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Neue Trump-Personalie

US-Kohlelobbyist wird Umweltschutzaufseher für Kohlekraft - Windkraft boomt aber noch

Die Nominierung von Wheeler nannte die Umweltschutzorganisation Sierra Club „absolut grauenerregend“: „Halloween ist offensichtlich in diesem Oktober früh gekommen“, äußerte sich Sierra Club am Donnerstag, „denn die Nominierung Andrew Wheelers als stellvertretender EPA-Chef ist absolut grauenerregend. Da konnte es derzeit keine schlechtere Wahl für diesen hoch-einflussreichen Posten geben, der damit betraut ist, die Gesundheit und die Wohngemeinden von Amerikanern über die gesamte Nation hinweg zu schützen. Andrew Wheeler ist ein Haupt-Kohlelobbyist, der die Großen der Kohlebranche fast ein Jahrzehnt lang repräsentierte. Er ist ein Freund der Umweltverschmutzer, nicht der amerikanischen Familien die auf saubere Luft und sauberes Wasser angewiesen sind.“

Was plant der Umweltminister?

Mit Verweis auf den von Donald Trump Ende 2016 ausgewählten Umweltminister Scott Pruitt äußerte die Umweltschutzorganisation auch die Besorgnis, dass dieser, Pruitt, mit Personalien wie Wheeler die gesamte Umweltschutzbehörde als Aufsicht für Umwelt- und Klimaschutz systematisch unbrauchbar machen könne: „Scott Pruitt hat die EPA eingenommen und versucht gerade Kohle-Lobbyisten in Schlüsselpositionen zu installieren.“ An den Senat, das Abgeordnetenhaus für die Vertretung der Bundesstaaten gewandt, rief der Sierra Club dazu auf, das parlamentarische Oberhaus müsse jetzt die Nominierung zurückweisen. Der Industrieverband American Coalition for Clean Coal Electricity hingegen lobte die Nominierung Wheelers. Er werde dank guter persönlicher Voraussetzungen womöglich „ein hervorragender Vizechef sein“.

Schon die Ernennung von Scott Pruitt im Dezember hatte für Aufregung bei Umweltschützern und in der Erneuerbaren-Branche gesorgt. Pruitt galt als Vertrauter der Kohle- und Ölindustrie. Als Anwalt war er von Oklahoma aus gegen zahlreiche Umweltauflagen der EPA juristisch vorgegangen. 2014 soll er laut Medienberichten eine Allianz großer Energieversorger gegen klimapolitische Regulierungen des damaligen Präsidenten Barack Obama angeführt haben.

Dass Trump mit solchen Manövern nicht nur staatliche Umwelt- und Klimaschutzeinrichtungen als Bremsfaktoren gegen die konventionellen Energiewirtschaft ausschaltet, sondern auch den Ausbau erneuerbarer Energien gefährdet, ist dennoch nicht ausgemacht. So hatte der als Vertreter einer offen populistischen Regierungsweise geltende Neu-Präsident Anfang Dezember gleich nach der Nominierung von Umweltminister Pruitt sich mit dem Klimaaktivisten und Schauspieler Leonardo Di Caprio über Investitionen in erneuerbare Energien ins Benehmen gesetzt.

Windbranche entsetzt - dennoch hohe Erwartungen an Offshore-Projekte

Noch im Sommer äußerte sich die Windkraftbranche zwar entsetzt über eine Rede Trumps, in der dieser eine Abhängigkeit der Stromversorgung durch eine launige Windverstromung als Schreckensbild an die Wand gemalt hatte, bei der die Vögel wohl durch Windturbinenrotoren erschlagen tot vom Himmel fielen. Doch die Bundesstaaten treiben derzeit Planung und Ausschreibungen von Offshore-Windparks so intensiv voran, wie noch nie in der Vergangenheit. Erst im Dezember 2016 war der Windpark Deepwater Wind mit den ersten fünf Offshore-Windenergieanlagen der Vereinigten Staaten in Betrieb gegangen. Mehrere Bundesstaaten eruieren nun den Offshore-Windkraftausbau vor ihren Küsten – oder verteilen bereits Claims zum Aufstellen der nächsten Windparks. Nachdem der Staat New York bereits Ende vergangenen Jahres einen solchen Claim nach einer Ausschreibung dem norwegischen Konzern Statoil für ein Potenzial von 1.000 Megawatt (MW) zugeteilt hat, forderte er in der ersten Oktoberwoche von der nationalen Meeresaufsicht U.S. Bureau of Ocean Energy Management (BOEM) die Erkundung und Ausweisung neuer Offshore-Windkraft-Potenzialflächen vor New York. Die angeforderten Flächen sollen Raum für 3.200 MW schaffen. Außerdem gab BOEM Anfang Oktober die Prüfung des bereits vierten Antrags von Investoren für Offshore-Wind-Vorhaben vor der US-Pazifikinsel bekannt. Doch nicht nur Windkraft auf See kann sich derzeit Hoffnungen machen. Hawaii selbst erhielt nun einen Förderbescheid aus dem US-Energieministerium über 1,5 Millionen US-Dollar zur Entwicklung einer Energienutzung von Seegras.

Große Dynamik bei Windkraftausbau an Land

Selbst die von Trump gelegentlich verspottete Windkraft an Land kann sich nicht über schlechte Konjunkturdaten beklagen. Laut den Daten des US-Windenergieverbandes Awea war zwar der Zubau neuer Windkraftkapazitäten im zweiten Quartal dieses Jahres auf nur 357 MW eingebrochen, eines der schlechtesten Ergebnisse dieses Dreimonatszeitraums seit zehn Jahren. Doch der Windparkzubau erlebt von April bis Juni in den USA ohnehin traditionell seine durchschnittlich schwächste Phase. Im ersten Quartal hatte der Windkraft-Ausbau hingegen mit 2.000 MW den besten Wert seit 2009 erreicht.

Während die Konjunktur des Windkraftausbaus im ersten halben Jahr Amtszeit Donald Trumps noch eine Folge der politischen Weichenstellungen von Trumps Vorgänger Barack Obama sein dürften, haben allerdings auch die Neuplanungen und die Abschlüsse von Stromabnahmeverträgen eine neue konjunkturelle Blüte erreicht. Alleine 14.000 MW beziehungsweise 14 Gigawatt (GW) neue Windstrom-Erzeugungsleistung seien derzeit im Bau, meldet Awea, weitere 11,8 GW seien in fortgeschrittener Planung. Dieses bedeute im Vergleich zum selben Zeitpunkt des Vorjahres eine Zunahme der Ausbautätigkeit um 41 Prozent, betonte Awea. Seit Beginn der Erfassung der Windparks im Bau und der fortgeschrittenen Projektierungen durch Awea im vergangenen Jahr sei in dieser Kategorie nun der bislang höchste Wert erreicht worden. Alleine im zweiten Quartal 2017 hätten die Entwickler die Installation von knapp 2,5 GW angefangen sowie für 1,35 GW ein fortgeschrittenes Stadium der Planungen angemeldet. Auch die neu unterzeichneten Stromabnahmemengen in sogenannten PPA-Verträgen zwischen Windparkbetreibern und großen Stromverbrauchern oder Stromversorgern nahm deutlich zu. Mit PPA über ein Volumen von 3,4 GW alleine im ersten Halbjahr 2017 sei bei den Unterzeichnungen von Stromabnahmeverträgen der höchste Wert der vergangenen vier Jahre erreicht worden, meldet Awea.

Darüber, inwiefern die neue Politik zugunsten der Betreiber fossiler Kraftwerke den Windenergieausbau an Land bedrohen könnte, geben die Daten keine Auskunft. Die für Nichtmitglieder veröffentlichte Awea-Statistik enthält keine Prognosedaten.

(Tilman Weber)