„Unnötig“, „verfassungswidrig“, „eine Gefährdung der Energiewende“. Laut Zusammenfassung des Deutschen Bundestages haben die Sachverständigen im Umweltausschuss kein gutes Haar an der geplanten Länderöffnungsklausel gelassen. Bei den befragten Experten sei der Entwurf „einhellig“ auf Ablehnung gestoßen.
Die geplante Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch soll es den Bundesländern erlauben, selbst zu entscheiden, wie weit eine Windenergieanlage von der nächsten Wohnbebauung entfernt sein soll. Der Vorstoß geht auf ein gemeinsames Engagement des Bayerischen Horst Seehofer und des sächsischen Landesvaters Stanislaw Tillich zurück. Bayern etwa will das Zehnfache der Windenergieanlagenhöhe als Abstand zu Wohnbauten durchsetzen, was den möglichen Windenergiezubau im Freistaat auf nahezu null senken würde.
Steffi Lemke, Bundestagsageordnete der Grünen:
Am 21. Mai erklärten die Sachverständigen im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit dem Bundestag die Gefahren dieser Initiative. Sie würde die bürgerliche Akzeptanz der Windkraft „nicht etwa erhöhen, sondern deutlich verringern“, heißt es in der Zusammenfassung des Bundestags.
- Hilmar von Lojewski von der Bundesvereinigung der lokalen Spitzenverbände kritisierte, dass die Klausel den Wettbewerb zwischen den Ländern verzerren würde. Investoren würden sich durch die Klausel auf Länder ohne die strengen Abstandsregeln konzentrieren. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass sich einige Bundesländer zu Lasten ihrer Nachbarländer Gebiete freihalten dürfen.
Christian Kühn, Sprecher für Bau - und Wohnungspolitik der grünen Bundestagsfraktion:
- Herbert Barthel vom Bund für Naturschutz Bayern sieht in der Länderöffnungsklausel neben den Gefahren für Energiewende und Atomausstieg auch eine Bedrohung für den Umweltschutz. Denn die hohen Abstände zur Wohnbebauung würden dafür sorgen, dass Windparks stärker in die Natur verdrängt werden.
- Rechtliche Bedenken sahen Ulrich Battis von der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz sowie Tine Fuchs vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Demnach greife die neue Regelungskompetenz der Länder in die kommunale Planungshoheit (Artikel 28, Absatz 2, Grundgesetz) ein. Ulrich Battis sah im Gesetzesentwurf das Ziel, Windenergieanlagen landesweit verhindern zu können. Das, urteilte er, sei mit den bundesgesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar. Damit drohten Klagen vor dem Bundesverwaltungs- und Bundesverfassungsgericht.
Sylvia Kotting-Uhl, atompolitische Sprecherin der Grünen:
Trotz der deutlichen Meinung fand der Energieexperte Hans-Josef-Fell (Grüne) Grund zur Kritik an der Anhörung: Neben den fünf Fachexperten wurden Vertreter von drei Bürgerinitiativen geladen. Alle seien von CDU und CSU benannt worden. Alle kamen aus dem Sektor der Windgegner: Die „Bundesinitiative Vernunftkraft“, „Keine neuen Windräder in Crussow“ sowie das „Regionalbündnis Windvernunft“, bemühten die bekannten Argumente gegen Windkraft. Laut Bundestag sprachen sie von Verschandelung, Vernichtungsfeldzügen, Schattenwurf und Infraschall – dementsprechend begrüßten sie die Länderöffnungsklausel.
Besserer Vorschlag für mehr Akzeptanz: Bürgerwind Bayernwald veranstaltet Hörproben bei den Windrädern, um die Vorurteile abzubauen und die Bürger zu sensibilisieren ...
CDU und CSU hätten mit der einseitigen Auswahl an Bürgervertretern laut Hans-Josef Fell deutlich gezeigt, wie ernst es den beiden Parteien mit der Energiewende ist. Schließlich bedeutet die Nominierung von drei Windgegnern, dass man die bürgerlichen Befürworter der Energiewende gänzlich ignoriert.
(Per Holderberg, Denny Gille)