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Industriebefreiung von der EEG-Umlage

Die 8 wichtigsten Argumente zu den neuen Ausnahmeregeln

1.) Nun sollen also 219 Branchen antragsberechtigt sein. Für den Experten für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bei Greenpeace, Tobias Austrup, ist das die primäre Absurdität der jetzt angekündigten Reform. Statt die Ausnahmeregeln zu begrenzen zeige die Bundesregierung mit dieser Ausweitung des Berechtigtenkreises, dass sie im Gegenteil möglichst viele Großunternehmen von ihrer Verantwortung für die Energiewende befreien wolle.

2.) Die Bundesregierung wird das nationale Kriterium bei der Stromintensität für sofort von 14 auf 16 Prozent und ab dem Antragsjahr 2015 auf 17 Prozent erhöhen. Das helfe zwar bedingt, dass die EEG-Umlage für die privaten Verbraucher nicht steigt, die die Ausnahmen über die Umlage mitfinanzieren müssen. Hätte die Bundesregierung sich exakt an ihre Einigung mit der Kommission der Europäischen Union (EU) gehalten, wäre die Umlage zwar alleine durch die neuen Ausnahmeregeln um 0,7 Cent gestiegen und nun sorge die Erhöhung der Stromintensitätskriterien für eine gleichbleibende Umlagebelastung der Verbraucher. Doch Die Bundesregierung sei damit eben weit davon entfernt, die Milliarden Euro schweren Privilegien abzubauen.

3.) Unternehmen, die bisher ausgenommen wurden, aber in Zukunft keinen Antrag mehr stellen können, zahlen auch nur 20 Prozent der Umlage. Das sind nur fünf Prozentpunkte mehr als die antragsberechtigten Unternehmen, denen 85 Prozent der Umlage erlassen wird. Dies ist laut Austrup „nahezu absurd“. Dahinter stehe die Einigung mit der EU-Kommission über eine unbefristete Härtefallregelung, die exakt die Ausnahme von 80 Prozent erlaubt. „Die hierzu jetzt getroffene Regelung scheint die Kommission also zu akzeptieren“, sagt Austrup.

4.) Dass die Bundesregierung die Basis der ausgenommenen Branchen verbreitert, wertet Austrup aus einem weiteren Grund als eine enorme Erweiterung des Begünstigtenkreises: Denn auch in einer von der EU-Kommission geführten so genannten Liste für die Strompreiskompensation werden 15 Branchen ausgenommen, die Ausnahmen im Emissionshandel genießen. Hier vermutet Austrup eine doppelte Entlastung.

5.) Dass auch besonders stromintensive Unternehmen mit einer Stromintensität von mehr als 20 Prozent in einem kleinen Umfang von bis zu 0,5 Prozent ihrer Bruttowertschöpfung belangt werden, übt laut Austrup eine „relativ minimale“ Auswirkung aus. Weil die Großindustrie ohnehin von nahezu allen Umlagen wie den Netzentgelten befreit ist oder beispielsweise eine Kompensation auch für die Ökosteuer erhält, gebe es die behauptete Benachteiligung für sie verglichen mit ihrer Konkurrenz in den USA nicht. „Es sind die gleichen Preise wie in den USA, irgendwo bei vier Cent.“

6.) Die Liste der für die Anträge berechtigten Branchen enthält sehr skurrile Unternehmensbereiche. 13 der skurrilsten, die Austrup besonders auffielen, sind: Die Hersteller von Toilettenpapier, Fantasieschmuck, Frucht- und Gemüsesäften, Salz, Lederbekleidung, Malz, Toiletten und Wachbecken, Margarine, aromatisierten Weinen und Betreiber von Urananreichungsanlagen sowie Waffenhersteller oder Soßen.

7.) Sigmar Gabriel zeige, dass für ihn soziale Aspekte keine Rolle spielten, betont Austrup außerdem. Statt die Bürger zu entlasten, darf die Industrie eben ihre Rabatte in veränderter Verteilung vollständig behalten.

8.) Der SPD-Energieexperte Dirk Becker argumentierte heute im Bundestag hingegen, dass nicht alle Argumente der Kritiker lauter sind und auf ausreichende Informiertheit schließen ließen: Es sei eben „nicht wahr“, dass Schmuck- und Panzerhersteller von der EEG-Umlage künftig ausgenommen würden, auch wenn sie laut der Liste das Recht auf eine Beantragung haben. Sie würden aber de facto wohl doch nicht ausgenommen, „denn sie haben nicht ausreichend Stromintensität“.

(Tilman Weber)