Planungen für mehr als 50 Windenergieanlagen liegen in Nordrhein-Westfalen aufgrund einer umstrittenen Regelung auf Eis. Nun hat sich der erste Projektentwickler vor Gericht erfolgreich gegen die Aussetzung seines Genehmigungsverfahrens gewehrt und damit die schwarz-grüne Landesregierung in Bedrängnis gebracht: Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen nannte die entsprechende Klausel im Landesplanungsrecht „offensichtlich rechtswidrig“.
Neue Planung versus laufende Genehmigungsverfahren
Das Gericht hatte im Eilverfahren zu entscheiden, ob das Verfahren zur Genehmigung einer Windenergieanlage im Außenbereich zu Recht ausgesetzt werden durfte. Der Kreis Soest hatte dies auf Anweisung der Bezirksregierung Arnsberg getan, die sich auf das neue Landesplanungsgesetz stützte. Es sieht vor, dass Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen für ein Jahr ausgesetzt werden dürfen, wenn die Anlagenstandorte nicht im Regionalplanentwurf vorgesehen sein sollten. Derzeit werden die Regionalpläne überarbeitet, um landesweit neue Flächen für die Windenergienutzung auszuweisen.
NRW-Regelung verstößt gegen Bundes-Immissionsschutzgesetz
Nach Ansicht des OVG verstößt diese Regelung gegen Bundesrecht. Es spreche „grundsätzlich Überwiegendes“ dafür, dass die landesrechtliche Aussetzungsvorschrift gegen eine Vorschrift des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verstoße und daher nach der Kollisionsregel des Art. 31 GG „Bundesrecht bricht Landesrecht“ nichtig sein dürfte, heißt es in einer Presseinformation des OVG. Dass im vorliegenden Fall die Regelung gar nicht hätte zur Anwendung kommen dürfen, weil die gesetzlich geforderten Bedingungen nicht erfüllt wurden, geriet dabei fast zur Nebensache.
Die Entscheidung sei keine Überraschung, kommentiert LEE NRW-Vorsitzender Hans-Josef Vogel. „Alle Experten hatten in den Konsultationen die sogenannte Aussetzungsregelung als rechtswidrig bewertet.“ Für den LEE NRW hat der OVG-Beschluss „bundesweite Bedeutung“, da klargestellt wird, dass Länderregelungen nicht das Bundesrecht, in diesem Fall das Bundesimmissionsschutzgesetz, aushebeln können.
17 weitere Verfahren anhängig
Nun kann das Genehmigungsverfahren weiterlaufen und die Landesregierung muss sich mit ihrem Planungsgesetz auseinandersetzen. „Sehenden Auges hat die schwarz-grüne Koalition den notwendigen Ausbau der Windenergie aufs Spiel gesetzt, mindestens verzögert“, kritisierte André Stinka, Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie. „Nun werden wir im Parlament das Landesplanungsgesetz heilen müssen.“
Und auch davon unabhängig bleibt das Thema in Bewegung: Beim OVG sind weitere 17 Eilverfahren mit insgesamt 50 Windenergieanlagen anhängig. 16 davon betreffen Planungen im Regierungsbezirk Arnsberg. (kw)
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