In Indien haben die Projektierer von Photovoltaikkraftwerken gezeigt, wo die Preisentwicklung für Solaranlagen hingehen wird. Im zentralindischen Bundesstaat Madhya Pradesh sind zwei von drei 250-Megawatt-Projekte für einen Stromlieferpreis von 2,97 Indischen Rupien pro Kilowattstunde weggegangen. Das sind umgerechnet 4,18 Eurocent. Allerdings steigt laut Vereinbarung im Laufe der 15 Jahre, in denen die Vergütung bezahlt wird so weit, dass über die gesamte Laufzeit ein Tarif in Höhe von 3,29 Indischen Rupien zustande kommt. Damit steigt die Vergütung zwar umgerechnet auf 4,63 Eurocent, doch bleibt es immer noch im Vergleich zum bisher in Indien niedrigsten erreichten Zuschlagspreis von 4,34 Rupien – umgerechnet 6,11 Eurocent – pro Kilowattstunde immer noch ein Rekordwert.
Solarpark wird 750 Megawatt leisten
Sicherlich muss man hier die Euphorie leicht bremsen. Denn wie die anderen Rekordtiefpreise für Solarstrom, die im vergangenen Jahr in Dubai und Chile erreicht wurden, handelt es sich hier auch um ein riesiges Kraftwerk. Es wird in Rawa entstehen, im Norden des Bundesstaates Madhya Pradesh. Insgesamt wird es eine Leistung von satten 750 Megawatt erreichen. Damit wird das Kraftwerk noch größer als der bisher weltweit größte Solarpark, der im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu steht. Der Park ist in drei Segmente unterteilt, die jeweils 250 Megawatt leisten und von jeweils einem Projektierer gebaut werden, die bei der Ausschreibung gewonnen haben: Acme Solar, Mahindra Renewables und Solenergie Power.
Aufgrund der Tatsache, dass die Projekte so riesig sind, lassen sie sich ohnehin schon preiswerter umsetzen als kleinere Anlagen. Nicht nur die Baukosten selbst werden bei einem so großen Projekt geringer. Auch bei der Beschaffung der Komponenten lassen sich aufgrund der Menge niedrigere Preise beim Hersteller und Lieferanten durchsetzen. Zumal die Kosten für die Komponenten in Indien im vergangenen Jahr nach Angaben der Berater von Bridge to India aus Mumbay um weitere 26 Prozent gefallen sind.
Öffentliche Unternehmen wollen Solarstrom nutzen
Doch das Beratungsunternehmen Bridge to India sieht auch die verbesserte Vertragsstruktur als einen wichtigen Grund für den niedrigen Preis an. „Die Projektentwickler werden von einer bedingungslosen Abnahmegarantie für den Solarstrom durch die Regierung und Kompensationszahlungen für den Erzeugungsausfall bei Nichtverfügbarkeit des Netzes profitieren“, betonen die Experten von Bridge to India. Denn damit verringern sich die Risikokosten, die bei jedem Projekt mit eingepreist werden müssen, was sich wiederum in einer Kostensenkung für die Stromlieferung niederschlägt. Zudem eröffnet die Ausschreibung für die Projektentwickler, die gewonnen haben, einen langfristigen Marktzugang vor allem für Stromabnehmer im öffentlichen Segment. Immerhin wird die Delhi Metro Rail Corporation (DMRC) ein Viertel des Stroms aus dem neuen und riesigen Solarpark abnehmen. Das Unternehmen betreibt das Nahverkehrssystem der 200 Kilometer nördlich von Rawa gelegenen Hauptstadt neu Delhi. Zwar wird DMRC die Kosten für die Stromleitung übernehmen, die den Solarstrom um 0,5 Rupien verteuern. Dennoch werden die Stromkosten um 50 Prozent verringern. Die Regierung in Madhya Pradesh plant jetzt noch weitere Photovoltaikanlagen, mit denen öffentliche Unternehmen versorgt werden.
Photovoltaik ist derzeit preiswerteste Technologie
Die Ergebnisse der letzten Ausschreibungen in Indien zeigen aber auch deutlich, dass die Photovoltaik inzwischen auf dem Subkontinent die preiswerteste Technologie ist. Die Berater von Bridge to India beziffern den Preisvorteil gegenüber anderen Technologien auf 15 bis 45 Prozent. Die jüngsten Ausschreibungen für solarthermische Kraftwerke (Concentrated Solar Power – CSP) in Indien endeten mit Zuschlägen in Höhe von 3,93 bis 4,98 Rupien (5,53 bis 7,01 Eurocent) pro Kilowattstunde. Die Einspeisevergütung für Windenergie, die die meisten Bundesstaaten anbieten, liegen derzeit zwischen vier und sechs Rupien (5,63 bis 8,44 Eurocent) pro Kilowattstunde. Bei der Ausschreibung von Windprojekten rechnet man allerdings eher mit vier Rupien pro Kilowattstunde, was die Windkraft preislich in die Nähe der Photovoltaik katapultiert. Zum Vergleich: Die Gaskraftwerke in Indien produzieren zu Kosten in Höhe von mehr als sechs Rupien pro Kilowattstunde.
Speicher und Strommarkt in den Blick nehmen
Die Experten von Bridge to India erwarten, dass die Regierung in Neu-Delhi auf diese Zahlen reagieren wird, Denn je preiswerter Wind- und Solarstrom, desto mehr Strom aus solchen Kraftwerken werden im Netz sein. Deshalb muss die Regierung vor allem den Bau von Stromspeichern ankurbeln, um die Erzeugungsspitzen abzuschneiden und die Stromlieferung auch in windstillen Nächten zu sichern. Zudem muss die Regierung jetzt die Entwicklung eines neuen Energiemarktdesigns anpacken, das auf die volatilen Energieträger abgestimmt ist. (Sven Ullrich)