Gleich zwei Mal hat die Europäische Union (EU) im jetzt beschlossenen Plan des Förderprogramms NER 300 „Floating Offshore“ den Zuschlag gegeben. Die Europäische Kommission als zuständige Behörde finanziert aus dem eine Milliarde Euro schweren Fördertopf nun einmal mit 33 und einmal mit 34 Millionen Euro zwei Projekte vor Spanien mit 25 und 26 Megawatt (MW) Leistung. Der Windpark Balea in der Bucht von Biskaya wird demnach aus zwei Fünf- und zwei Acht-MW-Turbinen bestehen. Und im Windfeld Flo-Can 5 vor der Atlantikinsel Gran Canaria kommen fünf Fünf-MW-Anlagen zum Einsatz.
Das Besondere: Es ist nun bereits das dritte konkrete kommerzielle Vorhaben eines kleinen Windparks mit großen Multimegawattwindrädern, das die EU vorantreibt. Bereits 2012 hatte die Kommission ebenfalls im Technologieförderprogramm NER 300 einem 25-MW-Projekt vor Portugal den Zuschlag geben.
Bislang ankern vor Europas Küsten nur zwei Prototypen schwimmender Windenergieanlagen in Megawattgröße. Dabei handelt es sich um die Testinstallationen des Entwicklungskonsortiums Hywind vor Norwegen sowie der Projektgemeinschaft Windfloat vor Portugal. Während es sich beim Schwimmkörper vor Norwegen um eine so genannte SPAR-Bojen-Version handelt – ein teils Luftgefüllter säulenförmiger und bis 100 Meter langer Stahl-Beton-Zylinder mit 2,3-MW-Turbine von Siemens obendrauf, dessen Gewicht die Windenergieanlage unabhängig vom Wellengang aufrecht hält –, schwimmt das Windfloat-Modell überwiegend auf dem Wasser. Dieses im Grundriss als gleichschenkliges Dreieck ausgelegte Modell erreicht seine Stabilität im Wasser dadurch, dass am Meeresboden verankerte Stahltaue den Schwimmkörper leicht unter Wasser ziehen und ein ausgeklügeltes passives System die drei hohlen Ecksäulen des Fundaments unterschiedlich mit Wasser füllen.
Schwimmende Windkraft senkt Offshore-Kosten aus drei Gründen
Diese ersten europäischen MW-Pilotprojekte schwimmender Windenergieanlagen sowie zwei weitere Projekte namens Sway und Blue H, die allerdings nie über eine kleinere Vortestversion in Kilowattgröße hinausgekommen sind, stachen bereits ab 2009 in See. Schwimmende Windkraft, so die Hoffnung ihrer Akteure und Entwickler, soll einmal die Offshore-Windenergie billiger machen – und zwar aus drei Gründen: Sie kann erstens neue Meeresregionen mit mehreren hundert Meter Wassertiefe für die Windkraft erschließen. Damit würden auch an Meereswindkraft sehr interessierte Länder wie Norwegen oder Japan als Offshore-Windkraftländer erschlossen und den Absatzraum für die Anbieter der Technologie vergrößern. Die damit einhergehende Vergrößerung der Produktionsserien von Meereswindenergieanlagen wäre eine Voraussetzung für dringend notwendige Preissenkungen der noch teuren Offshore-Windkrafttechnologie.
Zweitens umgehen die See-Windparkbauer mit schwimmenden Fundamenten das teure und aufwändige Rammen der großen Verankerungen von traditionellen Offshore-Fundamenten. Auch zeitfressende Konflikte mit Tierschützern nähmen ab, wo jetzt noch für das laute Rammen die ausreichenden Lärmschutzmaßnahmen zum Schutz von Meerestieren gesucht werden. Drittens aber verkleinern schwimmende Windenergieanlagen die notwendigen Zeitfenster für ihren Bau: Denn sie lassen sich an Land komplett vormontieren und dann mit dem Schiff als fertige Kombination aus Fundament und Windenergieanlage schwimmend an ihren Standort schleppen.
Immer mehr konkrete Windparkprojekte
Bislang ist schwimmende Windkraft noch teuer. Erreichen traditionelle Offshore-Winprojekte Investitionskosten von vier Millionen Euro pro MW kamen die ersten Pilotprojekte schwimmender Windkraft auf 11 bis 25 Millionen Euro pro MW. Auch die nächsten anvisierten Projekte dürften noch bei rund sechs bis acht Millionen Euro pro MW liegen. Doch mit zunehmenden Projektgrößen könnte die Kostenschraube schnell gedreht werden – in die richtige Richtung.
Dass das Interesse der europäischen Windbranche an Floating Offshore indes groß ist, zeigen weitere neueste Projektankündigungen: Bereits im Mai kündigte das Konsortium Kincardine Offshore Windfarm den Bau eines schwimmenden Windparks mit acht Sechs-MW-Turbinen vor Schottland an – eine EU-Förderung ist hier ebenfalls anvisiert. Und jetzt meldete auch noch der norwegische Ölkonzern Statoil an, er habe einen Erkundungsvertrag für einen Windpark mit fünf Sechs-MW-Anlagen ebenfalls vor Schottland abgeschlossen. Die beauftragte Studie soll die konkreten Chancen und Schwierigkeiten für die Installation des so genannten Hywind Scotland Pilot Park im Jahr 2017 ausloten.
Lesen Sie mehr zum Thema Schwimmende Windkraft – auch über die europäischen Forschungsprojekte und zu Vorhaben in Japan und den USA – im aktuellen Juli-Magazin von ERNEUERBARE ENERGIEN.