Rad zurück zu drehen. Die Bundesregierung muss sich jetzt klar entscheiden, wessen Interessen sie vertritt: die von Teilen der alten Energiewirtschaft oder die Interessen der Bürger. Denn alle Umfragen zeigen, dass die überwältigende Mehrheit der deutschen Bevölkerung den Ausbau dieser sauberen und bürgernahen Energieform wünscht.“
Der BSW-Solar bekräftigt nochmals, dass der durch den Solarstrom bedingte Teil des Verbraucherstrompreises selbst bei einem jährlichen Zubau von fünf Gigawatt nicht über zwei Cent pro Kilowattstunde steigen wird. Selbst wenn sich der Markt noch stärker entwickeln sollte, würde sich die EEG-Umlage durch den Solarstrom nicht erhöhen, da dann die Degression weiter steigt. Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, die am 1. Januar 2012 in Kraft tritt, offeriert die Möglichkeit, die Einspeisevergütung jährlich um bis zu 24 Prozent abzusenken. „Schließlich wird sich die Solarstromförderung binnen weniger Jahre selbst abschaffen“, heißt es beim BSW-Solar. Der Preisverfall bei den Photovoltaikanlagen hat zur Folge, dass Solarstrom schon nächstes Jahr das Preisniveau von Haushaltsstrom und 2014 das Förderniveau von Offshor-Windenergie erreicht. (Sven Ullrich)